Fußball

Gareth Bale tritt sofort zurück Das sonderbare Teilzeit-Genie des Weltfußballs

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Das war's: Gareth Bale verlässt die Fußball-Bühne.

(Foto: IMAGO/PA Images)

Der walisische Rekordnationalspieler Gareth Bale beendet seine Karriere. Mit Real Madrid gewinnt er fünf Mal die Champions League. Aber nicht immer ist der 33-Jährige genialer Protagonist auf dem Feld. In seinen späten Jahren sorgt er immer wieder für Aufregung.

Mit einer rührenden Liebeserklärung an das Spiel kehrt Gareth Bale der großen Fußballbühne den Rücken zu. Von ihr verabschiedet hatte sich der 33-Jährige indes schon vor längerer Zeit. Wann genau, das lässt sich nicht exakt terminieren, es muss irgendwann zwischen seinen späten Jahren bei Real Madrid und der WM in Katar passiert sein. Die hatte Bale noch bestritten. Es war seine erste. Es war sein letzter großer Traum als Fußballer. Es war ihm ein letztes, ein großes Bedürfnis. Denn für sein Land Wales war der Rekordnationalspieler immer der, zu dem ihn seine Qualitäten befähigten: ein unerschütterlicher Anführer, ein Fußball-Genie.

Er sei, so schrieb er via Twitter, "unglaublich glücklich, dass ich meinen Traum verwirklichen konnte, den Sport zu spielen, den ich liebe." Er, der Fußball, habe ihm so auch "einige der schönsten Momente im Leben beschert. In 17 Spielzeiten habe ich so viele Höhepunkte erlebt, dass es unmöglich sein wird, sie zu wiederholen, ganz gleich, was das nächste Kapitel für mich bereithält." Eigentlich, so hatte Bale nach dem Gruppen-Knockout in Katar gesagt, sollte dieses die WM-Qualifikation sein. Er wolle so lange weitermachen, wie er könne und gebraucht werde. Nun die Kehrtwende. Kein Wort dazu. Nur die Erkenntnis, dass es sich um die mit Abstand härteste Entscheidung seiner Karriere gehandelt habe. Nur eine Liebeserklärung an das Spiel, sein Land, seine Fans.

Für Wales war er ein anderer Spieler

An denen mangelt es nicht. Anders als früher gibt es mittlerweile ein feines Messinstrument für die Liebe der Follower, 19 Millionen sind es bei Twitter. In der realen Welt sind es sicher noch ein paar mehr. Und er hat sie verzaubert, mit Traumtoren, mit Finaltoren. Und er hat sie verstört, mit Provokationen. Der einst mal teuerste Spieler der Welt war auf der Zielgeraden mehr Clown als Genie. Außer, er streifte sich das Trikot mit dem roten Drachen über. Sein fußballerisches Lebenselixier blieb sein Land. Und so schenkte er diesem das letzte Highlight seiner Karriere. Gegen die USA verwandelte er in Katar einen Elfmeter und sicherte Wales den ersten WM-Punkt seit 64 Jahren. Bale ist eben ein Mann für die Geschichtsbücher. Und dort taucht er mehrfach als Protagonist auf.

Bei Real Madrid, für das er 258 Mal in Pflichtspielen (106 Tore und 67 Vorlagen) auflief und mit dem er fünf Mal die Champions League gewann, war er zwar stets nur der "Wingman" des omnipräsenten Cristiano Ronaldo, der sich mittlerweile in Saudi-Arabien tummelt. Aber er erhob sich immer wieder aus dessen gigantischem Schatten, um in den großen Spielen die entscheidenden Treffer zu erzielen. In seiner Debütsaison 2013/14 gewann er den "Königlichen" die Copa del Rey, als er das Siegtor gegen den FC Barcelona erzielte. Auch am Königsklassen-Erfolg in der gleichen Saison hatte er seinen Anteil, in der 110. Minute stellte er gegen den Stadtrivalen Atlético auf 2:1 (4:1 am Ende). Noch größer war sein Einfluss auf den Titel 2018. Auf ewig in Erinnerung bleibt sein spektakulärer Fallrückzieher gegen den FC Liverpool mit dem angeschlagenen Torwart Loris Karius.

Mit Zinedine Zidane überworfen

26 Titel hat Bale mit Madrid gewonnen, mehr als Zinedine Zidane, der die zentrale Figur für den Bruch zwischen Spieler und Verein war. Im Sommer 2019 legte die französische Legende dem Waliser einen Wechsel nah, dazu kam es nicht. Bale wurde kaum noch eingesetzt. Die kurze, glorreiche BBC-Ära - so wurde die Offensive mit Karim Benzema (B), Bale (B) und Cristiano (C) Ronaldo gefeiert - war längst vergessen. Seine Zeit unter Zidane wurde zu seinem seltsamen Auf und Ab. Daran änderte auch die sensationelle Quote in der Spielzeit 2018/19 nichts, in der er in 23 Ligaspielen 19 Tore erzielte und 11 vorbereitete. Die Saison, in der Bale kaum noch berücksichtigt wurde, war jene, in der er zum Clown mutierte, zum wohl größten Provokateur im europäischen Spitzenfußball.

Er geriet immer mehr aufs Abstellgleis, war frustriert und äußerte das auch in der Kabine. "Ich habe noch drei Jahre Vertrag. Wenn sie wollen, dass ich gehe, müssen sie mir 17 Millionen Euro pro Saison zahlen. Sonst bleibe ich hier und spiele halt Golf", soll er seinen Teamkollegen gesagt 2019 haben. Im Winter des folgenden Jahres machte er auf ebenso unmissverständliche wie arrogante Weise klar, wie sehr er mit dem Verein abgeschlossen hatte. "Wales. Golf. Madrid. In dieser Reihenfolge", stand auf einer Wales-Fahne, die er nach dem Spiel in der EM-Qualifikation gegen Ungarn zum eigenen Vergnügen und der Belustigung der Mitspieler trug.

Wie er Real Madrid einst verhöhnte

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Besonders lustig fand sich Bale auch ein paar Monate später, als er Real Madrid endgültig verhöhnte. Bei einem Spiel zog sich der Waliser auf der Tribüne (dort saßen die Spieler aufgrund der Pandemiebeschränkungen in den Geisterspielen) minutenlang die Maske für Mund und Nase über seine Augen, stellte sich dabei schlafend und machte es sich auf seinem bequemen Reservistenstuhl gemütlich. Ein "beschämendes Verhalten", titelte die Zeitung "Marca" kurz und knapp. Ein paar Tage später folgte die nächste Eskalation: Anstatt die Partie wie seine Teamkollegen interessiert zu verfolgen, hielt er sich die Hände und eine Klopapierrolle zum Fernglas geformt vor sein Gesicht und machte wieder sein eigenes Ding. Real und Bale - das war eine peinliche Nummer geworden.

Bale kehrte auf Leihbasis zu Tottenham zurück, zuletzt stand er in der Major League Soccer bei Los Angeles FC unter Vertrag und holte auch dort die Meisterschaft. Mit Wales nahm er an zwei Europameisterschaften und eben an der WM in Katar teil. Bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich erreichte Wales, angeführt von Bale (110 Länderspiele), sensationell das Halbfinale. Nun ist es vorbei. Der seltsame Teilzeit-Gigant, der seinen Sport so liebte und das bisweilen auf groteske Weise zeigte, hängt die Töppen endgültig an den Nagel.

Quelle: ntv.de, tno

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