Fußball

Vom Hassobjekt zum FC Mutter Teresa Die Bayern retten die Kleinen

Auch die Fans von Alemannia Aachen dankten Uli Hoeneß

Auch die Fans von Alemannia Aachen dankten Uli Hoeneß

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein Gigant mit einem Herz für Schwache: Mit Benefizspielen rettet der FC Bayern München regelmäßig Vereine in Finanznot. Doch die Solidarität dient auch dem Image - und wird gern mal über Bord geworfen, wenn es gegen die Konkurrenz geht.

Wenn Uli Hoeneß dieser Tage einmal traurig ist, sollte er sich eine DVD vom Spiel seines FC Bayern beim FC Hansa Rostock am Sonntag anschauen. Er würde ein Plakat auf der Gegentribüne entdecken, Hansa-Fans hatten es aufgehängt. "Danke Bayern! Danke Uli!" stand darauf geschrieben.

Eine Million Euro nahmen die chronisch klammen Rostocker mit dem Benefizauftritt ein, der Triple-Gewinner verzichtete auf eine Gage. Eingefädelt hatte die Aktion die Vereinsführung um Uli Hoeneß. Reden will der FC Bayern nicht so gern über sein soziales Engagement. "Unser Motto ist: Tue Gutes und sprich nicht darüber", sagt Pressesprecher Markus Hörwick n-tv.de. "Wir hoffen einfach, dass es Hansa Rostock hilft."

Das Spiel gegen Hansa gewannen die Bayern übrigens mit 4:0, einer der Torschützen: Thomas Müller.

Das Spiel gegen Hansa gewannen die Bayern übrigens mit 4:0, einer der Torschützen: Thomas Müller.

(Foto: dpa)

Das Publikum jedenfalls zeigte sich dankbar, vor allem Präsident Uli Hoeneß gegenüber. Der stellte sich gern als ehrlichen Arbeiter dar, der es geschafft hat, aber seinen Erfolg teilt, zum Wohle der Gesellschaft. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, wie die Steueraffäre Hoeneß zeigt. Und auch der Imagewandel der einstmals so unbeliebten Bayern zum FC Mutter Teresa hat einen Beigeschmack.

Denn gönnen muss man können, und der FC Bayern hat sich seine starke Position mit harten Bandagen erarbeitet. Solidarität kommt an zweiter Stelle. Umso besser, wenn sie sich als nützlich erweist.

Ein Benefizspiel gegen den FC St. Pauli im Sommer 2003 begründete den Ruf des FC Bayern als Verein mit Herz für die Schwachen. Eng verbunden ist dieses Image mit Präsident Uli Hoeneß. Das muss man sich vorstellen: Nach dem Spiel drehte Hoeneß eine Ehrenrunde am Millerntor, dort, wo die Fans ihn stets gehasst hatten. Für sie stand er symbolisch für das System, für die Gier nach Macht und Geld. Bis er ihren Verein vor der Pleite bewahrte. Weitere Benefizspiele folgten, gegen Aachen, jetzt gegen Rostock. Das Image von Uli Hoeneß verbesserte sich, und das des FC Bayern gleich mit. Die Solidarität zahlte sich aus.

Von der Konkurrenz nehmen, den Ärmsten geben

Keine Gnade kennen die Bayern, wenn es um ihren sportlichen Vorteil geht – auch wenn sie gern etwas anderes behaupten. Jüngstes Beispiel: Als mit der Dominanz des Triple-Teams die Langeweile in die Ligaspitze einzog, warnte Uli Hoeneß vor "spanischen Verhältnissen" und zeigte sich besorgte um die sportliche Lage der Konkurrenz. Nur, um Wochen später das Festgeldkonto um 37 Millionen Euro zu erleichtern und den Kader um Superstar Mario Götze vom Erzrivalen aus Dortmund zu erweitern. Eine bewährte Strategie, seit Jahrzehnten kaufen die Bayern gezielt die Topspieler der Ligakonkurrenten weg. Andreas Herzog aus Bremen, Michael Ballack und Ze Roberto aus Leverkusen, Mario Gomez aus Stuttgart. Die Liste ist so lang wie das Festgeldkonto fett.

Gefüllt wird die Kasse vor allem von den Einnahmen aus der Champions League. Die wollte Karl-Heinz Rummenigge noch 2006 zu einer geschlossenen Liga machen. Damals war Rummenigge Vertreter der Bayern im G14, des Interessenverbandes der größten – sprich wirtschaftskräftigsten – europäischen Klubs. Und Solidarität mit kleineren Vereinen war ein Fremdwort für ihn. Der Plan der G14: Wer einmal in der Champions League drin war, sollte auch drin bleiben, egal, wie der Verein in der Liga abschneidet. Neuzugänge in der Beletage waren nicht willkommen. Bayern-Pressesprecher verteidigt den Plan rückblickend als "Taktik": "Manchmal muss man mit gewissen Szenarien drohen, damit sich etwas bewegt."

Der Plan einer geschlossenen Champions League scheiterte, und mit den Investitionen von milliardenschweren Oligarchen wie Roman Abramowitsch beim FC Chelsea geriet plötzlich die Hackordnung durcheinander. Der FC Bayern hatte am Transfermarkt das Nachsehen, die Vereine aus England, Spanien und Italien zahlten viel höhere Gehälter. Rummenigge verlor die Lust an der G14, drohte sogar mit dem Austritt der Bayern. "Im Fußball herrscht der pure Egoismus", sagte er damals. Und forderte einen "fairen Wettbewerb". Auf einmal wieder ganz solidarisch.

Zurückhaltung ist angebracht

Die Zeiten sind vorbei, die Rufe nach einer Gehaltsdeckelung und einer europaweiten TV-Zentralvermarktung auch. Heute sitzt Bayern auf dem europäischen Fußball-Thron und leistet sich den begehrtesten Trainer der Welt. Da bleibt Zeit für die, die es nicht so gut haben. "Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge sehen es als Tradition unseres Klubs, da zu helfen, wo Not am Mann ist. Das ist aller Ehren wert", sagte Sportvorstand Matthias Sammer am Rande des Benefizspiels in Rostock.

Ja, einem notleidenden Traditionsverein zu helfen, das ist aller Ehren wert. Aller Ehren wert war auch das soziale Engagement von Uli Hoeneß. Aber er hat auf der einen Seite mit illegalen Mitteln seinen persönlichen Vorteil gesucht und sich auf der anderen Seite für seine Wohltätigkeit feiern lassen. Der FC Bayern tut vielleicht gut daran, aus Hoeneß' Fehlern zu lernen, und wenig über Solidarität zu sprechen.

Quelle: ntv.de

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