"In labiler Lebenssituation" Christoph Daum erklärt seinen Kokain-Konsum
16.10.2023, 17:12 Uhr
Eigentlich ist schon fix, dass Christoph Daum im Sommer 2001 Fußball-Bundestrainer werden soll. Dann aber kommt an die Öffentlichkeit, dass der Coach von Bayer Leverkusen Drogen konsumiert hat. Seine Karriere gerät ins Schlingern. Jetzt gibt der 69-Jährige Einblick, wie es dazu kommen konnte.
Im Herbst 2000 kommt es zu einer der denkwürdigsten Pressekonferenzen der Bundesliga-Geschichte. Christoph Daum versichert vehement, dass er keinen Kontakt mit Drogen hat. Wenig später aber wird bekannt: Der designierte Nachfolger von Erich Ribbeck als Bundestrainer hat Kokain genommen. Wie der Konsum damals anfing und welche Gründe es dafür gab, dazu hat sich der mittlerweile 69-Jährige nun im Interview mit RTL/ntv geäußert.
Mit den mittlerweile berühmten Worten "Ich tue das, weil ich ein absolut reines Gewissen habe" unterzieht sich Daum, damals noch Übungsleiter bei Bayer Leverkusen, im Oktober 2000 einem Drogentest, der positiv auf Kokain anschlägt. Ein Schock für die deutsche Fußball-Welt, der Trainer wird bei der Werkself umgehend entlassen, verabschiedet sich für zwei Monate in die USA.
Heute sagt Daum darüber: "Das passiert nicht mit Vorsatz. Du sagst dir nicht 'heute Abend ziehe mir mal etwas rein', sondern das entsteht durch die Atmosphäre. Du hast was getrunken, Freunde oder Bekannte sind mit dabei und sagen 'Komm, nehmen wir alle'. Und wenn du dich dann in einer labilen Lebenssituation befindest, wie es bei mir der Fall war, denkst du dir 'So what?' Dann nimmst du mal etwas, um eine Art Selbsttest zu machen, um herauszufinden wie das wirkt."
Doch von welcher "labilen Lebenssituation" spricht Daum? "Solche Dinge sind ja immer multifaktoriell. Wir nehmen jetzt nur einen Faktor heraus und das ist die Trennung von der Familie und den Kindern. Du wohnst auf einmal in einem Hotel, wo eben am Wochenende die Post abgeht. Das heißt zwar lange nicht, dass man sich daran beteiligen muss. Aber wenn du in einer Trennungssituation steckst und sehr viele Freunde dir noch Vorwürfe machen, dann addiert sich das immer mehr."
Die Rettung kommt aus der Türkei
Die "Bedenken und Selbstvorwürfe" seien stetig gewachsen. Allein im Hotel habe Daum zudem keine Person gehabt, bei der er sich sein Leid von der Seele reden konnte. Und so führte alles zusammen, der langjährige Trainer ließ sich "leichtsinnigerweise" zum Kokain-Konsum hinreißen.
Die Enthüllung löst eine Welle der Empörung in Deutschland aus. Daum steht enorm in der Kritik, fliegt sowohl bei Bayer Leverkusen als auch beim DFB, für den er im Sommer 2001 als Bundestrainer anfangen sollte, raus. Doch wenig später klingelt das Telefon, sein alter Klub Besiktas Istanbul bietet ihm einen Job an - ein idealer Ausweg für den legendären Coach.
"Ich habe schnellstmöglich wieder das gemacht, was ich eigentlich immer sehr gut konnte, nämlich erfolgreich als Fußballtrainer gearbeitet. Aber diese mediale Lawine, die auf mich einbrach, zog mir wirklich den Boden unter den Füßen weg. Kaum einer äußerte etwas Positives zu meiner Person. Aber das ist für mich nicht überraschend. Ich bin auch damit zurechtgekommen. Ich hatte einen Fehler gemacht, für den ich die Verantwortung übernahm. Und dann habe ich auch die Konsequenzen zu tragen."
Mittlerweile steckt Daum in einem ganz anderen Kampf, enthüllte 2022 seine Schock-Diagnose Lungenkrebs. Aber auch diesem wohl größten Kontrahenten stellt er sich kampfbereit entgegen. Nach mehreren Chemotherapien befindet sich der vierfache Vater auf dem Weg der Besserung und blickt optimistisch einer größtmöglichen Heilung entgegen.
Quelle: ntv.de