
Thomas Reis steht beim FC Schalke 04 massiv unter Druck.
(Foto: IMAGO/MIS)
Das bemerkenswerte Interview des Schalkers Timo Baumgartl nach der Pleite beim FC St. Pauli hat offengelegt, wie tief die Probleme bei den Königsblauen liegen. Sollten nicht schnell gute Ergebnisse kommen, wird selbst ein Trainerwechsel die Probleme nicht mehr beseitigen können.
Was für ein Absturz in nur wenigen Wochen. Als man auf Schalke vor knapp vier Monaten als Absteiger aus der ersten Bundesliga hinunter in die Zweitklassigkeit ging, tat man dies erhobenen Hauptes. Der Verein schien seit der Verpflichtung von Coach Thomas Reis wieder zu einer echten Einheit zusammengewachsen zu sein. Zwischen Vorstand, Trainer, Mannschaft und Fans passte ganz offensichtlich kein Blatt Papier. Jetzt, nur wenige Wochen später, ist es kaum mehr vorstellbar, dass der FC Schalke 04 seine zahlreichen Baustellen wieder unter Kontrolle bringen wird. Es brennt an allen Ecken und Enden lichterloh. Selbst ein schneller Trainerwechsel würde wohl nur kurzfristig für Entlastung sorgen.
Das ganze Ausmaß der inneren Verwerfungen wurde erstmals für Außenstehende deutlich, als der Berater von Vereinslegende Ralf Fährmann öffentlich den Schalker Coach Thomas Reis anging. Eine Aktion, die ein so erfahrener Experte in seinem Geschäft wie Stefan Backs nur wagt, wenn der Stuhl des Trainers intern bereits angesägt ist. Die Büchse der Pandora, die damit medial geöffnet wurde, hätte Thomas Reis und sein Trainerteam anschließend nur durch überragende Ergebnisse auf dem Platz wieder schließen können. Doch Siege und überzeugenden Leistungen blieben aus.
Und so wurden die Gerüchte rund um den Schalker Markt, dass ein Großteil der Spieler unzufrieden mit den taktischen Vorgaben des Trainers sei, immer lauter. Das, was Timo Baumgartl, am Samstag in seinem bemerkenswerten Interview schließlich über die Sky-Mikrofone äußerte, war schlicht und ergreifend nur das, was die Mehrzahl der Spieler (und Teile der Fans) offenbar denken. Ihn dafür zu bestrafen, ist in diesem Geschäft folgerichtig. Doch die Worte von Baumgartl sind in der Welt – und sie werden so oder so ihre Wirkung entfalten.
Große Teile der Kabine verloren?
Thomas Reis hat offensichtlich bereits, wie man so schön sagt, große Teile der Kabine verloren. Das hat ntv.de aus dem Umfeld des Vereins erfahren. Insbesondere die Führungsspieler haben sich scheinbar von ihm abgewendet. Im Fußball geschehen zwar immer wieder Wunder, doch es müsste schon eine Menge passieren, dass der Trainer diese verzwickte Situation unbeschadet übersteht. Wahrscheinlicher scheint, dass auf Schalke bereits in naher Zukunft jemand anderes an der Seitenlinie stehen wird. Doch eine Sache könnte diese Entwicklung noch verzögern – und das hat unmittelbar mit den anderen Baustellen auf Schalke zu tun. Denn aktuell ist nicht absehbar, dass der im Sommer 2024 auslaufende Vertrag mit Sportvorstand Peter Knäbel verlängert wird. Mehr noch: Eine überstürzte Verlängerung seines Kontrakts würde wohl sogar noch mehr Unruhe in den Verein bringen, denn Knäbels Arbeit wird allgemein kritisch gesehen.
Doch auch der neue Sportdirektor André Hechelmann ist auf Schalke bereits stark angezählt. Vor allem die Fans sind mit den getätigten Verpflichtungen auf dem Transfermarkt alles andere als zufrieden. Und auch die Experten kritisieren immer wieder die Kaderstruktur der Königsblauen. Hechelmann weiß zudem, dass auch der Trainer mit seiner Arbeit als Sportdirektor gehadert haben soll. Dass in den nächsten Tagen einer der drei auf Schalke seinen Hut nehmen muss, kann nur noch durch ein sportliches Wunder verhindert werden. Ansonsten stellt sich nur die Frage, wer zuerst gehen muss.
Schicksalsspiel gegen Paderborn?
Doch damit schließt sich direkt die nächste Baustelle der Königsblauen an. Denn mit jedem weiteren Rauswurf vergrößern sich die ausufernden finanziellen Probleme des Klubs. Eigentlich hatte man auf Schalke intern mit dem Aufstieg spekuliert. Doch davon ist der Verein momentan meilenweit entfernt. In den kommenden Spielen wird deshalb auch erst einmal der Fokus darauf liegen, den Abstand nach unten zu vergrößern. Denn angesichts der Turbulenzen und des Chaos im gesamten Klub halten nahestehende Beobachter des Vereins einen totalen Kontrollverlust aktuell für so wahrscheinlich wie lange nicht mehr. Eine Rückkehr zu stabileren Verhältnissen wird es nur durch die entsprechenden Ergebnisse auf dem grünen Rasen geben (können).
Noch ist die Saison für den FC Schalke 04 nicht (endgültig) verloren – doch im günstigsten Fall sollte die Mannschaft gleich am Freitagabend beim Tabellennachbarn in Paderborn mit dem Punkten anfangen. Ansonsten kann in der aktuellen Situation für nichts mehr garantiert werden. Und genau das sollte allen Beteiligten – Vorstand, Trainer und Mannschaft – bewusst sein. Die Fans haben den Ernst der Lage ohnehin schon lange erkannt. Sie sind momentan das Einzige, auf das sich der Verein zu 100 Prozent verlassen kann.
Quelle: ntv.de