Kunstrasen wie in Kinderzeiten DFB-Team geht auf Zeitreise
20.03.2013, 19:42 Uhr
Kickkunst auf Kunstrasen ist am Freitag in Astana gefragt, wenn die DFB-Kicker auf ultradefensive Kasachen treffen.
(Foto: dapd)
Auch das dritte Kunstrasenspiel der DFB-Geschichte und die Zeitumstellung sollen die deutsche Nationalmannschaft in Kasachstan nicht von einem Pflichtsieg abhalten. Für den Trip nach Astana bleibt das DFB-Team komplett im "europäischen Modus". Aber nicht nur die Zeitverschiebung macht den DFB-Betriebsausflug zur Zeitreise.
Rene Adler testet den Frankfurter Kunstrasen, der dem in Kasachstan sehr ähnlich sein soll.
(Foto: dpa)
Besondere Spiele erfordern besondere Maßnahmen. Und so ist bei der deutschen "Zeitreise" zum WM-Qualifikationsspiel in Kasachstan am Freitag (19 Uhr/im n-tv.de Liveticker) alles anders. Bei Handballübungen oder dem Training auf dem ungewohnten Kunstrasen wird das den Spieler ebenso in jeder Sekunde bewusst wie beim Packen des Koffers für den Abflug am Donnerstag ins 4300 Kilometer entfernte Astana: Augenklappen und Ohrenstöpsel gehören dann zur Standardausrüstung, denn trotz fünf Stunden Zeitumstellung bleibt die Nationalmannschaft komplett im "europäischen Modus".
Das bedeutet, dass die Stars ihre Uhren nicht umstellen und die fünf Stunden Zeitunterschied so gut wie möglich ignorieren - wie bereits 2010. "Der Gesamteindruck war positiv", berichtete DFB-Internist Tim Meyer: "Auch wenn es bei 20 Spielern normal ist, dass es nicht jeder gleich gut hinkriegt." Dennoch habe es keine Alternative gegeben, zumal das Spiel wegen der deutschen TV-Übertragung Ortszeit erst um 24.00 Uhr angepfiffen wird.
Ladenschluss und pünktliche Flüge
"Es gibt eine Faustregel: Eine Stunde Zeitumstellung erfordert einen Tag zur Anpassung", erklärte Meyer: "Und da wir nicht die Zeit hatten, fünf Tage vorher anzureisen und direkt danach wieder in die deutsche Zeit müssen, gab es nur diese Möglichkeit." Für einen oder maximal zwei Tage sei das durchaus möglich, erläuterte der Mediziner. Danach bekäme man "Probleme wegen des Hell-Dunkel-Rhythmus".
Per Mertesacker hofft deshalb, dass die Läden im Hotel gut verdunkelt sind. Und auch dass es nicht so laut ist wie vor zweieinhalb Jahren, als direkt vor dem Teamhotel gebaut wurde. Komplikationen bei der Anreise drohen zudem durch den geplanten Lufthansa-Streik am Donnerstag. Die Gewerkschaft ver.di hat die Beschäftigten zu Warnstreiks aufgerufen und angekündigt, es werde zu Flugausfällen und Verzögerungen kommen. "Zum aktuellen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass wir pünktlich um 10.05 Uhr nach Astana abfliegen können", sagte Nationalmannschafts-Sprecher Jens Grittner: "Wir werden die Situation aber weiterhin verfolgen und stehen mit den zuständigen Stellen bei der Lufthansa und dem Flughafen in Frankfurt in Kontakt."
"Einfach in die Jugend versetzen"
Eine "Zeitreise" erfordert offenbar auch die Umstellung vor dem dritten deutschen Länderspiel der Geschichte auf Kunstrasen. "Wir müssen uns einfach in die Jugend versetzen", sagte Vize-Kapitän Bastian Schweinsteiger: "Da haben wir schließlich oft auf Kunstrasen gespielt."
Doch am Dienstagabend fuhr den DFB-Stars erst einmal der Schrecken in die Glieder: Ohne Einwirkung eines Mitspielers knickte Sami Khedira in der ersten Trainings-Einheit auf Kunstrasen um. Noch Minuten nachdem der Mittelfeldspieler von Real Madrid mit einem dicken Verband am Fuß vom Platz gehumpelt war, standen seine Mitspieler wie paralysiert zusammen und wirkten, als wollten sie am liebsten überhaupt nicht mehr weiterspielen. "Ob Khediras Verletzung auf den Boden zurückzuführen war, ist spekulativ", sagte Teamarzt Tim Meyer, der am Mittwoch Entwarnung geben konnte. Khediras Bänder sind nicht gerissen, am Morgen trainierte er schon wieder voll mit.
Testeinheit mit ... Handball
Und wurde so gleich Teil einer ungewohnten Trainings-Einheit. "Die Kasachen stehen so eng wie eine Handball-Mannschaft. Deshalb haben wir auch Handball gespielt", erklärt Schweinsteiger schmunzelnd. Selbst im Heimspiel wird die laut Fifa-Rangliste siebtschwächste Mannschaft Europas nämlich kräftig Beton vor dem eigenen Tor anrühren. Aus diesem Grund und um das ungewohnte Springverhalten des Balles als unberechenbare Größe möglichst auszuschalten, standen im Training auf dem Kunstrasen vor allem einfache Passübungen auf dem Programm.
"Man muss den Ball flach halten und in den Fuß spielen. Wenn er hoch fliegt und runterkommt, wird er unheimlich schnell", sagte Bundestrainer Joachim Löw, der die Einheit mit kritischem Blick verfolgte und ungewohnt viel korrigierte. "Es war am Anfang schon etwas ungewohnt. Der Ball springt natürlich anders", erklärte Schweinsteiger, der zumindest froh ist, "dass wir bei geschlossenem Dach spielen. Denn sonst würde der Ball bei Regen sehr flutschen."
Quelle: ntv.de, sid