Vierkampf um den Fußballtitel Bayern tönt, Dortmund ist besser
24.01.2012, 11:16 Uhr
Verzweifelt in Mönchengladbach: Bastian Schweinsteiger, FC Bayern München.
(Foto: dpa)
Spannend? Spannend! Ein solches Gedränge an der Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga gab es zuletzt kurz nach dem Mauerfall. Die Bayern stehen zwar noch an der Spitze, doch Dortmund, Schalke und die Gladbacher lassen nicht locker. Und der BVB spielt sich gerade in die Favoritenrolle.
Das soll spannend sein? Zwar stehen in der Fußball-Bundesliga mit dem FC Bayern, Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 drei Mannschaften punktgleich an der Tabellenspitze, erstmals seit der Saison 1995/1996, als beschlossen wurde, dass es drei statt zwei Zähler für einen Sieg gibt. Und Borussia Mönchengladbach folgt mit nur einem Zähler weniger auf Platz vier. Doch den Titel gewinnen eh die Münchner. Zumindest sind sie die Einzigen, die das von sich behaupten. Denn während die Konkurrenz jegliche Titelambitionen von sich weist, wissen die Bayern, was das Publikum von ihnen erwartet. Und sie von sich selbst.
Kapitän Philipp Lahm jedenfalls ließ sich im "Kicker" zitieren: "Wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht, dass es Schalke oder Gladbach packen." Bemerkenswert daran ist, dass er das nach einer Niederlage sagte, bei der die Mönchengladbacher den Bayern mit feinem Konterfußball sehr deutlich ihre Grenzen aufgezeigt hatten. Und der BVB, amtierender Titelträger und mit einer Gala beim Hamburger SV in Jahr gestartet? Ein ernsthafter Konkurrent, sagt Lahm, klar. Aber: "Wir haben immer den besseren Kader und die größere Qualität als Dortmund." Aber man ahnt es: So deutlich zugunsten des FC Bayern, wie die Münchner es gerne hätten, sind die Kräfteverhältnisse nicht.
Hoch gewinnen, tief stapeln

Tiefstapler unter sich: Dortmunds Jakub Blaszczykowski, Moritz Leitner und Neven Subotic feiern in Hamburg.
(Foto: dpa)
Und gerade deswegen scheinen die anderen Mannschaften mit geradezu diebischer Freude daran zu arbeiten, sich mit ihren Meisterschaftsansprüchen zu unterbieten. Allen voran die Dortmunder, die nach dem 5:1 beim HSV immer noch unverdrossen zu Protokoll geben, dass selbstverständlich der FC Bayern nach wie vor der große Favorit sei. Hoch gewinnen, tief stapeln. Zwar konstatierte Trainer Jürgen Klopp: Wir waren heute gnadenlos gut, wir haben unseren Fußball durchgezogen, das war wichtig." Doch bei der Frage nach der Titelverteidigung mauern sie munter. "Der Sieg bedeutet, dass jetzt vier Mannschaften vorne sind, die eng zusammen sind. Mehr nicht", sagte Sportdirektor Michael Zorc. Und Mittelfeldspieler Kevin Großkreutz assistierte nach dem zwölften Spiel hintereinander ohne Niederlage: "Bayern ist und bleibt der Favorit."
Er sagt das ungeachtet der Tatsache, dass mittlerweile kein Team in der Liga so gut in Schuss ist wie der BVB. Der verkraftet es derzeit auch, wenn - wie in Hamburg - Leistungsträger wie Wunderkind Mario Götze oder Torhüter Roman Weidenfeller verletzt ausfallen. Spielt halt Jakub Blaszczykowski und trifft gleich doppelt. Und abgesehen davon, dass sie gegen den HSV auch Mickymaus in Tor hätten stellen können, machte Weidenfellers Ersatzmann Mitch Langerak seine Sache gut, zumal ihm die Abwehr die meiste Arbeit abnahm. Insofern hat Philipp Lahm durchaus recht: Mit diesem BVB ist zu rechnen. Bleibt nur die Frage, wie lange es den Dortmundern gelingt, das zu leugnen.
Stevens: "Nicht zehn Schritte vorwärts schauen"
Huub Stevens hat damit kein Problem. Der Schalker Trainer reagiert nahezu allergisch auf die Frage, ob es den Gelsenkirchenern gelingen könnte, zum ersten Mal seit 1958 die Meisterschaft zu feiern. Zu unerfahren sei sein Team, in den Leistungen nicht konstant genug. "Wir bewegen uns in die gewünschte Richtung. Darum geht es, dass wir den einen nach dem anderen Schritt machen und nicht zehn Schritte vorwärts schauen, um über eine Meisterschaft zu reden", sagte er der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". In der Tat hat sich sein Team quasi mit Tarnkappe in den Kreis der Titelkandidaten geschlichen und segelt nun im Windschatten mit. Und das mit jener Konstanz, die ihr Chef nicht sehen will.
Keine Mannschaft hat in dieser Saison mehr Heimsiege verbucht als die Schalker. Und nur die Bayern haben den Ball häufiger ins gegnerische Tor geschossen. Allerdings haben die Gelsenkirchener die mit Abstand meisten Gegentreffer der Topteams kassiert - und nun fällt auch noch Kapitän und Abwehrchef Benedikt Höwedes mehrere Wochen verletzt aus. Doch wer gesehen hat, wie der 18 Jahre alte Julian Draxler jüngst gegen den VfB Stuttgart eine wunderbare Kombination zum 3:0 abgeschlossen hat, der weiß, dass sie auch Fußball spielen können. Ansonsten halten sie es wie die Dortmunder - als vermeintlicher Außenseiter lässt es sich gut leben. Und so darf es Huub Stevens nach jedem Sieg sagen: "Das ist nur eine Momentaufnahme. Wir sind noch nicht die Mannschaft, die die nötige Stabilität hat. Damit wir oben mitmischen können, muss alles gut passen und laufen."
Mönchengladbacher haben ihr Ziel fast erreicht
Ihr Ziel fast erreicht haben die Borussen aus Mönchengladbach. Ein Sieg noch, und sie haben 39 Punkte auf den Konto - und der Klassenerhalt ist geschafft. In der vergangen Saison kamen sie nach 34 Spieltagen auf 36 Punkte und blieben erst nach zwei Relegationsspielen gegen den VfL Bochum in der ersten Liga. Das heißt: Was jetzt kommt, ist die Zugabe. Und das könnte durchaus die Meisterschaft sein. Zwar lächeln die Spieler um Marco Reus, Trainer Lucien Favre und Sportdirektor Max Eberl nur müde, wenn sie gebeten werden, zu diesem Thema etwas zu sagen. Doch der 3:1-Sieg gegen den FC Bayern zum Rückrundenauftakt war eine Demonstration, wie moderner Hochgeschwindigkeitsfußball aussehen kann.
Mit einer kompakten Defensive, der besten Abwehr der Liga und einer Offensive schnell wie ein Komantschenpfeil degradierten sie die Münchner zu hilflosen Ballschiebern, die sich hinterher über den schlechten Rasen beschwerten. Die Gladbacher setzten nahezu perfekt um, was ihr Trainer von ihnen fordert: "Ich verlange Schnelligkeit im Kopf und in den Beinen, schnelle Kombinationen. Nur wer schnell ist und ein Spiel schnell lesen kann, kann heute noch Fußballspieler sein." So ist es. Und genau das macht den Titelkampf in der Bundesliga so spannend. Oder wie es Jupp Heynckes, der Trainer des FC Bayern sagte: "Wir haben nie von einem Alleingang gesprochen."
Quelle: ntv.de