Herrlich beim VfL Bochum Die Mannschaft zieht mit
28.10.2009, 15:09 UhrDer erste Arbeitstag beim VfL Bochum begann für Heiko Herrlich früh. Bereits kurz nach halb neun hatte der neue Coach mit seinem Team den Trainingsplatz präpariert: Zehn Bälle, gelbe und rote Hütchen - alles symmetrisch angeordnet.
Als sich der 37-Jährige mehr als anderthalb Stunden später auf dem Rasen zeigte, erlebten die rund 80 Zaungäste einen lauten Übungsleiter. "Die Statistik zeigt ganz klar, dass wir die meisten Ballverluste haben", brüllte er über den Fußball-Platz, als ein Pass wegspringt. "Die einfachen Dinge gut machen", gab er als Maxime aus, um den Klub vom 17. Tabellenplatz zu führen.
Seine klaren Vorstellungen, unglaubliche Begeisterungsfähigkeit und Leidenschaft hatten den VfL nach Aussage von Sportvorstand Thomas Ernst überzeugt, Herrlich eine erste Chance als Bundesliga-Trainer zu geben. "Ich sehe eine absolute Bereitschaft. Die Mannschaft zieht voll mit", erklärte der Nachfolger von Interimscoach Frank Heinemann nach der ersten Einheit. Herrlich ist sicher: "Die Mannschaft hat die Bereitschaft, aus einer großen, schnellen Katze ein Löwe zu werden." Die Partie bei Eintracht Frankfurt am Sonntag empfindet der frühere Nationalstürmer als "Riesen-Herausforderung": "Aber mir hat ja keiner die Pistole auf die Brust gesetzt."
Sanfter Druck auf den DFB
Sanften Druck übte vielmehr Herrlich aus, um den Deutschen Fußball-Bund (DFB) zur Freigabe aus seinem Vertrag als U-19- Nationaltrainer zu bewegen. In der vergangenen Woche habe er sich in den Flieger gesetzt, DFB-Sportdirektor Matthias Sammer einen Überraschungsbesuch abgestattet und dabei auch kein "Ja, aber" akzeptiert. "Mein Wunsch und meine Überzeugung waren so groß. Er hat sich für mich gefreut. Natürlich hat er versucht, mich zu überzeugen. Aber das empfinde ich als Wertschätzung", sagte Herrlich.
Großen Respekt äußerte er auch für die Arbeit anderer früherer Weggefährten: "Ich habe von jedem Trainer versucht, das Beste mitzunehmen. Letztendlich bin ich aber Heiko Herrlich und muss authentisch bleiben." Wie der heutige Bondscoach Bert van Marwijk die einfachen Dinge bei Borussia Dortmund konsequent einforderte, hat ihn beeindruckt. Bei der zweiten Mannschaft des FC Barcelona hospitierte Herrlich. Leidenschaft, Disziplin und Motivation stellen für ihn "Basiselemente" dar. "Eines ist das Wichtigste: Du musst auch den Zugang zu den Menschen haben. Da ist Ottmar Hitzfeld für mich der überragende Trainer", erzählte er.
Mit direkter Ansprache bringt er sich auf dem Platz ein. Stanislav Sestak erhielt einen Rüffel, da er keine Schienbeinschoner trug. "Willst du lieber ein Schild auf der Brust 'Bitte nicht berühren'", habe er den einsichtigen Stürmer gefragt, erzählte Herrlich. Klare Ansagen hatte einst auch Sammer dem Spieler und Trainer Herrlich stets vermittelt. "Wenn ich Kinder hart erziehe und kritisiere, sind sie einem irgendwann dankbar", sagte der neue VfL-Trainer.
Quelle: ntv.de, Florian Lütticke, dpa