Klubs beklagen Intransparenz Die Milliardenfrage reißt am deutschen Fußball
18.05.2023, 14:26 Uhr
Axel Hellmann (l.) und Hans-Joachim Watzke kommen langsam ins Grübeln.
(Foto: picture alliance/dpa)
Hinter dem milliardenschweren Einstieg eines Investors bei der DFL stehen immer größere Fragezeichen, der Profifußball steht vor einer Zerreißprobe. Zweitligist FC St. Pauli will endlich Antworten auf seine Fragen und den Prozess verschieben. Das wäre ein Affront gegen die DFL-Führung.
Das läuft so gar nicht nach den Vorstellungen der Ligabosse: Anstatt den anvisierten Einstieg eines Investors bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) dank breitem Konsens zügig in der nächsten Woche einzutüten, droht der Milliarden-Deal an den Skeptikern zu scheitern. Der Profifußball steuert auf eine Zerreißprobe zu, getrieben von den Topklubs erscheint die Abspaltung der Bundesliga vom Rest als Folge der Uneinigkeit mittlerweile nicht mehr unrealistisch.
Die Debatte über die Gründung eines elitären Klubs und dem damit einhergehenden Ende der "Subventionen" für die kleineren Vereine ist kaum zu verhindern, wenn der Plan von Oke Göttlich umgesetzt wird. Der Präsident des Zweitligisten FC St. Pauli will die Entscheidung über die Aufnahme von Verhandlungen mit den vier potenziellen Investoren bei der Versammlung der Klubchefs am 24. Mai verschieben lassen und hat einen entsprechenden Antrag angekündigt.
"Ich werde unter den jetzigen Bedingungen nicht zustimmen", sagte Göttlich bei "Zeit Online": "Meine Fragen wurden bislang nicht vollständig beantwortet", begründete der 47-Jährige seine Haltung. Man dürfe "nichts übers Knie brechen", sagte Göttlich: "Ich persönlich bin in der Haftung, nicht nur als Teil des DFL-Präsidiums, sondern auch gegenüber meinen Mitgliedern im Verein."
Nötige Mehrheit längst nicht mehr sicher
Eine Verschiebung müsste allerdings als Affront gegen die beiden DFL-Interimsbosse Axel Hellmann und Oliver Leki gewertet werden. Schließlich haben beide erst vor zwei Wochen ihre Pläne inklusive detailliertem zeitlichen Ablauf vorgelegt. Schon bei einer weiteren Versammlung Anfang oder Mitte Juli ist das grüne Licht für den ausgewählten Investor angepeilt.
Der Kapitalgeber soll 12,5 Prozent der Anteile einer noch zu gründenden Tochtergesellschaft, in welche die Medienrechte ausgelagert werden, über 20 Jahre erwerben. Dadurch sollen zwei Milliarden Euro erlöst werden, die in erster Linie (750 Millionen Euro) in die Zentralvermarktung und den Aufbau einer Streamingplattform gesteckt werden sollen.
300 Millionen Euro sollen zur freien Verwendung an die Klubs gehen (getreu dem derzeit geltenden Verteilerschlüssel), der Rest ist zweckgebunden für Investitionen in die Infrastruktur. Kritiker warnen vor einer weiteren Zementierung der Kräfteverhältnisse und vor der möglichen Einflussnahme eines Investors.
Droht der DFL sogar die Spaltung?
Doch selbst wenn es zu keiner Verschiebung der Abstimmung unter den 36 Klubs kommt, gilt die nötige Zweidrittel-Mehrheit längst nicht als sicher. Dass Leki ein Votum jenseits der Zweidrittel-Marke als nötig betrachtet ("Es muss uns gelingen, dass es deutlicher wird"), macht die Ausgangslage nicht einfacher.
Dazu kommen die Proteste zahlreicher Fangruppen, die eine Zustimmung für einige Vereinsbosse erschweren. Es wird mit einer geheimen Abstimmung gerechnet, damit die Klubs in der Öffentlichkeit nicht als Befürworter oder Gegner ausgemacht werden können. Leki lässt keinen Zweifel daran, was er von fehlender Transparenz hält: "Ablehnung ist auch in Ordnung, das muss man dann aber auch sagen."
Bei einem Scheitern des Investoren-Modells sieht Leki allerdings den Zusammenschluss der Erst- und Zweitligisten in der DFL bedroht. Das Ausscheren der Bundesligisten würde dann zumindest diskutiert werden. "Ich bin ein großer Fan der 36", äußerte Leki bei Bild-TV: "Ich könnte mir aber vorstellen, dass die Debatte geführt wird."
Quelle: ntv.de, sue/sid