"Wir hätten ihn sonst verdroschen" BVB spielt den Supercup der guten Hoffnung
14.08.2014, 07:00 Uhr
Pierre-Emerick Aubameyang hat seinen Spaß.
(Foto: imago/Moritz Müller)
Erstes Pflichtspiel, erster Sieg, und das gegen den FC Bayern: Borussia Dortmund nährt mit seinem Sieg im Supercup Hoffnungen auf ein enges Meisterschaftsduell. Zumal FCB-Coach Guardiola schon mal auf Holprigkeiten einschwört.
Wie er den Maskenjubel von Pierre-Emerick Aubameyang fand? Jürgen Klopp musste lachen. "Ich bin Kummer gewohnt", witzelte der BVB-Coach entspannt und erinnerte an Felix Borja. Der hatte es sich zu Klopps Zeit als Mainzer Trainer zur Angewohnheit gemacht, Tore mit einer Wrestler-Maske zu feiern. Aubameyang wählte nach seinem Kopfballtor zum 2:0-Endstand gegen den FC Bayern im Supercup den Superhelden Spiderman - und lag damit modisch knapp vor dem Ecuadorianer. Am Ende sei er nur froh gewesen, fügte Klopp an, "dass sie Kevin (Großkreutz, Anm.d.Red.) während der Siegerehrung nicht auch noch aufgesetzt hat".
Dass Aubameyangs Maskenjubel nach dem S chlusspfiff in Dortmund zum allgemeinen Gesprächsthema taugte, sagt einiges über den sportlichen Stellenwert des DFL-Supercups. Der bleibt auch im vierten Jahr nach seiner Wiederbelebung und trotz vorangegangener Verbalscharmützel zwischen Dortmunder und Münchner Führungskräften der unwichtigste nationale Titel, den es zu gewinnen gibt. Aber er bleibt ein Titel, und so feierte der BVB nach Pokal-Übergabe und Konfettiregen nicht nur vor der Südtribüne. Auch in der Pressekonferenz gönnte sich Klopp demonstrative Zufriedenheit. "Wir sind jetzt Rekord-Supercup-Gewinner. Es gibt Schlimmeres."
Zumal sich sein BVB den Rekordsieg gegen den lethargischen Double-Gewinner FC Bayern vor 80.667 Zuschauern mit einer ansprechenden Leistung erspielt und erarbeitet hatte. Nach dem desaströsen 0:4 im letzten Testspiel beim FC Liverpool habe sein Team diesmal "als Mannschaft ganz, ganz toll verteidigt" und wieder BVB-Fußball erkennen lassen, lobte Klopp. Da mochte auch Bayern-Coach Josep Guardiola nicht widersprechen, etwas verdrießlich gratulierte er zum Sieg.
Sein Team agierte in Dortmund, als sei es nach der sportlich äußerst fragwürdigen US-Reise gerade erst wieder dem Flugzeug entstiegen. Verstärkt wurde der spielerische Jetlag durch das 3-4-2-1-System, das Guardiola seiner besseren C-Elf verordnet hatte. Vorne stürmte mit dem Ex-Dortmunder Robert Lewandowski zwar ein Topmann, assistiert von Xerdan Shaqiri und Weltmeister Thomas Müller als unsichtbarem Dritten. Vor der Dreierabwehr besetzten mit Gianluca Gaudino und Sebastian Rode jedoch ein 17-jähriges Talent und ein Mann fürs Grobe die Schaltzentrale im Mittelfeld und Nachwuchsmann Pierre-Emile Hojbjerg sowie 10-Millionen-Einkauf Juan Bernat die Außenpositionen. Entsprechend einfallslos sah das Angriffsspiel der Münchner dann auch aus.
"Wir sind vielleicht einen Monat zurück"

Für Pep Guardiola gibt es noch viel zu tun. Kollege Jürgen Klopp ist mit dem Auftritt seines Teams zufrieden.
(Foto: imago/Team 2)
"In den ersten 15 Minuten haben wir gut gespie lt", fand Guardiola. Danach spielte nur noch der BVB. Gegen "extrem griffig" (Klopp) pressende Dortmunder verloren die Bayern erst die Spielkontrolle und dann irgendwie auch das Interesse an der Partie. Nach Dortmunds 1:0 durch Henrikh Mkhitaryan (23.) und dem Aus von Abwehrspieler Javi Martinez (31.), der nach eigener Aussage zu "99 Prozent" einen Kreuzbandriss erlitten hat, war das Spiel früh entschieden. Während der einsatzfreudige BVB fleißig Torgelegenheiten erspielte und ebenso fleißig vergab, hatten die Bayern bis auf eine Lewandowski-Szene (46.) praktisch keine mehr.
Woran das lag? Bayern-Coach Guardiola führte wenig überraschend den Trainingsrückstand wegen der zerstückelten Nach-WM-Vorbereitung als Hauptgrund an. "Wir brauchen Zeit, wir sind vielleicht einen Monat zurück", rechnete er und übte sich danach in einer Dortmunder Spezial-Disziplin, der Tiefstapelei. Er sei sich sicher, "wir werden bis zur Winterpause ein bisschen Probleme haben". Bis dahin sei es wichtig, in Liga, Pokal und vor allem der Champions League noch im Rennen zu sein. Bis dahin sollten allerdings auch die Offensivstars Arjen Robben und Franck Ribery sowie die sechs Münchner Weltmeister wieder in Form sein, von denen in Dortmund nur der vielgeprüfte Keeper Manuel Neuer überzeugen konnte.
"Alle sind gelaufen wie die Hasen"
Klopp mochte sich den Seitenhieb nicht verkneifen, dass auch die Dortmunder noch Zeit bräuchten. Ansonsten war seine Lieblings-Analyse-Vokabel nach dem ersten BVB-Pflichtspiel der Nach-Lewandowski-Ära "ganz, ganz toll". Die kombinierte er mit "Spiel", "Balleroberungen" und "Möglichkeiten", ehe er explizit Einsatz und Abwehrverhalten seines Teams hervorhob. "Das größte Problem gegen Bayern München ist, sie nicht zu Torchancen kommen zu lassen. Das ist uns heute über einen langen Zeitraum gelungen", sagte Klopp: "Alle sind gelaufen wie die Hasen, haben alles gegeben."
Das Fehlen von Stars wie Neu-Kapitän Mats Hummels und Offensivallrounder Marco Reus fiel beim BVB auch deshalb weniger ins Gewicht als bei den Münchnern. Taktisch deutete Dortmund wie schon in der Vorbereitung eine neue Flexibilität an, um den Lewandowski-Verlust zu kompensieren. Gegen die Münchner agierte der BVB im 4-4-2 mit Mittelfeldraute.
Vorn scheiterte 18-Millionen-Neuzugang Ciro Immobile zwar beim Versuch, ein Tor zu erzwingen. Mit Genugtuung dürften die Dortmunder Verantwortlichen aber zur Kenntnis genommen haben, dass Aubameyang in seinem zweiten BVB-Jahr einen Leistungssprung zu machen scheint. Der Gabuner war an beiden Treffern direkt beteiligt und konnte sich deshalb auch den extravaganten Maskenjubel erlauben. "War doch eine gute Aktion", fand Mittelfeldroutinier Sebastian Kehl: "Zum Glück hat es zum Sieg geführt. Ansonsten hätten wir ihn, glaube ich, verdroschen."
Als Supercup der guten Hoffnung auf eine BVB-Meisterschaft wollte Kehl den verdienten Sieg nicht verstanden wissen. Auch im Vorjahr hatten die Dortmunder den Pokal gewonnen. Am Saisonende lagen sie trotzdem 19 Punkte hinter den Münchnern. "Ich glaube, dass das heute noch nicht der Maßstab ist, den beide Vereine an sich anlegen", sagte Kehl. Nach der insgesamt guten Vorbereitung habe der BVB "natürlich Ambitionen". Aber: "Für uns sind die Bayern weiterhin Favorit."
Quelle: ntv.de