Sieg im Manchester-Derby City führt, Guardiola tadelt, Mourinho witzelt
12.11.2018, 09:39 Uhr
Wenn der Joker trifft: Ilkay Gündogan.
(Foto: imago/PA Images)
Man City zeigte auch beim Sieg im Fußballderby gegen United, dass die Mannschaft nicht nachlassen will. Ein Grund für den Erfolg von Josep Guardiolas Team ist die Tiefe im Kader. Zwei Deutsche sind deshalb nur Joker.
Dem entscheidenden Treffer ging einer dieser Spielzüge voraus, die von den Bewunderern des Fußballtrainers Josep Guardiola gerne als Beweis für dessen vermeintliche Genialität angeführt werden. Nach einem Ballgewinn von Fernandinho und Benjamin Mendy an der Mittellinie gegen Romelu Lukaku brachten die Profis von Manchester City eine fast zwei Minuten lange Pass-Stafette unter Beteiligung aller zehn Feldspieler zur Aufführung. Der Ball lief nach hinten, auf den rechten Flügel, auf den linken Flügel, wieder nach hinten, durch die Mitte und wieder auf den rechten Flügel, von wo aus Bernardo Silva eine Flanke an den Fünfmeterraum trat. Ilkay Gündogan war unbewacht und schob den Ball zum 3:1-Endstand ins Netz.
Uniteds Torhüter David De Gea schlug mit den Händen auf den Rasen, wie ein Kind im Sandkasten, dem jemand das Förmchen geklaut hatte, und die Partie hatte in der 86. Minuten ihren standesgemäßen Abschluss gefunden. City war im Manchester-Derby vor eigenem Publikum die klar bessere, die dominante Mannschaft, dafür war Gündogans Treffer ein Sinnbild. In der ersten Halbzeit fehlte noch der entscheidende Zug zum Tor. "Wir spielten so, als wollten wir nur nicht den Ball verlieren", tadelte Guardiola hinterher.
Trotzdem war sein Team früh auf Kurs durch den Treffer von David Silva in der zwölften Minute. Nach dem Wechsel schossen Sergio Agüero und Gündogan die weiteren Tore. Der Anschluss durch den Elfmeter von Anthony Martial nach einer knappen Stunde brachte Guardiolas Elf nicht aus dem Tritt, anders als beim bis dahin letzten Treffen der Stadtrivalen im April. Damals hatte City nach einer 2:0-Führung noch 2:3 verloren. "Nach dem Gegentor war es unmöglich, nicht an die vergangene Saison zu denken. Aber wir haben diesmal keine Chancen mehr zugelassen und so gut verteidigt", sagte Guardiola. Der Erfolg verstärkte die Ahnung, dass die Mannschaft ihre abgelaufene Rekordsaison kopieren könnte.
"Ich denke nicht, dass wir absteigen"
Nein, dass sie sogar noch besser geworden ist. City beendete die vergangene Spielzeit als Meister mit einer Bestmarke für die meisten Punkte, die meisten Tore und die meisten Siege in der Geschichte der Premier League. In der aktuellen Kampagne ist das Team nach zwölf Spieltagen ungeschlagen Tabellenführer und hat auch schon die beiden Partien überstanden, bei denen es in der vergangenen Saison die einzigen Niederlagen gab, nämlich das Spiel beim FC Liverpool und das Derby im eigenen Stadion gegen United.
Besonders erstaunlich wird Citys Dominanz dadurch, dass es in dieser Spielzeit echte Konkurrenz an der Tabellenspitze gibt. Der FC Liverpool und der FC Chelsea haben ebenfalls noch nicht verloren, auch Tottenham Hotspur und der FC Arsenal würden unter normalen Umständen um den Platz an der Spitze mitspielen. "Sie alle haben die Werte, um Meister zu werden", sagte Guardiola. Doch es scheint nur schwer vorstellbar, dass der Titel an einen anderen Klub geht als an Manchester City.
Nahezu ausgeschlossen ist es dagegen, dass Stadtrivale United noch ins Rennen um die nationale Krone eingreift. Der Rekordmeister ist durch die Derby-Niederlage auf den achten Platz gerutscht und hat genau so viele Punkte Rückstand auf den Tabellenführer wie Vorsprung auf Cardiff City auf dem ersten Abstiegsplatz, nämlich zwölf. Als Trainer José Mourinho nach dem Spiel dazu Stellung nehmen sollte, sagte er nur: "Ich denke nicht, dass wir absteigen." Falls das ein Witz sein sollte, werden ihn Manchester Uniteds Fans vermutlich nicht besonders lustig finden.
Nach den aufmunternden Ergebnissen zuletzt, vor allem dem 2:1-Erfolg in der Champions League bei Juventus Turin, wurde im Derby wieder einmal ersichtlich, dass Uniteds Fortschritte immer nur temporär sind. Citys Erfolg dagegen, laut den Football-Leaks-Enthüllungen des Spiegel durch fragwürdige Deals begünstigt, ist auf Nachhaltigkeit angelegt. Dazu gehört auch, dass es in der Mannschaft nicht den einen herausragenden Spieler gibt, sondern das Team in verschiedenen Zusammensetzungen funktioniert. Der nominell beste Mann, Kevin De Bruyne, stand wegen Verletzungen in dieser Saison noch keine 90 Minuten auf dem Feld. Doch sein Fehlen fällt kaum auf, weil der Portugiese Bernardo Silva ein starker Vertreter ist und der Spanier David Silva weiter an seinem Status als vielleicht bester Spieler in Citys Geschichte arbeitet. Die beiden Silvas ragten beim Derbysieg heraus.
In der Offensive hat Leroy Sané in dieser Saison Konkurrenz durch Riyad Mahrez aus Leicester bekommen und pendelt deshalb zwischen Startelf und Ersatzbank. Gegen United kam er als Einwechselspieler nach einer Stunde und war ein belebendes Element mit seinen Dribblings. “Unser Schlüssel ist die Tiefe im Kader. Alle wissen, dass sie ihr Level halten müssen, wenn sie im Team bleiben wollen”, sagte Guardiola über die Gründe dafür, dass seine Mannschaft einfach weitermacht wie in der vergangenen Saison. Auch Gündogan ist übrigens kein Stammspieler, sondern kam gegen United als Joker - und entschied die Partie.
Quelle: ntv.de