Runder Tisch zur Fan-Gewalt DFL lehnt härtere Strafen ab
14.11.2011, 11:39 Uhr
Die Polizeigewerkschaft schätzt die Zahl der gewaltbereiten Fußballfans auf 2500. Insgesamt besuchten in der vergangenen Saison mehr als 17 Millionen Menschen die Spiele im deutschen Profifußball.
(Foto: dpa)
Vor dem Spitzentreffen von Politik und Sport gehen die Meinungen darüber auseinander, wie Gewalt-Ausbrüche im Fußball eingedämmt werden können. Die Forderung der Politik nach Strafverschärfungen und pauschalen Repressionen lehnen Fanvertreter und Vereine ab. Konkrete Lösungen sind nicht in Sicht.
Das Ziel ist klar. Nur der Weg hin zu weniger Fan-Gewalt im Fußball ist zwischen Politik, Verbänden und Fan-Organisationen strittig. Die von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich geforderte Verschärfung des Strafenkatalogs für gewaltbereite Fußball-Fans lehnt Liga-Präsident Reinhard Rauball ab. "Da macht die Liga nicht mit", sagte Rauball vor dem Runden Tisch zur Gewalt im Fußball im ZDF. Eine Ausweitung der Sanktionen würde auch für die 99 Prozent der friedlichen Stadionbesucher negative Konsequenzen haben, erklärte Rauball. Er werde sich dafür einsetzen, dass bei Straftaten weiterhin ein Stadionverbot von bis zu drei Jahren ausgesprochen werden könne.
Auf Initiative von Friedrich treffen sich DFB-Präsident Theo Zwanziger, Rauball, Vertreter der Innenminister der Länder und Michael Gabriel, der Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), in Berlin, um über Strategien gegen Fan-Gewalt zu beraten. Das Treffen steht schon seit über zwei Monaten fest, hat durch die jüngsten Ausschreitungen in Dortmund und Frankfurt aber an Brisanz gewonnen. Konkrete Maßnahmen sind in Berlin nicht zu erwarten. "Da ist ein sehr dickes Brett zu bohren", befand Rauball. Geplant ist vielmehr die Gründung einer Task Force. In der Arbeitsgruppe sollte neben der Politik, den Verbänden und der Justiz auch ein Vertreter der Dachorganisation der Fans sitzen, betonte der DFL-Präsident. Allerdings: Einen Zehn-Punkte-Plan gegen Fan-Gewalt haben DFL und DFB schon 2010 beschlossen. Es hapert nur an der Umsetzung.
Mehr Repressionen helfen nicht
KOS-Leiter Gabriel äußerte sich im Vorfeld kritisch zu medial vorgetragenen Vorschlägen aus der Politik. Die wiederholten Forderungen wie Stehplätze abzuschaffen, Fans von Auswärtsspielen ihrer Mannschaften auszuschließen oder Alkohol zu verbieten, seien falsch, betonte Gabriel. "Mehr Repression wird nicht zu einer Verbesserung der Situation führen."

Pauschale Verbote betreffen alle Stadionbesucher - und damit auch die friedliche Mehrheit.
(Foto: REUTERS)
Pauschale Verbote träfen die Falschen und würden die Fronten nur weiter verhärten. "Man braucht die moderaten Fans", meinte Gabriel. Ohne sie sei keine Lösung in der Debatte um die Krawalle möglich.
Dass Lösungen dringend nötig sind, belegt die Statistik. Fakt ist: Die Anzahl der Verletzten bei Ausschreitungen im Profifußball hat in der vergangenen Saison einen Höchststand erreicht. In der Bundesliga und der 2. Liga waren rund um die Begegnungen insgesamt 846 Personen betroffen. Das ging aus dem Jahresbericht der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) hervor.
Keine neue Gewalt-Dimension
Dennoch warnt der Fan-Forscher Gunter Pilz in der "Süddeutschen Zeitung" vor dem Zerrbild, das die jüngsten Gewalt-Exzesse erzeugen würden: "Es sind besorgniserregende Fälle, aber von einer neuen Dimension zu sprechen, ist populistisch." Zudem ist das Problem keineswegs neu, sondern wird bereits seit Jahren diskutiert.
Im April 2010 gipfelten die Diskussionen in einen Zehn-Punkte-Plan von DFB und DFL, der Stadionbesuche sicherer machen sollte. Seitdem ist viel Zeit vergangen und wenig passiert. Bei der Umsetzung der Kernpunkte hapert es, obwohl auch Politiker wie Friedrich in der Aufstockung von hauptberuflichen Fan- und Sicherheitskräften in den Klubs sowie mehr Präventivarbeit den Schlüssel zu einer Eindämmung der Gewalt sehen.
Wenig hilfreich ist es hingegen, den Dialog mit Fangruppierungen von aktuellen Ereignissen beeinflussen zu lassen. So geschehen bei der Diskussion um die Legalisierung von Pyrotechnik, die nach den jüngsten Krawallen mit einem strikten "Nein" von Politik und Verbänden jäh beendet wurde. "Die Art und Weise, in der die Gespräche über Pyrotechnik abgebrochen wurden, war sicherlich nicht gut", kommentierte Gabriel den Schritt: "Da ist sicher Vertrauen verspielt worden."
Quelle: ntv.de, dpa