Fußball

Sechs Finaltraumata seit 1962 Benfica bekämpft den Guttmann-Fluch

1962 schoss Sturmstar Eusebio Benfica Lissabon zum Triumph im Landesmeistercup gegen Real Madrid, ein Jahr später scheiterte er im Finale am AC Mailand. Es war der Beginn des Guttmann-Fluchs, der noch immer währt.

1962 schoss Sturmstar Eusebio Benfica Lissabon zum Triumph im Landesmeistercup gegen Real Madrid, ein Jahr später scheiterte er im Finale am AC Mailand. Es war der Beginn des Guttmann-Fluchs, der noch immer währt.

(Foto: AP)

Für Portugals Fußball-Rekordmeister Benfica Lissabon geht es im Endspiel der Europa League nicht nur gegen den FC Chelsea. Sondern auch darum, eine tiefschwarze und beänstigende Serie zu beenden. Fans und Verein zittern vor dem Fluch des Bela Guttman. Das Problem: Von den 100 Jahren Pech sind erst 51 um.

Jorge Fernando Pinheiro Jesus weiß, worum es geht. Klar, Benfica Lissabon spielt ab 20.45 Uhr in Amsterdam gegen den FC Chelsea. Und da es ein Finale ist, darf sich der Sieger über den Gewinn der Fußball-Europaliga freuen. Aber um das zu wissen, muss man nicht Benficas Trainer sein. Es geht um Tradition. Und die Bürde, die damit verbunden ist. "Auf dem Weg in mein Büro muss ich in einem Flur an 30 oder 40 Fotos vorbei, die mir zeigen, was Benfica in den 1960er Jahren bedeutet hat."

Jorge Fernando Pinheiro Jesus, Trainer von Benfica Lissabon, droht ein titelloses Jahr.

Jorge Fernando Pinheiro Jesus, Trainer von Benfica Lissabon, droht ein titelloses Jahr.

(Foto: dpa)

Das Problem von Jorge Jesus, Jahrgang 1954: "Ich war damals noch ein Kind." Inzwischen habe er aber viel über die glorreiche Vergangenheit des Vereins gelesen. Es ist nur schon so verdammt lange her. "Das waren die großen Zeiten, das ist das Erbe, das wir gegen Chelsea zu erfüllen haben."

Vor 51 Jahren hat Sport Lisboa e Befica zum bisher letzten Mal eine kontinentale Trophäe gewonnen. Am 2. Mai 1962 besiegte Lissabon als Titelverteidiger im Finale des Europapokals der Landesmeister das große Real Madrid mit 5:3 - in Amsterdam, allerdings im alten Olympiastadion. Klublegende Eusébio die Águias, der schwarze Panther, wie sie ihn nennen, schoss zwei Tore, nachdem Benfica zur Pause noch mit 2:3 zurückgelegen hatte. In der Kabine erlitt der Torschütze hinterher einen Nervenzusammenbruch. Vor Freude und Hysterie.

Heute ist Eusébio wieder im Stadion. "Das einzige, was ich den Spielern sagen kann, ist: Holt den Pokal", sagte der 71-Jährige in der Sportzeitung "A Bola". "Wenn Gott es will, wird Benfica gewinnen. Die Spieler wissen, dass es sich um das Spiel ihres Lebens handeln kann." Wenn da nur nicht die Sache mit dem Fluch wäre.

Ein echter Benfiquista weiß, warum

Ben. Lissabon - FC Chelsea, 20.45 Uhr

Benfica Lissabon: Artur - André Almeida, Luisão, Garay, Melgarejo - Matic, Enzo Pérez - Salvio, Ola John, Gaitán - Cardozo (Lima)

FC Chelsea: Cech - Azpilicueta, Ivanovic, Cahill, Cole - Mikel, David Luiz - Ramires, Lampard, Mata - Fernando Torres

Schiedsrichter: Björn Kuipers (Niederlande)

Denn seitdem, seit 1962, haben die Männer mit dem Adler im Vereinswappen kein einziges ihrer sechs europäischen Endspiele gewonnen. Für jeden Fan ist es eine Liste des Grauens, allein fünfmal unterlag Benfica im Landesmeisterwettbewerb: 1963 mit 1:2 gegen den AC Mailand; 1965 mit 0:1 gegen Inter Mailand; 1968 mit 1:4 nach Verlängerung gegen Manchester United; 1988 nach Elfmeterschießen gegen den PSV Eindhoven; und 1990 wieder gegen den AC Mailand mit 0:1. Hinzu kommt das 1:2 nach Hin- und Rückspiel 1983 gegen den RSC Anderlecht im Uefa-Pokal. Und ein echter Benfiquista weiß auch, warum. Es ist der Bela-Guttmann-Fluch.

Bela Guttman war der ungarische Erfolgstrainer, der nicht nur Eusébio entdeckte, sondern Benfica auch zu den beiden Triumphen im Europapokal führte. Nach der erfolgreichen Titelverteidigung 1962 forderte er eine Gehaltserhöhung. Klubpräsident António Vital lehnte ab, Guttman musste gehen. Und soll im Zorn gesagt haben: "In den nächsten 100 Jahren wird Benfica keinen einzigen europäischen Titel mehr gewinnen."

Bisher hat der 1981 in Wien gestorbene Guttmann Recht behalten. Und es sind erst 51 der 100 Jahre um. Da konnte sich Jorge Jesus bei der Pressekonferenz vor dem Finale gegen Chelsea noch so sehr bemühen, Optimismus zu verbreiten. Er weiß, worum es geht. Zumal nicht nur die Historie auf dem Klub lastet, sondern die Spieler auch noch einen aktuellen Rückschlag verkraften müssen. Und der liegt gerade einmal vier Tage zurück.

"Das ist sehr hart, wir sind erschüttert"

Nach einer Serie von 34 Ligaspielen ohne Niederlage verlor Portugals Rekordmeister durch ein Tor in der Nachspielzeit mit 1:2 beim FC Porto - und damit erstmals in dieser Saison die Tabellenführung an den großen Rivalen aus dem Norden des Landes. Und das alles am vorletzten Spieltag. "Das ist sehr hart, wir sind erschüttert", hatte Trainer Jorge Jesus eingeräumt.

Der nationale Titelgewinn jedenfalls scheint perdu, das fühle er. Gewinnt Porto am kommenden Sonntag beim Tabellendritten Pacos Ferreira, ist die dritte Meisterschaft in Folge perfekt. Also alles trist bei Benfica? Zum Glück gibt es Spieler aus Lissabon, die die sich zwar mit der Klubgeschichte auskennen, ihr Wissen aber als Motivation nutzen wollen. Wie der Argentinier Nicolás Gaitan. Klar wisse er, dass das alles sehr lange her sei. Aber nun sei eben die Chance wieder da. "Davon habe ich als Kind geträumt. Ich werde das nicht ungenutzt verstreichen lassen. Jetzt ist unsere Zeit." Sein Wort in Bela Guttmans Ohr. Gott habe ihn selig.

Quelle: ntv.de

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