So läuft der 20. Bundesliga-Spieltag Bremen kotzt, Bayern ist rekordsüchtig
07.02.2014, 14:40 UhrDer 20. Spieltag steht an, und den enteilten FC Bayern sorgt nur eins: der Hintern von Herrn Ribery. Der Fußball-Norden zittert hingegen um Bremen und Hamburg - und das zuständige Trainerduo um seinen Job. In Gladbach soll die schwärzeste Serie reißen.
Wie hoch gewinnen die Bayern?

Jerome Boateng will vorne Tore feiern und hinten keine kassieren. Das klingt nach einem guten Matchplan.
(Foto: imago/Lackovic)
Mit Verlaub: Das scheint dem designierten Meister inzwischen herzlich egal zu sein, solange hinten die Null steht. Das neue Saisonziel lautet: ein paar Rekorde brechen und sich so die Einsamkeit an der Tabellenspitze versüßen. Den Eindruck kann zumindest gewinnen, wer das "Kicker"-Interview von Jerome Boateng liest. 18 Tore kassierte der FC Bayern 2012/13, ganze neun in der bisherigen Saison. Wie viele dürfen es noch werden, Herr Boateng? "Auf jeden Fall weniger." Zu Null spielten die Bayern in ihrer Triple-Saison 21 Mal, aktuell stehen zehn Nullnummern zu Buche. Bayern-Fans müssen sich aber nicht sorgen, beruhigt Boateng: "Auch da streben wir eine Verbesserung an." Andere Sorgen hat dieser FC Bayern offenbar gerade nicht, vom Hintern von Franck Ribery mal abgesehen.
Im Derby gegen Nürnberg kommt aber etwas mehr Arbeit auf die Münchner zu als beim Sonntagsspaziergang zuletzt gegen Frankfurt, glaubt Boateng: "Sie spielen unter Verbeek anders, laufen viel und sind unheimlich aggressiv."Im Gegensatz zur Eintracht ist die Nürnberger Brust nach zwei Siegen zum Rückrundenauftakt wenigstens so breit, dass ein Kämpferherz darin Platz hat. "Wir glauben daran, dass wir auch gegen die Bayern etwas holen können", sagte Stürmer Daniel Ginczek. Das liegt auch an Trainer Gertjan Verbeek, der neun Spiele brauchte, um seinen ersten Sieg einzufahren, aber nun zu wirken scheint. Wie sagte Verbeek noch nach seinem Debüt, einem 1:1 gegen Stuttgart? " Auch Guardiola hat bei Barcelona und den Bayern lange gebraucht. Meine Ideen umzusetzen, braucht eben Zeit."
Wie spanisch sind die Verhältnisse?
Die Giganten sind wieder unter sich, zumindest im Pokal: Nach den Hinspielen in der Copa del Rey deutet alles auf ein Traumfinale Real Madrid gegen den FC Barcelona hin. Mit ein bisschen (Los-)Glück kommt es auch DFB-Pokal bald wieder zum "Deutschen Clasico" Bayern gegen BVB - für den auch deswegen noch kein besserer Name gefunden wurde, weil der Paarung zumindest in der Liga derzeit die Brisanz abhanden gekommen ist. Wenn in der nächsten Woche im Pokal-Viertelfinale jedoch alles läuft wie vom Redaktions-Orakel vorausgesagt, ziehen folgende Vereine ins Halbfinale ein: FC Bayern, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und VfL Wolfsburg. Und dann winkt endlich wieder ein Spiel der Bayern gegen einen deutschen Spitzenklub, bei dem es wirklich um etwas geht.
Was passiert sonst noch an diesem Spieltag?
Zu den Enttäuschungen der - zugegeben noch jungen - Rückrunde gehört Borussia Mönchengladbach. Zwei Spiele, zwei Niederlagen, und jetzt kommt auch noch Leverkusen. Seit 25 Jahren hat Gladbach zu Hause nicht mehr gegen Bayer gewonnen. Die Statistiker haben gesucht, aber keine schwärzere Serie im Oberhaus gefunden. Wohl aber haben sie herausbekommen, was die Trainer beim letzten Borussen-Sieg 1989 gemacht haben: Lucien Favre spielte bei Servette Genf, Sami Hyypiä in der Jugendmannschaft von Voikkaan Pallo-Peikot. "Es wird Zeit, gegen Bayer zu gewinnen", sagt Favre. Dabei schert ihn die Historie wohl eher wenig, denn in der Gegenwart droht sein Team den Anschluss an die Champions-League-Plätze zu verlieren. Sieben Punkte trennen Gladbach und Leverkusen jetzt schon. Der Knackpunkt liegt in der Offensive, meint Favre: "Wir haben uns nicht mehr so viele Chancen erarbeitet. Aber jetzt müssen wir Lösungen finden."
Eine originelle Lösung hatte Favres Frankfurter Kollege Armin Veh für die drohenden Gelb-Sperren von Sebastian Rode und Carlos Zambrano parat: Er schonte seine beiden Stammkräfte gegen Bayern München. "Wir brauchen sie am nächsten Spieltag gegen Braunschweig nötiger", sagte er zur Begründung. Nun wird sich zeigen, ob er richtig gepokert hat oder ob die 0:5-Klatsche in München seiner Mannschaft einen Knacks verpasst hat. Einen hatte Veh mit seiner Maßnahme auf seiner Seite: "Respekt vor dem Frankfurter Trainer, er hat genau das Richtige getan", sagte Paul Breitner. Und der findet ja sonst kaum etwas richtig.
Welche Mannschaft überrascht?
Eine Rückkehr nach Wolfsburg ist nicht immer die beste Idee, fragen Sie mal Diego. Dem hat es aus völlig unerfindlichen Gründen bei Atlético Madrid dann doch viel besser gefallen als in der Stadt am Mittellandkanal. Ja-Cheol Koo muss allerdings am Wochenende nach Wolfsburg, beruflich, und ausnahmsweise ist das vielleicht doch keine schlechte Idee. Denn der Südkoreaner kommt mit seinen Kollegen vom FSV Mainz, die derzeit guten Fußball spielen und nach zwei Siegen zum Rückrundenstart plötzlich punktgleich mit dem ambitionierten VfL Wolfsburg auf Rang sieben liegen. Die "Wölfe" warten noch auf die Explosion ihres 22-Millionen-Euro-Transfers Kevin de Bruyne, der die Lücke nach Diegos Abgang schließen soll. Trainer Dieter Hecking bremst die Erwartungen: "Diego kannte die Abläufe, Kevin kann sie noch nicht kennen. Wir müssen seinen Mitspielern zeigen, was er für ein Spielertyp ist." Ja-Cheol Koo kam in der Winterpause für 5 Millionen Euro aus Wolfsburg nach Mainz – und er schlug sofort ein. Beim 2:0 gegen Freiburg überzeugte er mit großem Einsatz und einem Treffer. "Das war heute Weltklasse, man hat gesehen, was für eine Qualität er hat", sagte Teamkollege Johannes Geis. Wie billig Weltklasse doch sein kann.
Für welchen Trainer wird es eng?

Bremens Zlatko Junuzovic motiviert sich und sein Team vor dem 20. Spieltag mit Kraftausdrücken.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wären Sie gern Fan eines Vereins, deren Spieler Sätze sagen wie: "Wir müssen laufen bis zum Kotzen"? Nein? Dann sind Sie wohl ein Fußball-Experte. Wer solche Kraftausdrücke nötig hat, steckt im Schlamassel, knietief. Wie Werder Bremen eben, das sich gegen Augsburg am vergangenen Spieltag kräftig blamierte und nur drei Punkte vor dem Relegationsplatz steht. Trainer Robin Dutt sprach seiner Mannschaft nach dem 1:3 in der Fuggerstadt die "Wettkampfmentalität" ab. Auch so ein Zeichen für eine unbequeme Situation. Dutt droht bei einer Niederlage die denkbar schlechte Bilanz von einen Punkt pro Spiel im Schnitt - das wäre zusammen mit Aad de Mos die schlechteste Ausbeute aller Bremer Bundesligatrainer. Ganz anders ist die Situation beim Gegner aus Dortmund. Spielerisch noch lange nicht überzeugend, langten dem BVB wenige geniale Momente und Kampfeswille für einen 2:1-Sieg in Braunschweig. Trainer Jürgen Klopp stellt sich nun auf weitere "Kampfspiele" ein: "In unseren Spielen raucht und staubt es immer noch." Übrigens, liebe Werder-Fans: Das Zitat vom "laufen bis zum Kotzen" stammt von Zlatko Junuzovic. Der hat noch etwas gesagt: "Es hat Klick gemacht. Die Mannschaft hat begriffen, worauf es ankommt." Und, beruhigt? Nein?!
Apropos ruhig. Nein, schlechte Überleitung. Es geht ja jetzt um den Hamburger SV, den köstlichsten Klub der Liga. Angeblich soll Trainer Bert van Marwijk seinen Spielern während der Halbzeitpause in Sinsheim gesagt haben, sie würden absteigen – er aber nicht. Wie er das gemeint hat, darüber streitet der Hamburger Boulevard. Eine klare Linie suchen Beobachter ja seit Wochen bei van Marwijk. Für Mittwoch setzte der Niederländer zwei Trainingseinheiten an, obwohl er noch vor einer Woche sagte, einmal pro Tag reiche locker aus. Und dann ist da noch die Sache mit Jonathan Tahs Vertrag … wir brechen lieber an dieser Stelle ab. Zurück zum Spiel: Was erwartet Kapitän Rafael van der Vaart? "Wir werden füreinander durchs Feuer gehen."
Wo wird es brisant?
Einer der Rückrundengewinner wird am Sonntag einen ersten Dämpfer erhalten, dann trifft in Gelsenkirchen der FC Schalke auf Hannover. Statistisch gesehen spricht viel für einen Sieg der Hausherren. Nur eins der letzten sechs Heimspiele hat Schalke nicht gewonnen (ausgerechnet das Derby gegen den BVB), nur eins der letzten zehn Auswärtsspiele hat Hannover nicht verloren (ausgerechnet das Derby in Wolfsburg). Aber: Seit Tayfun Korkut die Niedersachsen trainiert, präsentiert sich die Mannschaft mit mehr Willen. Bester Beweis: Beim Sieg gegen Gladbach lief die bis dato laufschwächste Mannschaft der Liga 126 Kilometer, Bestwert für H96 in dieser Saison. Als Team präsentierten sich zuletzt aber auch die Königsblauen. Selbst Außenstürmer Jefferson Farfan arbeitet neuerdings nach hinten mit, was normalerweise nur an Feiertagen passiert. "Viele Gespräche", führte Sportdirektor Horst Heldt als Grund für den Höhenflug an. Viel reden, damit Ruhe einkehrt? Da ist auf Schalke auch noch keiner drauf gekommen.
Was sagt das Orakel?
"Ohne Zweikämpfe werden wir das Spiel nicht gewinnen. Aber wir haben auch Möglichkeiten, ihnen Probleme zu bereiten, die sie mit Zweikämpfen nicht lösen können." BVB-Trainer Jürgen Klopp wünscht sich von seinem Team im Gastspiel bei Werder Bremen spielerischen Kampf.
Quelle: ntv.de