Fußball-Frauen auf dem Boden der Tatsachen Der Glanz des EM-Titels ist verblasst
20.09.2013, 09:50 Uhr
Am Samstag startet die WM-Quali gegen Russland - auf vier verletzte Spielerinnen muss Trainerin Neid verzichten.
(Foto: picture alliance / dpa)
Gerade mal 54 Tage ist es her, dass die deutschen Fußballerinnen den achten EM-Titel holten. Doch Bundestrainerin Neid spricht schon von "Schnee von gestern". Ab Samstag geht die WM-Quali gegen Russland los. Doch was ist das los im Lager der Deutschen?

Hier feiern die Fußballfrauen noch ihren EM-Titel im Sommer, jetzt geht es mit voller Konzentration in die WM-Quali.
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Der größte Wunsch vor dem Start in den neuen Länderspiel-Abschnitt ging zum Leidwesen von Silvia Neid nicht in Erfüllung. "Das Ziel ist, dass wir von der Verletztenmisere nicht nochmal eingeholt werden", sagte die Bundestrainerin. Doch beim Start der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft in die WM-Qualifikation mit dem Spiel gegen Russland an diesem Samstag (15.00 Uhr/ZDF) in Cottbus beklagt Neid schon wieder vier Ausfälle. Die Europameisterinnen Svenja Huth (Kreuzbandriss), Josephine Hennig und Jennifer Cramer (beide Knieverletzung) sowie Anja Mittag (Fingerbruch) müssen im Stadion der Freundschaft passen.
"Es scheint so, als bliebe uns das Verletzungspech, das wir vor der EM hatten, auch jetzt treu", stellt DFB-Abwehrchefin Annike Krahn fest. "Aber wir haben in der Vergangenheit gezeigt, dass wir das gut wegstecken können." So ist das Pech der einen das Glück der anderen. Die vor der EM aussortierte Stürmerin Alexandra Popp von Triple-Sieger VfL Wolfsburg und Bayern Münchens Mittelfeldspielerin Katharina Baunach erhalten nun unverhofft eine neue Chance.
Im März 2009 bestritt die 24 Jahre alte Würzburgerin ihr erstes von nur zwei Länderspielen, danach verhinderte eine ganze Serie von Verletzungen weitere Einsätze. Insgesamt musste Baunach zweieinhalb Jahre pausieren. Trotz dieser unglaublichen Leidenszeit kämpfte sie sich immer wieder zurück. "Für mich kam es nie infrage aufzugeben", betont Baunach. Wie Popp freute sie sich mächtig, als Co-Trainerin Ulrike Ballweg anrief und sie nach Cottbus einlud.
Junge Mannschaft soll sich weiterentwickeln

Silvia Neid ist seit Juli 2005 Bundestrainerin der Nationalmannschaft der Frauen.
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Dabei hatte Neid für das Russland-Spiel zunächst ausschließlich Spielerinnen berufen, die beim EM-Titelgewinn vor 54 Tagen in Schweden dabei waren. "Es gibt keinen Grund zu sagen: Ich wechsele die eine oder andere aus. Wir wollen unsere junge Mannschaft kontinuierlich weiterentwickeln, nicht nur in den Vereinen, auch international. Denn wir wollen einen gute WM spielen."
Die Weltmeisterschaft in Kanada 2015 - das ist das nächste große Ziel des achtmaligen Europameisters. Dort soll die Erinnerung an die schwache WM 2011 im eigenen Land endgültig von den Festplatten gelöscht werden. Die erste Hälfte der langen Wegstrecke haben die DFB-Frauen mit dem EM-Triumph bereits mit Bravour zurückgelegt. Neid, die 2011 nach heftiger öffentlicher Kritik kurz vor der Aufgabe gestanden hatte, schaffte es, ein neues und hungriges Team mit glänzender Perspektive aufzubauen. So seltsam es klingt: Der überraschende und daher umso schönere EM-Gewinn in Schweden war nur ein Etappenziel.
Nun bitte Konzentration
"Man muss der Mannschaft klarmachen, dass der EM-Titel Schnee von gestern ist. Dass wir jetzt schon wieder nach vorne schauen müssen", betont die Fußball-Lehrerin. Neben Russland - bei der EM unglücklich erst durch Losentscheid im Duell mit Dänemark nach der Vorrunde ausgeschieden - wartet nun der erste Prüfstein in der WM-Quali. "Das ist der schwerste Gegner in unserer Gruppe. Da müssen wir sehr konzentriert zur Sache gehen", warnt Neid.
Weitere Konkurrenten sind Slowenien, Kroatien, die Slowakei und Irland. Da nur die jeweiligen Gruppensieger der bis September 2014 dauernden UEFA-Qualifikation das WM-Ticket direkt lösen, wäre ein Auftakterfolg gegen das Team von Trainer Sergej Lawrentiew schon viel wert. Krahn: "Wir wollen unbedingt mit drei Punkten starten und am liebsten alle zehn Qualifikationsspiele gewinnen. Da darf es keine Rolle spielen, dass wir gegen den besten Gegner starten."
Quelle: ntv.de, Ulli Brünger und Ulrike John, dpa