Im Geld schwimmen, ohne zu ertrinken Der BVB steckt in der Millionenfalle
19.06.2013, 18:01 Uhr
Die BVB-Führung um Hans-Joachim Watzke hat den markigen Transferankündigungen noch keine Taten folgen lassen.
(Foto: dpa)
Erst stürmt Borussia Dortmund mit einem interessanten Konzept in die Herzen vieler Fußballfans: Der BVB hatte zwar wenig Geld, aber herausragende Spieler. Inzwischen verfügt der BVB über 100 Millionen Euro. Nur: Seine Wunschspieler bekommt der Klub trotzdem nicht.
Borussia Dortmund kann zum ersten Mal seit Jahren wirtschaftlich aus dem Vollen schöpfen. Mehr als 60 Millionen Euro spülte der Sturm ins Champions-League-Finale ein, weitere knapp 50 Millionen Euro kommen durch Verkäufe von Mario Götze, Ivan Perisic und Co. dazu. Der BVB schwimmt im Geld schwimmt - oder geht er unter?
"Wir werden in der kommenden Saison erheblich in die Mannschaft investieren. Und zwar nicht wie in der Vergangenheit einen Kagawa verkaufen und einen Reus holen, sondern Netto investieren. Sowohl in der Spitze, als auch in der Breite." BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke kündigte im März eine Transfer-Offensive an, wie es sie beim BVB seit Anfang des Jahrtausends nicht mehr gegeben hatte. Die Fangemeinschaft freute sich auf die Dzekos, Eriksens und Iscos dieser Fußballwelt, mit deren Hilfe der Ruhrpott-Club wieder die Bayern angreifen sollte.
Wenige Wochen später verkündete Mario Götze, Dortmunds größtes Juwel, seinen Abschied Richtung München. Ein Tiefschlag, der aber nach ein paar Tagen in eine "Jetzt erst recht"-Einstellung umschwenkte. Nach dem verlorenen Champions-League-Finale konnte der BVB mit rund 100 Millionen Euro Einnahmen planen und den Kader für die kommende Saison aufbauen.
Abgänge statt Verstärkungen
Doch statt neue Spieler zu präsentieren, wurde der Kader von der BVB-Führungstroika ausgedünnt. Schon verliehene Spieler wie Daniel Ginczek und Julian Koch wurden verkauft, dazu wechselte Felipe Santana zum Revierrivalen nach Schalke. Zuletzt wurden auch die Talente Moritz Leitner und Leonardo Bittencourt abgegeben.
Auf der anderen Seite wurde bislang nur der Bremer Verteidiger Sokratis für 10 Millionen Euro verpflichtet. Der gelernte Innenverteidiger wird für ein halbes Jahr umfunktioniert und soll Lukasz Piszczek, der wohl die gesamte Hinrunde wegen einer Hüftverletzung ausfällt, ersetzen. Ob der Grieche aber die Qualität mitbringt, einen der stärksten Rechtsverteidiger der Liga zu ersetzen, steht in den Sternen.
Der so dringend benötigte kreative Spieler im offensiven Mittelfeld ist noch nicht in Sicht. Zwar besteht seit Monaten intensives Interesse an Kevin de Bruyne vom FC Chelsea, doch die Londoner sind nicht auf Ablösesummen angewiesen und sträuben sich bislang, den hochveranlagten Belgier ziehen zu lassen. Das Interesse an Christian Eriksen von Ajax Amsterdam, der einen Wechsel zum BVB favorisiert, scheint trotz gegenteiliger Meldungen abgeflacht.
Vereine erheben BVB-Aufschlag
Paradebeispiel für die finanzielle Zwickmühle, in der sich der BVB unerwartet wiederfindet, ist der geplante Transfer vom brasilianischen Talent Bernard. Anfang Mai verlangte der Club eine Ablöse von 10 Millionen Euro. Als sich das Interesse des BVB konkretisierte, wurden daraus schnell 25 Millionen Euro. Den Dortmundern eindeutig zu viel für eine "Wundertüte".
Selbstverständlich wissen auch andere Vereine, dass der Club im Geld schwimmt und in der Lage ist, große Transfers tätigen zu können und zu müssen, um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Genauso selbstverständlich ist, dass auch andere Vereine vom großen Geld profitieren wollen und bei Ablösesummen einen BVB-Aufschlag erheben.
Zorc beschwichtigt die Fans
Bis heute wurde kein weiterer Transfer vermeldet. Manager Michael Zorc versucht, die aufgebrachte Menge zu beruhigen: "Ich verstehe, dass die Fans neugierig und ungeduldig sind. Natürlich haben wir dieses Jahr eine besondere Situation. Aber wir lassen uns nicht treiben. Qualität geht vor Schnelligkeit."
Am 3. Juli ist Trainingsauftakt, der Transferstau droht die Saisonvorbereitung zu überschatten. Wenn sich Hans-Joachim Watzke an die Worte von Anfang März erinnert, müssten angesichts der Abgänge noch mindestens sechs neue Spieler her. Ansonsten ist der BVB zwar steinreich, aber in der Spitze wohl nicht mehr konkurrenzfähig.
Quelle: ntv.de, sport.de