Fußball

Witze über WM-Desaster Dante leidet und droht Müller

Magische Nacht in Belo Horizonte: Und wieder jubeln die deutschen Spieler.

Magische Nacht in Belo Horizonte: Und wieder jubeln die deutschen Spieler.

(Foto: imago/ActionPictures)

Vor sechs Monaten spielen Deutschlands Fußballer bei der WM ein Halbfinale, wie es die Welt bis zu diesem 8. Juli noch nicht gesehen hatte. 7:1. Brasilien weint, die DFB-Elf zeigt sich als guter Sieger - nur Thomas Müller stichelt immer noch.

Dante findet es nicht witzig. Er kann es einfach nicht mehr hören. Dante ist Brasilianer und verdient sein Geld damit, dass er für den FC Bayern in der Bundesliga Fußball spielt. Dort trifft er täglich Thomas Müller. Der ist Deutscher und spielt auch in München. Im Sommer aber haben sie gegeneinander gespielt, auf den Tag genau ein halbes Jahr ist das her, bei der Weltmeisterschaft in Dantes Heimat. Wie das ausging, ist bekannt: Die DFB-Elf siegte mit 7:1, zog ins Endspiel ein und gewann dort gegen Argentinien den Titel.

Dante danach. Belo Horizonte, 8. Juli 2014.

Dante danach. Belo Horizonte, 8. Juli 2014.

(Foto: imago/EQ Images)

Das alles ist Dante egal. Für ihn zählt nur das Debakel. Vor allem aber nerven ihn die Scherze des Thomas Müller. So nutzte er jüngst ein Interview mit dem brasilianischen Fernsehsender TV Globo, um seinen deutschen Kollegen in München eine gar nicht so diskrete Warnung zukommen zu lassen: "Wir können über alles Scherze machen, nur nicht darüber. Sonst werde ich euch in jedem Training einen mitgeben." Und: "Vor allem zu Thomas, der die meisten Witze macht, sagte ich: Mach' keine Witze mehr, die bringen mich nicht zum Lachen. Und wenn mich das nicht zum Lachen bringt werde ich sauer und es knallt." Der Stachel, das lässt sich ohne Übertreibung sagen, sitzt tief. Und das aus gutem Grund.

Was sich an jenem 8. Juli 2014 zwischen 17.23 und 17.29 Uhr Ortszeit in Belo Horizonte abspielte, ist mit dem Zitat eines englischen Kollegen in der Halbzeit auf der Pressetribüne des Estadio Mineirão exakt beschrieben: "Unfuckingbelievable." Also höchst unglaublich. Immer noch, auch ein halbes Jahr danach. Sie können sich die Tore gerne noch einmal ansehen - erklären können Sie das nicht. Thomas Müller hatte die DFB-Elf nach elf Minuten in Führung gebracht, es folgten vier Tore in sechs Minuten: 0:2 Miroslav Klose (23., WM-Rekordtor), 0:3 Toni Kroos (24.), 0:4 Toni Kroos (26.), 0:5 Sami Khedira (29.). Nach der Pause legte André Schürrle noch zwei Treffer nach, für die Brasilianer traf Oscar in letzter Minute. Das historische Siebenzueins war perfekt. Viel besser geht es nicht. Viel schlimmer auch nicht.

"O massacre do Mineirão"

Die 58.141 Zuschauer hatten an diesem mit 20 Grad milden brasilianischen Winterabend eines der bemerkenswertesten Spiele in der 84 Jahre währenden Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaften erlebt. Und den höchsten Sieg in einem Halbfinale zudem. Die deutsche Mannschaft, auch das war bemerkenswert, zeigte sich nach dieser nahezu perfekten Gala als guter Gewinner, was mitunter viel schwerer fällt, als mit Anstand zu verlieren.

Die Spieler von Bundestrainer Joachim Löw triumphierten nicht, sie freuten sich einfach - stets gepaart mit einem Schuss Fassungslosigkeit. Als könnten sie so direkt nach dem Abpfiff immer noch nicht begreifen, was ihnen da soeben gelungen war. Und dass sie am Ende als Weltmeister zurück nach Deutschland fliegen würden, konnten sie da ja noch nicht wissen. "Ein bisschen Demut tut jetzt auch gut. Wir wollen nicht überbewertet sein", sagte Löw direkt nach dem Spiel. Aber um einen weiteren Engländer zu zitieren: "Das war "das außergewöhnlichste, atemberaubendste und verwirrendste Spiel, das ich je erlebt habe", urteilte Gary Lineker.

Brasilien aber weinte. Die Spieler betend auf dem Rasen, die Zuschauer auf den Rängen, das Land versank in einer mittelschweren Depression. Es war der größte Albtraum seit dem Maracanaço bei der WM 1950, der 1:2-Niederlage im letzten Spiel des Turniers gegen den großen Rivalen Uruguay. Die Zeitung "Estado de Minas" schrieb am 9. August: "Das Mineirão ist Bühne für eine historische Schande. Die Seleção erlebt das größte Massaker in seiner Historie." "O massacre do Mineirão" nennen sie diese Demütigung noch heute. Nicht nur Dante hat noch immer daran zu knabbern. Wer will es ihm verdenken? Wer so etwas erlebt habe, sagte der Verteidiger, der brauche die Zuneigung und Hilfe der Menschen um einen herum. Und eben keinen blöden Witze. "Das 7:1 war für uns viel ernster, als ihr euch vorstellen könnt."

Quelle: ntv.de

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