Slot vom Ergebnis arg genervtLiverpools teuerster Mann vergibt Monsterchance mit dem falschen Bein

Der FC Liverpool baut seine Serie in der englischen Premier League weiter aus und ist seit mehr als fünf Monaten ungeschlagen. Bei Aston Villa lassen die Reds aber den Sieg liegen, weil Stürmer Darwin Núñez eine Monsterchance nicht nutzt.
Darwin Núñez ist der teuerste Spieler, den sich der FC Liverpool in seiner Vereinsgeschichte gegönnt hat. Rund 85 Millionen Euro erhielt Benfica Lissabon 2022 für den Stürmer. Eine Win-win-Situation ist der Transfer indes noch nicht. 131 Mal hat der 25-Jährige bislang für die Reds gespielt, er kommt auf 39 Tore. Dem 40. war er am Mittwochabend im Spiel bei Aston Villa ganz nah. Ganz, ganz nah. In der 66. Minute kam er ins Spiel, in der 69. Minute sorgte er mit dem ersten Ballkontakt für lange Gesichter bei seiner Mannschaft und den Fans.
Dominik Szoboszlai legte den Ball nach einem überragenden Konter, eingeleitet durch ein fantastisches Anspiel von Conor Bradley, quer zu Núñez und der donnerte das Spielgerät mit größtmöglicher Wucht aus nur wenigen Metern über das leere Tor. Der Uruguayer hatte die Entscheidung auf dem Fuß, 2:2 stand es im vorgezogenen Spiel des 29. Spieltags. Dabei blieb's. Mit einem Sieg bei Villa wären die Reds der Meisterschaft in der Premier League einen weiteren, großen Schritt nähergekommen. Núñez aber vergab, die Zeitung "Liverpool Evening News" hielt ihm ein wenig Furcht vor dem heranrauschenden, hünenhaften Axel Disasi zugute.
"Es war natürlich nicht das beste Bein"
Trainer Arne Slot fand ebenfalls etwas zur Entlastung des Stürmers. "Es war natürlich nicht das beste Bein, weil er natürlich ein Rechtsfuß ist, aber es war trotzdem eine große Chance. Ich denke, wir sind alle enttäuscht, aber es ist normal, dass ein Spieler, der eine solche Chance verpasst hat, immer etwas enttäuschter ist als alle anderen."
Und noch einmal war Núñez drauf und dran gewesen, ein Tor zu erzielen. In der 74. Minute blockte er einen Ball von Abwehrspieler Tyrone Mings und war frei durch. Der Ball war aber sehr weit nach vorne geprallt und so flog Weltmeister-Torwart Emiliano Martínez heran und klärte die Situation weit außerhalb des Strafraums mit einer absoluten Weltklasse-Aktion. Der Liverpooler Stürmer zog sein Trikot nach dem Spiel über den Kopf und bekam ein paar tröstende Klaps auf den Kopf, als er im Tunnel verschwand. In der Nachspielzeit meldete sich auch Villa nochmal kurz zu Wort. Donyell Malen, der Ex-Dortmunder schoss hauchzart am Liverpooler Tor vorbei.
"Der einzige Grund, warum wir mit einem 2:2 zufrieden sein könnten, ist, weil sie die letzte Chance des Spiels hatten", sagte Liverpools Trainer Arne Slot. "Das könnte also wirklich der einzige Grund sein, warum wir sagen würden: Okay, ein Punkt ist gut." Die Reds waren früh in Führung gegangen. Villas Rechtsverteidiger Andrés Garcia hatte einen fürchterlichen Fehlpass in die Füße von Diogo Jota gespielt. Der Spanier hob danach sofort erschrocken die Hände hoch, er ahnte, was passiert. Jota spielte weiter auf Mo Salah, 0:1. Der Ägypter traf zum 24. Mal in dieser Saison. Er führt die Torschützenliste klar vor Erling Haaland (19) an.
Schwierige Wochen für Liverpool
Doch Villa kam noch vor der Pause zurück und drehte das Spiel. Youri Tielemans (38.) und Torjäger Ollie Watkins in der dritten Minute der Nachspielzeit von Halbzeit eins trafen für Villa. Zweimal hatte die Mannschaft aufs Tor geschossen, zweimal hatte sie getroffen. Slot war genervt. Liverpool kam mit Wut und Dampf zurück. Jota traf das Aluminium (60.), dann war Trent Alexander-Arnold zur Stelle. Mit einem präzisen Distanzschuss in die lange Ecke stellte er auf 2:2. Dadurch hielten auch zwei beeindruckende Serien: Villa ist nun seit 13 Heimspielen ungeschlagen, der FC Liverpool seit 14 Auswärtspartien.
In der Tabelle liegen die Reds acht Punkte vor dem FC Arsenal, der aber ein Spiel weniger bestritten hat. Und die kommenden Aufgaben werden nicht leichter für die Liverpooler. Es stehen entscheidende Wochen an. In der Liga geht es am Sonntag zu Pep Guardiolas schwer gedemütigten Citizens aus Manchester. In der Champions League waren sie von Real Madrid am Mittwochabend mit 1:3 vorgeführt worden. Danach wartet Newcastle United.
Liverpool hat seit Jahresbeginn in acht Premier-League-Spielen vier Siege und vier Unentschieden geholt. Die bislang einzige Saisonniederlage setzte es Mitte September zu Hause gegen Nottingham Forest. Und dennoch wirkt es, als habe die Mannschaft ein bisschen den Flow verloren. Zuletzt etwa beim übertrieben hitzigen Derby gegen den FC Everton, das am Ende zu einer Art Kneipenschlägerei ausgeartet war. Eine Krise will sich Slot aber auf keinen Fall einreden lassen. "Ich denke, jedes Spiel hat seine eigene Geschichte", antwortete auf eine Frage, die auf einen Einbruch der Reds abzielte. Allerdings haderte der Niederländer damit, dass sich seine Fußballer zuletzt zu oft um den verdienten Lohn brachten, weil sie zu viele Chancen vergeben hatten. Und wie zum Beweis war da ja an diesem Mittwochabend Darwin Núñez.