Fußball

Willi Schulz wird 80 Der Chefreinhauer des HSV

"Hier abba sitzte schön auffe Wildledersofa": Willi Schulz beim Hamburger SV.

"Hier abba sitzte schön auffe Wildledersofa": Willi Schulz beim Hamburger SV.

Willi Schulz, der für den HSV und Schalke in der Fußball-Bundesliga spielte, kommt aus dem Ruhrgebiet. Genauer gesagt, aus Günnigfeld. Nach dem WM-Endspiel 1966 gegen England nennen sie ihn World-Cup-Willi. Heute feiert er seinen 80. Geburtstag.

Es gibt diesen schönen Filmausschnitt aus dem Jahr 1963. Willi Schulz, der Junge aus dem Ruhrgebiet, genauer aus Wattenscheid-Günnigfeld, steht in seiner Kneipe an der Hochstraße im heute eingemeindeten Bochumer Stadtteil hinterm Tresen und blickt in die Kamera. Er trägt ein weißes Hemd mit Krawatte und darüber einen Pullunder. Zwischen den locker im herrlichsten Ruhrpott-Slang vorgetragenen Sätzen versucht der 24jährige Besitzer eines Bierlokals ein Pils zu zapfen. Es schäumt tüchtig. In wenigen Wochen wird die Fußball-Bundesliga starten. Ganz Deutschland schaut erwartungsvoll dieser großen Premiere am 24. August entgegen.

Berliner Olympiastadion, 5. Mai 1963: Willi Schulz im Trikot der deutschen Nationalmannschaft beim Länderspiel gegen Brasilien. Der Mann links schoss übrigens das Tor zum 1:2-Endstand. Wer weiß, wer das ist, schickt bitte keine Mail an unseren Autor, der Pelé natürlich kennt, sondern lieber an sport at nama.de. Vielen Dank!

Berliner Olympiastadion, 5. Mai 1963: Willi Schulz im Trikot der deutschen Nationalmannschaft beim Länderspiel gegen Brasilien. Der Mann links schoss übrigens das Tor zum 1:2-Endstand. Wer weiß, wer das ist, schickt bitte keine Mail an unseren Autor, der Pelé natürlich kennt, sondern lieber an sport at nama.de. Vielen Dank!

(Foto: imago/Horstmüller)

Schulz ist voller Zuversicht, aber auch pragmatisch. Seine Devise: "Man muss ja erst abwarten, ob die Bundesliga anläuft und wie sie anläuft und ob man dadurch gesichert ist als Fußballer. Und dann gleichzeitig, wenn ich meinen Beruf dabei ausführe, werde ich zusehen, wenn meine Lizenzspielerzeit abgelaufen ist, so in circa zehn Jahren hoffe ich, wenn man nicht verletzt wird, dass ich dann gleichzeitig wieder meinen Beruf habe und dadurch dann weiterhin im Leben gesichert sein werde."

Knapp ein Jahr später steht sein Verein, der FC Schalke 04, vor dem Essener Landgericht. Der Vorwurf: Steuerhinterziehung, Urkundenfälschung und Betrug. Der Vorstand soll weniger Karten abgerechnet haben, als er tatsächlich verkaufte. Die Differenz kam in eine "Schwarze Kasse", aus der Spielern Prämien und Handgeld gezahlt wurde. Einer der Profis, der ein paar Scheine extra bekam: Willi Schulz. Doch ein paar Scheine sind untertrieben. Knapp 25.000 DM waren es. Viel Geld in der damaligen Zeit.

Doch Schulz war es den Schalkern wert. Denn bereits vor seinem Wechsel von Union Günnigfeld zu den Königsblauen im Jahr 1960 streifte er dreimal das Trikot der deutschen Nationalmannschaft über. Fast unglaublich, wenn man bedenkt, dass sein Verein in der drittklassigen westfälischen Staffel 2 spielte. Die Schalker Fans liebten ihren Willi - und Schulz liebte das Ruhrgebiet und seinen Verein. Auch als die ersten gut dotierten Angebote reinflatterten, schwor der Günnigfelder seinem Klub immer noch die ewige Treue. Kess behauptete er: "Ehe ich von Schalke weggehe, lasse ich mir beide Beine abhacken."

"Tschinn und Tonnick"

Doch kurz nachdem er das gesagt hatte, stand sein Wechsel zum Hamburger SV fest. Seine königsblauen Anhänger nahmen ihrem Willi den Sprung in die Hansestadt und den gebrochenen Treueschwur sehr übel. Für Schulz jedoch begann 1965 ein neues Leben. Ein Leben, das ihm ganz offensichtlich sehr gefiel, wie er einem Reporter erzählte: "Weisse, im Pott gehse inne ordinäre Kneipe. Anne Theke stehnse sich die Füße platt und saufen Pils und Korn. Hier abba sitzte schön auffe Wildledersofa und trinks Tschinn und Tonnick."

World-Cup-Willi.

World-Cup-Willi.

(Foto: imago/WEREK)

Das war wohl auch der Grund, warum sich Schulz in Hamburg sogleich in ein bekanntes und geschätztes Etablissement auf der Reeperbahn einkaufte. Der Werbespruch des Hotels Lausen lautete: "Die internationale Damenwelt erwartet Sie!" Dorthin lud der HSV-Mannschaftskapitän gerne ein. Unten gab es in angenehmem Ambiente Tanz und Torten und oben die offerierte Damenwelt. Anfangs verstanden einige Kollegen die Einladungen von Schulz noch falsch - sie ließen es sich auch oben auf seine Kosten gutgehen.

Doch diesen Zahn zog ihnen der Junge aus dem Ruhrgebiet schnell. Er selbst beehrte seine Lokalität allerdings nur selten: "Ich betrete sie nur zum Abkassieren." Geschäftstüchtig war Schulz sein Leben lang. Legendär ist die Geschichte von seinem Abschiedsspiel. Damals nahm er 130.000 DM ein. Doch das Geld nahm Schulz nicht mit nach Hause. Er beließ es beim HSV. Das sorge für Schlagzeilen. Der Verein habe Schulz "angepumpt", hieß es. Doch die Aufregung war umsonst. Schulz strich zehn Prozent Zinsen ein, der HSV sparte sich den Weg zur Bank - und zu wesentlich teureren Darlehen.

"Ich bin kein Typ für Blumen"

Beim HSV nannten ihn die Kollegen "Chefreinhauer", nicht nur weil Schulz in seiner Zeitungs-Kolumne kein Blatt vor den Mund nahm. Er selbst sagte einmal über sich: "Ich bin kein Typ für Blumen." Das bekam auch die große Legende Pelé zu spüren. Voller Ehrfurcht meinte er: "Das Leben könnte so schön sein, wenn es den säbelbeinigen Schulz nicht gäbe."

Einer von Schulz’ größten Erfolgen war das Erreichen des Endspiels gegen England bei der WM 1966, das Deutschland auch aufgrund des legendären Wembley-Tors knapp verlor. Bei dieser Weltmeisterschaft in England wurde Schulz der Spitzname World-Cup-Willi, nach dem gleichnamigen Maskottchen der WM, verpasst. Knapp 45 Jahre nach dem Finale wurde übrigens behauptet, drei DFB-Spieler seien damals positiv auf Ephedrin getestet worden.

Schulz sagte: "Als ich das gestern im Autoradio gehört habe, wäre ich vor Lachen fast gegen den Baum gefahren. Dass bei uns einer im Team Schnupfen hatte, das glaube ich auch nicht. Nur nach dem Endspiel waren wir etwas verschnupft, weil wir verloren hatten." Auch nach seiner Laufbahn blieb Schulz fit wie und eh je, nahm kein Gramm zu und ist noch immer schlagfertig: "Das macht die viele Arbeit und die gute Pflege von der Ingrid." Zum Geburtstag wird es der Mann aus dem Ruhrgebiet, der nach seiner Karriere in Hamburg blieb, heute sicherlich etwas ruhiger angehen lassen. Herzlichen Glückwunsch und Glück auf!

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen