In Leipzig noch gefloppt Das unlösbare Bayer-Problem mit Ademola Lookman
23.05.2024, 14:51 Uhr
Drei Tore, Mann des Spiels, Europapokalsieger: Ademola Lookman erlebt in Dublin einen märchenhaften Abend.
(Foto: IMAGO/Mika Volkmann)
2022 verlässt Ademola Lookman die Bundesliga durch die Hintertür. 2024 zerlegt er im Europa-League-Finale die bis dahin ungeschlagenen Leverkusener im Alleingang. War die herausragende Leistung sein Spiel des Lebens oder "erst der Anfang"?
Der denkwürdigste Moment in Ademola Lookmans Bundesliga-Laufbahn ereignet sich direkt zu Beginn. Am 3. Februar 2018 wird der kleine Angreifer, in der Winterpause aus England vom FC Everton gekommen, für die Schlussphase eingewechselt. Es steht 0:0 zwischen Borussia Mönchengladbach und RB Leipzig, Lookmans neuem Team. Was folgt, lässt RB-Trainer Ralph Hasenhüttl zweifeln. Lookman findet kaum Halt auf dem Gladbacher Rasen, immer wieder rutscht er weg. Ein Materialwechsel ist ausgeschlossen, der gebürtige Londoner hatte seine restlichen Schuhe in England vergessen. Und so will Hasenhüttl den 20-Jährigen wieder auswechseln. Doch in der 89. Minute gelingt Ademola Lookman tatsächlich noch der Siegtreffer. "Er hatte Glück, dass er noch auf dem Feld stand", scherzt Hasenhüttl anschließend.
Die folgende Rückrunde läuft für die Leihgabe vielversprechend. Zwar steht er nur in zwei Partien über 90 Minuten auf dem Feld, doch deutet seine Klasse mit starken neun Torbeteiligungen in elf Spielen immer wieder an, allein drei davon am letzten Spieltag der Saison 2017/18 gegen Hertha BSC. Es sind seine letzten Scorerpunkte für RB.
Keine Leihe will zünden
Und das, obwohl Lookman - nach einem weiteren Jahr in Everton - im Sommer 2019 für 20 Millionen Euro fest zu RB wechselt. Doch in der Bundesliga-Hinrunde steht er gerade einmal 130 Minuten auf dem Feld. Es folgen Leihwechsel nach Fulham und zu Leicester City. Noch bis zum Sommer 2022 steht Lookman offiziell in Leipzig unter Vertrag. Dann erhalten die Sachsen von Atalanta Bergamo mit 9,5 Millionen immerhin fast die Hälfte der einstmaligen Ablöse zurück. Auch auf den Leihstationen kann der pfeilschnelle Stürmer nicht überzeugen, darüber hinaus ist zwischen Weltklasse-Offensivspielern wie Dani Olmo oder Dominik Szoboszlai für Lookman kein Platz mehr im Leipziger Kader.
In Bergamo sieht das anders aus. Mit reichlich Spielzeit ausgestattet zeigt sich in Norditalien der vielseitige Offensivspieler, den vermutlich auch viele Leipziger Verantwortliche in Lookman gesehen haben. Insgesamt gelingen ihm in 76 Partien für Atalanta 30 Tore und 16 Vorlagen. Das Euroleague-Finale gegen Bayer gerät zum "The very Best of" des Ademola Lookman. Im Strafraum verwertet er verlässlich Abpraller und Zuspiele (wie beim 1:0 gegen Leverkusen). Gleichzeitig ist er aufgrund seiner Technik und Geschwindigkeit in der Lage, sich auch selbst eine Schussmöglichkeit zu erarbeiten (so gesehen bei den anderen zwei Treffern gegen Bayer).
Sämtliche seiner Qualitäten sind für die Bayer-Defensive zu viel. Leverkusen wirkt gegen so viel Kaltschnäuzigkeit, Tempo und Finesse ratlos. Laut "Kicker" hatte Bayer im letzten Sommer einen Spieler gesucht, der für mehr Breite sorgen kann, Lookman soll es nicht in den Kreis der Kandidaten geschafft haben. Ein zuverlässiger Elfmeterschütze ist aus ihm in Bergamo auch noch geworden, doch schon an eine mögliche Verlängerung ist in Dublin dank des Gala-Auftritts nicht zu denken.
Nur Vini Junior ist noch besser
Dass der Spielmacher in Lookman nicht unterschätzt werden sollte, zeigt ein detaillierter Blick in die Statistik. Er spielt in neunzig Minuten im Schnitt elf sogenannte "raumgewinnende" Pässe, die entweder zehn Meter des Feldes überbrücken oder einen Mitspieler im Strafraum erreichen. Der Wert überragt nahezu alle anderen Stürmer der europäischen Top-Ligen, an der Spitze steht Real-Superstar Vinicius Junior mit 12.6. Im Vergleich mit anderen Stürmern sticht sein gutes Auge hervor, seine Konkurrenz im offensiven Mittelfeld ist deutlich weniger torgefährlich als Lookman. Der Hybrid aus Abschluss- und Kreativspieler erinnert an ein anderes, schon in Sachsen deutlich erfolgreicheres Leipziger Projekt: Christopher Nkunku.
Lookman sagt nach dem Finale selbst, dass er sein Spiel in den letzten Jahren auf "ein neues Niveau" bringen konnte. Dazu gehört auch eine erstaunliche Zuverlässigkeit in K.-o.-Spielen. Im Achtelfinale der Europa League erzielt er den Ausgleich im Rückspiel gegen Sporting Lissabon. Das Halbfinal-Rückspiel gegen Olympique Marseille gewinnt er mit einem Tor und einer Vorlage im Alleingang, das Finale gegen Leverkusen sowieso. Im italienischen Pokal sichert er Atalanta nach einer Hinspielniederlage gegen Florenz im Halbfinal-Rückspiel mit Tor und Vorlage den Finaleinzug. Und im Afrika-Cup erzielt er im Achtel- und Viertelfinale alle drei Treffer für Nigeria selbst, im Halbfinale ist dann nach dem Elfmeterschießen Schluss.
Mit 26 scheint Ademola Lookman auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen. Oder? "Das ist erst der Anfang, ich hoffe auf weitere Nächte wie diese", lässt der Mann des Abends nach dem Europa-League-Sieg wissen. Die Bühne für solche Nächte wird bald noch größer. Zum ersten Mal seit seinem Leipzig-Intermezzo wird Lookman in der kommenden Saison wieder Champions League spielen - vielleicht ja nochmal gegen Bayer Leverkusen.
Quelle: ntv.de