Großer Bahnhof nach großer Leistung Der BVB lässt sich feiern
27.02.2011, 15:12 UhrDer entzauberte Titelverteidiger FC Bayern gratuliert brav zur Meisterschaft und auch beim BVB ist der Titel ab sofort kein Tabuthema mehr. Dennoch gilt auch nach der Demonstration der Dortmunder Stärke beim Erzrivalen weiter: Abheben verboten. Die BVB-Fans sind auch so selig und feiern ihr Team.

Der große Triumphator: BVB-Coach Jürgen Klopp hat mit der besten Mannschaft der Liga die teuerste in deren Stadion entzaubert.
(Foto: REUTERS)
Rund 250 BVB-Fans haben am späten Samstagabend gegen Mitternacht den Weg zum Flughafen in Paderborn gefunden, wo die Profis von Borussia Dortmund nach ihrem souveränen 3:1 im Bundesliga-Spitzenspiel beim Bayern München gelandet waren. Mit Fahnen, selbstgebastelten Meisterschalen und euphorischen Gesängen feierten die begeisterten Anhänger den Tabellenführer, der nur Stunden zuvor erstmals seit fast 20 Jahren das Prestigeduell beim Rekordmeister gewonnen hatte.
Nur langsam bahnte sich der Mannschaftsbus mit den müden Siegern den Weg durch die tanzende Menge. Trainer Jürgen Klopp und die Spieler bedankten sich winkend und mit dem Victory-Zeichen für den herzlichen Empfang. Der Triumph in München war für den Verein und die Fans ein Meilenstein auf dem Weg zur Meisterschaft.
Selbst Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke gab anschließend die gewohnte westfälische Zurückhaltung auf - und nahm das zuvor verbotene Wort in den Mund. "Wir befinden uns an einem Punkt, an dem wir sagen: Wir können und wollen Meister werden", sagte Watzke nachdem der BVB mit der jüngsten Startelf seiner Bundesliga-Geschichte den FC Bayern im eigenen Stadion entzaubert hatte.
Dezentes Meistertänzchen
Dass die Dortmunder Meister-Nachfolger der Bayern werden, war den Geschlagenen spätestens nach dem denkwürdigen Spiel klar. "Die deutsche Meisterschaft ist für uns mit dem heutigen Abend begraben", sagte Münchens Sportdirektor Christian Nerlinger, der zuvor noch erklärt hatte, er gönne immer nur den Bayern den Titel. Nun gratulierte er dem Gegner artig: "Ich denke, dass sie zurecht deutscher Meister werden."
Borussias Rasselbande gönnte sich derweil nach dem nahezu perfekten Auftritt ein vorgezogenes Meistertänzchen, Trainer Jürgen Klopp wollte von verfrühten Gratulationen jedoch weiterhin nichts wissen. "Wir brauchen keine übergeordneten Ziele, wirklich nicht", sagte er. Er will weiter nur von Spiel zu Spiel denken. Sein Musterschüler Nuri Sahin stimmte zu: "Wir haben einen direkten Konkurrenten auf Distanz gehalten. Das macht uns unheimlich stolz. Aber die Sache ist nicht durch."
Doch angesichts des Auftritts in München, mit dem die Westfalen sechs Wochen nach dem 3:1 bei Bayer Leverkusen den nächsten Konkurrenten im Kampf um die Meisterschaft überdeutlich in die Schranken verwiesen, scheint das Titelrennen nur noch Formsache.
Super konsequent und mutig

Drei der Dortmunder Jungspunde: Kevin Großkreutz und das Innenverteidiger-Pärchen Neven Subotic und Mats Hummels sind alle Jahrgang 1988.
(Foto: dapd)
"Wir waren super konsequent, frech und im richtigem Moment mutig", befand Klopp, der im Überschwang des Jubels über den ersten Dortmunder Erfolg bei den Bayern seit fast 20 Jahren seine kaputte Brille und eine leichte Blessur unter dem rechten Augenlid leicht verschmerzen konnte. "Bei unserem letzten Sieg in München wurden die meisten meiner Spieler noch gestillt." Stürmer Lucas Barrios war mit 26 Jahren der älteste BVB-Akteur beim Anpfiff.
Die vollmundigen Versprechungen der Bayern erwiesen sich nur als heiße Luft, das dominierende Team waren die Gäste. Völlig unbeeindruckt vom bayerischen Säbelrasseln spielten Klopps Mannen in der mit 69.000 Zuschauern voll besetzten Arena locker auf und machten durch die Treffer von Lucas Barrios (9.), Nuri Sahin (18.) und Mats Hummels (60.) den auch in dieser Höhe verdienten Sieg perfekt.
Einfaches Erfolgsrezept
Das Erfolgsrezept war so einfach wie wirksam: Die Bayern-Flügelzange von Arjen Robben und Franck Ribéry wurde von den laufstarken Gästen permanent gedoppelt und fast vollständig aus dem Spiel genommen. Blitzschnell schaltete der Spitzenreiter von Abwehr auf Angriff um und nutzte die Bayern-Schwächen wie beim Fehler des völlig indisponierten Bastian Schweinsteiger vor dem 1:0 eiskalt aus.
Auf dem Platz versprühten die Gäste unbändige Spielfreude, nach dem wichtigen Sieg auf dem Weg zum Titel und 16 Punkte Vorsprung auf die Bayern dann nur noch Genugtuung. "Diese drei Punkte hatten uns schon viele im Vorhinein abgerechnet", sagte BVB-Präsident Reinhard Rauball. "Es ist außerordentlich erfreulich festzustellen, dass Fakten am Ende doch wichtiger sind als Äußerungen im Vorfeld", sagte er spitz mit Blick auf die Münchner Verbalattacken vor dem Spiel. "Dass Bayern uns nicht mehr einholt, ist für mich jetzt Fakt."
Quelle: ntv.de, sid/dpa