Wechsel-Machtwort oder Transfer-Kalkül? Dortmunds Eiertanz um Lewandowski
10.06.2013, 12:08 Uhr
Rot steht ihm auch: Robert Lewandowski im Einsatz für die polnische Nationalmannschaft.
(Foto: dpa)
Sturmstar Robert Lewandowski will Borussia Dortmund verlassen und zu Fußball-Rekordmeister FC Bayern wechseln. Das ist längst unstrittig. Nur was der BVB möchte, bleibt weiter offen: seinen Toptorjäger behalten, den Preis für die Münchner hochtreiben oder Lewandowski ins Ausland verkaufen? Dortmunds Wechsel-Veto jedenfalls hält keine 24 Stunden.
Ob Hans-Joachim Watzke ein guter Pokerspieler ist, ist nicht bekannt. Im schier endlosen Gezerre um Robert Lewandowski beweist der Geschäftsführer von Borussia Dortmund aber, dass er die Grundsätze des Spiels verstanden hat: Aus den eigenen Karten das Beste rausholen, sein Gegenüber hinters Licht führen und im besten Fall den Gewinn einstreichen. Nach dem Wochenende stellt sich allerdings die Frage, ob sich Watze nicht verzockt.
Am Sonntag schien das Transfer-Theater um Lewandowski endlich ein Ende gefunden zu haben. "Robert wird 2013 definitiv nicht zum FC Bayern wechseln. Das ist endgültig", so die Worte von Watzke. Weil der Pole zu keinem anderen Verein als den Bayern will, schien damit alles gesagt und geklärt. Lewandowski bleibt noch eine Saison beim BVB, wechselt dann nächsten Sommer ablösefrei nach München. Eine Entscheidung, die der Stürmer laut BVB "professionell aufgenommen" habe.
Keine 24 Stunden später hat sich das Blatt trotzdem wieder gewendet. Nun möchte Watzke nicht mehr ausschließen, dass Lewandowski die Schwarz-Gelben doch noch verlässt. "Wir wollen mit allen Beteiligten eine Konsens-Lösung finden. Deshalb sage ich jetzt nicht, er bleibt definitiv und das ist so für alle Tage." Der Angreifer werde in dieser Wechselperiode aber "sicher nicht" nach München wechseln, so Watzke. Wahre Worte oder doch nur Kalkül, um die Ablöse in die Höhe zu treiben?
Lewy will weg, Bayern will ihn - was will Dortmund?
Bleiben wir bei den Fakten und den Aussagen der "Beteiligten", wie Watzke die Spieler am Transferpokertisch bezeichnet. Lewandowski ist noch ein Jahr an die Borussia gebunden und hat keine Ausstiegsklausel im Vertrag. In München ist man sich dennoch einig, den 24-Jährigen lieber heute als morgen in den eigenen Reihen haben zu wollen. Das Problem: Die Trümpfe halten in diesem Fall nicht die Münchner in den Händen, sondern die "Beteiligten" aus Dortmund.
Im Revier scheinen sich die Verantwortlichen nicht so einig zu sein. Während Watzke nun also klarstellt, dass Lewandowski durchaus zu einem anderen Verein wechseln darf, sagte Sportdirektor Michael Zorc zu "Sport Bild Plus": "Wir wissen ja, dass Robert nur zu Bayern möchte. Deshalb wird es so sein, dass er jetzt bei uns bleibt." Klingt logisch, deckt sich aber nicht mit den Aussagen von Watzke. Warum?
In Dortmund werden sie davon nichts wissen wollen, aber die Worte von Watzke sind nicht mehr als die üblichen Spielchen im Poker um die Ablöse. Öffentlich sagen die Bosse, man verzichte lieber auf die kolportierte Ablöse von 25 Millionen Euro als auf seinen Torjäger, doch intern werden längst alle Augen nach einem adäquaten Nachfolger offen gehalten. Lewandowskis deutscher Berater Maik Barthel verzichtete daher darauf, nach dem Wechsel-Veto Öl ins Feuer zu gießen. Er ließ lediglich mitteilen: "Wir kommentieren das nicht."
Konsens heißt: richtige Geldsumme
Barthel weiß auch: Wenn Watzke von einer "Konsens-Lösung für alle Beteiligten" spricht, hat er dabei vor allem das Geld im Auge. Zahlen die Bayern am Ende mehr als die 25 Millionen Euro, darf er sich hinterher auf die Schulter klopfen. Deshalb äußert er auch den "expliziten Wunsch, dass Robert nächste Saison für Borussia Dortmund spielt".
Lewandowski selbst hat auch einen Wunsch. "Es wäre das Beste für alle, wenn ich wenn ich in diesem Sommer zu meinem Wunschverein wechseln könnte", ließ der Pole dieser Tage in seiner Heimat wissen. Nur: das Leben ist kein Wunschkonzert, wie Watzke klarstellt: "Die Akte Bayern ist 2013 geschlossen, das stellen wir wirklich ganz unaufgeregt und ohne Groll fest. Wenn Robert trotzdem nach München möchte, hat er im nächsten Jahr die Gelegenheit dazu."
Weiterbeschäftigung ist ein Risiko
Dann ist Lewandowski ablösefrei, Dortmund verzichtet also auf eine Ablöse. Wie es sich für einen guten Pokerspieler gehört, behält Watzke jedoch die Alternativen im Auge. So sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Dortmund mit Lewandowski eine ähnliche erfolgreiche Saison in der Champions League spielt wie diese Runde und dementsprechend viel Geld einnimmt, meint Watzke. "Vermutlich sogar mehr, als die Ablösesumme einbringen würde."
Die Chance besteht, aber Dortmund geht ein Risiko. Der Erfolg ist nicht garantiert, zudem läuft man Gefahr, seinen Stürmer zu vergraulen. Es ist nicht auszuschließen, dass Lewandowskis Leistungen leiden, sollte er in Dortmund bleiben müssen. Wie beim Pokern kann man sich auch auf dem Transfermarkt verzocken. Aber wer Watzke kennt, weiß auch, dass er auch die Faktoren wohl berücksichtigt haben wird.
Quelle: ntv.de, sport.de