Bereit für die historische Halbfinal-Schlacht BVB will mit aller Macht nach Wembley
30.04.2013, 14:49 Uhr
BVB-Coach Jürgen Klopp lässt sich seinen Optimismus auch von einer trügerischen 4:1-Führung nicht nehmen.
(Foto: dpa)
Borussia Dortmund geht mit Mut und Demut ins entscheidende Duell um das Champions-League-Finale. Furcht vor dem angekündigten Sturmlauf von Real Madrid hat beim BVB niemand, eine "Menschenkette" vor dem Dortmund-Tor wird es nicht geben.
Voraussichtliche Aufstellungen
Madrid: Lopez - Ramos, Varane, Pepe, Coentrao - Khedira, Xabi Alonso - Di Maria, Özil, Ronaldo - Higuain
Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender, Gündogan - Blaszczykowski, Götze, Reus - Lewandowski
Schiedsrichter: Howard Webb (England)
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"Orkan", "Schlacht", "historisch": Mit großen Worten stimmt sich Borussia Dortmund auf das größte Spiel des Jahres gegen Real Madrid ein. Es soll dem BVB den Weg zu etwas noch Größerem ebnen: dem Einzug ins Champions-League-Finale 2013 ins Londoner Wembley Stadion. Vor dem Halbfinal-Hinspiel schien der BVB nach seinem tollkühnen Sturmlauf durch die Champions League inklusive Wunder gegen Malaga schon zufrieden, überhaupt gegen die "Königlichen" um den Finaleinzug spielen zu dürfen. Nach dem begeisternden 4:1 (1:1) im Hinspiel wäre das Verpassen des Endspiels nur noch eins: eine riesige Enttäuschung.
"Ich bin angespannt und nervös. Aber jetzt wollen wir auch nach London", sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke vor dem Abflug des Trosses nach Madrid. Rund 250 Fans verabschiedeten den BVB und dokumentieren den Hype um die Borussia. Sollte Dortmund im Hexenkessel von Bernabeu bestehen und zum zweiten Mal nach 1997 ins Endspiel der Champions League einziehen, dürfte der Auflauf bei der Rückkehr weitaus größer sein.
Berufsoptimist Jürgen Klopp, im Nebenberuf Meistertrainer der Dortmunder, scherzte sogar angesichts der hervorragenden Ausgangslage: "Wenn wir weiterkommen, ist es historisch. Und wenn wir rausfliegen auch." Trotz der 4:1-Gala im Hinspiel mit einem Viererpack von Robert Lewandowski wähnt sich der Trainer noch lange nicht im Finale. "Real glaubt noch immer ans Weiterkommen. Deshalb wird hier von der ersten Sekunde an die Post abgeben", warnte der Coach im legendären Bernabeu, das schon einige Real-Wunder erlebt und für das nächste Comeback seine Fans mobilisiert hat.
"Wir sind kein normaler Halbfinalist"
Klopp betont aber auch: "Wir sind kein normaler Halbfinalist. Und so werden wir uns auch verhalten. Wie Leute, die seit ihrer Kindheit von einem Halbfinale in der Champions League geträumt haben." Die ganze Welt werde sehen, "dass Borussia Dortmund mit aller Macht ins Finale will".
Vom Klopp'schen Understatement, das der BVB trotz dreier Titel in zwei Jahren perfektioniert hat, rückten die Profis inzwischen ab. "Es macht keinen Sinn, sich zu verstecken", sagte Torhüter Roman Weidenfeller angesichts des "Orkans", den Abwehrchef Mats Hummels erwartet. Auch Klopp will seine Mannschaft nicht zu defensiv agieren lassen, er sagt: "Es wäre Quatsch, vor dem Tor eine Menschenkette zu bilden."

Selbstbewusst und ausgeruht geht der BVB ins Rückspiel. Zehn von elf BVB-Helden aus dem Hinspiel wurden in der Bundesliga geschont.
(Foto: AP)
Das Selbstvertrauen hat sich die Borussia erspielt. Im Gruppenspiel Anfang November trotzte der BVB nach dem Führungstreffer zum 2:1 hervorragend den wütenden Angriffen von Cristiano Ronaldo und Co. Erst der späte Freistoß-Kunstschuss von Mesut Özil eine Minute vor dem Anpfiff verhinderte einen Dortmunder Sieg. Darüber hinaus ist der BVB als einzige Mannschaft im Wettbewerb noch ungeschlagen.
Nicht zuletzt deshalb sieht Routinier Kehl bei aller Wertschätzung für den hochdekorierten Gegner und der Erwartung einer "Schlacht" keinen Grund für übermäßige Tiefstapelei. Kehl glaubt: "Ich würde unsere Final-Chance auf 60 Prozent beziffern."
Und dann sind da noch die Zahlen: Nur ein 3:0 oder ein anderer Sieg mit mindestens vier Toren Unterschied würde Reals lang gehegten Traum von der "Décima", vom zehnten Titel im Europapokal der Landesmeister beziehungsweise der Champions League, leben lassen. Doch der BVB hat nicht nur seit Ewigkeiten nicht mehr 0:3 verloren. Team und Fans hätten ihren eigenen Traum, so Klopp, den sich der BVB im Bernabeu erfüllen will: Und zwar mit taktischer Disziplin, höchster Laufbereitschaft und Effizienz vor dem gegnerischen Tor. Ein möglichst frühes Auswärtstor, weiß Klopp, könnte schon reichen.
Besser als erhofft, längst nicht entschieden
"Wir hatten schon vor dem Hinspiel nicht das Gefühl, dass für uns die Möglichkeit besteht, ein Ergebnis zu erzielen, mit dem wir besoffen nach Madrid fahren können und trotzdem weiterkommen", sagt Klopp. "Jetzt ist es besser, als wir es uns erträumt hätten. Aber entschieden ist nichts.
Der BVB-Coach hofft, die Startelf vom vergangenen Mittwoch aufbieten zu können. Angeschlagen sind Götze (Hüftbeschwerden), Ilkay Gündogan (Nackenprobleme) und Lukasz Piszczek (Adduktorenzerrung). Während Watzke mahnend an Reals Europacup-Historie mit einigen grandiosen Comebacks erinnert, hält Klopp die jüngere Vergangenheit für aussagekräftiger: "Unser Sieg im Hinspiel hat nicht nur bei uns, sondern auch bei Real Madrid Eindruck hinterlassen."
Daheim in Dortmund ist die Euphorie grenzenlos. Tausende Fans werden in den Kneipen mit ihrem BVB zittern und sich dabei möglicherweise an die "Schlacht" 1997 im Halbfinal-Rückspiel in Old Trafford gegen Manchester United erinnern. Damals verteidigten die Schwarz-Gelben einen 1:0-Vorsprung im Rückspiel gegen die Angriffslawine der Red Devils derart leidenschaftlich, dass sie am Ende sogar von den englischen Fans mit Standing Ovations verabschiedet wurden.
Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid