Nationalspieler im Geburtsland Becks Reise nach Russland
08.10.2009, 14:48 UhrAls die Sondermaschine mit der deutschen Fußball- Nationalmannschaft an Bord am Richtung Moskau schwebte, begann für Andreas Beck eine Reise in ein längst vergangenes Leben. Vor zehn Jahren war der Profi von 1899 Hoffenheim zuletzt in seinem Geburtsland Russland und die Rückkehr ließ den intelligenten Außenverteidiger keineswegs kalt.
"Alles in allem ist das etwas eigenartig. Es wird auf jeden Fall sehr interessant. Aber ich bin Profi, und das Wichtigste für mich in Moskau ist der Sieg", sagte der vor dem WM-Qualifikationsspiel am Samstag auch bei russischen Medien besonders gefragte Beck der Zeitung "Sport-Express". 1990 kamen die Becks mit dem kleinen Andrej alias Andreas noch vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion als Aussiedler nach Deutschland.
Drei Jahre zuvor war der Spross im sibirischen Kemerowo geboren. Was folgte, war eine deutsche Integrations-Geschichte, wie man sie sich wünscht. In Königsbronn und Aalen machte Beck seine ersten Fußballer- Schritte, der VfB Stuttgart holte sich das Talent, das nebenbei erfolgreich sein Wirtschafts-Abitur baute. Trainer Armin Veh ließ den Defensiv-Mann im Meisterteam von 2007 ran. Dann kam der Wechsel nach Hoffenheim und 2009 trotz des Absturzes mit dem Verein in der Rückrunde der persönliche Aufschwung: Vier A- Länderspiele stehen seit dem Debüt gegen Norwegen (0:1) im Februar bislang zu Buche. Höhepunkt war aber der EM-Titel mit der U 21 im Sommer in Schweden, wo er mit seinem Siegtor zum 1:0 gegen Italien den Weg ins Finale ebnete.
Impulse auf der rechten Seite
Zuletzt sorgte Beck im Löw-Team auf der rechten Defensiv-Seite gegen Aserbaidschan (4:0) in der zweiten Halbzeit für wichtige Impulse, was seine Chancen auf einen Einsatz im Luschniki-Stadion sicherlich erhöhte. "Ob ich spiele, wird der Trainer entscheiden. Ich gebe im Training alles dafür", sagte er ganz brav. Beck ist nicht nur ein ungewöhnlicher Blondschopf, sondern ein helles Köpfchen; der ultimative Antityp der Generation Playstation. Die Leseratte verschlingt locker drei Bücher pro Woche und scheut auch nicht vor Klassikern wie Friedrich Nietzsche zurück. "Das ist in der Tat schwere Kost. Das liest du nicht an einem Stück weg." Auf seiner Homepage stehen Zitate von Arthur Schopenhauer, Isaac Newton oder von Autor und Stanford-Professor Dan Millman.
Kein Wunder ist es also, dass die Wochenzeitung "Die Zeit" den 22- Jährigen gemeinsam mit den ebenfalls über den Fußball-Tellerrand blickenden Nationalteam-Kollegen Philipp Lahm und Thomas Hitzlsperger sowie den zum Lehrer umgeschulten Ex-Profi Tobias Rau in ihren Kolumnisten-Kreis für die Rubrik "Alles außer Fußball" aufnahm. Dort kann Beck erzählen, warum er Sprechgesang mag und kein Lied von Peter Maffay kennt.
Ein Familientreffen wird es in Moskau nicht geben. Becks Großmutter lebt in St. Petersburg, wird aber am Samstag nicht in die Hauptstadt kommen. "Sie wird sich das Spiel wahrscheinlich am Fernsehen anschauen", verriet der Enkel, der sich zudem wünscht, dass sich Geburts- und Heimatland für die WM qualifizieren: "Ich bin überzeugt, dass am Ende beide Teams nach Südafrika fahren werden."
Quelle: ntv.de, Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa