Fußball

Das Beste, was passieren konnte Für den FC Bayern steht jetzt alles auf dem Spiel

Vorfreude auf einen Fußballkracher: Thomas Müller und der FC Bayern treffen auf Bayer Leverkusen.

Vorfreude auf einen Fußballkracher: Thomas Müller und der FC Bayern treffen auf Bayer Leverkusen.

(Foto: dpa)

Im Achtelfinale der Champions League bekommt Fußball-Deutschland ein großes Geschenk: Der FC Bayern und Bayer Leverkusen treffen aufeinander. Und in diesem Duell geht es um so viel mehr als "nur" um die nächste Runde.

Losglück für den FC Bayern war an diesem Freitagmittag ausgeschlossen. Im Achtelfinale der Champions League, das war schon klar, würde es knüppeldick für den Rekordmeister kommen. Zur Auswahl standen die knallharten Abwehrmonster von Atlético Madrid um den gnadenlos emotionalen Diego Simeone und die Meisterfußballer von Bayer Leverkusen. Die hatten die Münchner am Samstag im Spitzenspiel der Bundesliga derart hergespielt, dass danach historische Zahlen bemüht wurden, um die Unterlegenheit des FC Bayern zu dokumentieren.

Die Defensivriesen aus Spanien sind es nun nicht geworden. Sie treten im feurigen Stadtderby gegen Real Madrid an. Für Bayern heißt es abermals Leverkusen und Trainer Xabi Alonso, der für die Münchner bislang unbesiegbar ist. Für das Angstgegner-Los verantwortlich war bitterer Weise für die Münchner ihr ehemaliger Stürmer Giovane Elber. Eine dunkle Wolke hängt da nun, die einfach nicht verschwinden will. Sechsmal standen sich Alonsos Bayer und die Bayern gegenüber, dreimal bereits in dieser Saison, verloren hat der Baske noch nie. Mal bemühte der ehemalige Fußballer des Rekordmeisters das Glück, mal entzauberte er den FC Bayern. Wie am vergangenen Samstag, als er den perfekten Plan entwickelt hatte, den nur das Aluminium und Manuel Neuer durchkreuzten.

FC Bayern spielt gegen die eigene DNA

Die Münchner wurden in Schwerstarbeit gezwungen. Sie mussten ein Spiel gegen die eigene DNA spielen, hielten sich defensiv wacker und dennoch tobte anschließend ein Sturm der Kritik los. Historisch harmlos waren sie schließlich in der BayArena gewesen. Trainer Vincent Kompany lobte die Resilienz seiner Mannschaft. Das rettete ihn nur bedingt vor Diskussionen, die in dieser Saison immer mal wieder aufkamen, dann aber auch schnell verstummten. Nun aber geht es auch für den Belgier um die Bergung dieser Saison. Die wird für die Münchner nur dann noch als Erfolg durchgehen, wenn es in der Champions League sehr weit geht.

Ein Einzug ins "Finale dahoam" ist der große Traum. Das Ziel, das über allem schwebt. Wiederauferstehung in Europa, Wiedergutmachung für das Drama von 2012, als Chelseas Stürmer Didier Drogba dem FC Bayern die größtmöglichen Schmerzen zugefügt hatte. Mit dem Ausgleich in der 88. Minute (1:1) und dem finalen Treffer im Elfmeterschießen. Nach dem Fehlschuss von Bastian Schweinsteiger raubte der Ivorer den Münchnern das Herz.

Das "Finale dahoam", das soll es sein. Das hatte Sportboss Max Eberl gesagt. Das muss es vielleicht sogar sein. Die Meisterschaft mögen die Münchner mit dem chancenlosen und sehr hitzigen 0:0 in Leverkusen womöglich schon entschieden haben. Xabi Alonso war der taktische Sieger, dem nur die Krönung durch ein Tor versagt blieb. Und so wurde Kompany der faktische Sieger. Ohne zu glänzen. Im DFB-Pokal aber waren die Bayern bereits im Achtelfinale rausgeflogen - natürlich gegen Bayer (0:1). Bedingt auch, weil Torwart Manuel Neuer nach einem fatalen Ausflug aus dem eigenen Strafraum früh die Rote Karte gesehen hatte. Und nun, in der Königsklasse? Da wird so viel mehr entschieden als nur das Weiterkommen.

Kompany braucht mal einen großen Sieg

Die beiden deutschen Fußballgiganten spielen aus, wer die derzeit beste Mannschaft des Landes ist. Denn diese Frage blieb in der Saison unbeantwortet, trotz des großen Vorsprungs der Münchner in der Liga. Nun geht es in mindestens 180 Minuten um friss oder stirb. Ein Geschenk für den deutschen Fußball, der sich mit diesem Duell zumindest mit einer Mannschaft im Wettbewerb hält. Womöglich noch mit einer zweiten, aber wer möchte derzeit seriös prognostizieren, ob dieser BVB in der Lage ist, das vermeintlich leichte Los OSC Lille zu nutzen?

Aber der deutsche Fußball richtet seinen Blick ohnehin gerade weniger ins Westfalenstadion. Bayern gegen Bayer ist das große Ding. Hier gibt's Spektakel, vielleicht auch Drama. Und beide Trainer sind im März herausgefordert, den Gegner, den man bestens kennt, zu überraschen. Einer muss gewinnen, volles Risiko ist vorprogrammiert.

Ein Triumph, ein verdient herausgespielter, wäre für Kompany und den FC Bayern so wahnsinnig wichtig. Es wäre das dicke Ausrufezeichen, dass sich die Machtverhältnisse im deutschen Fußball wieder gedreht haben. Es wäre aber auch so wichtig für die Gestaltung der Zukunft. Am Transfermarkt, an dem es im Sommer einige Baustellen wie die Außenverteidigerpositionen und die Frage nach einem Backup für Harry Kane zu schließen gilt. Und für die Planung mit dem eigenen Kader. In dem die Fragen nach dem Verbleib von Joshua Kimmich, Leroy Sané und Thomas Müller noch unbeantwortet sind. Gerade Kimmich guckt sich die Entwicklung der Mannschaft genau an. Der 30-Jährige hat die Spitze im Blick, kann er sie mit dem FC Bayern in den nächsten Jahren konstant erreichen? Vor allem international? Die Verlängerung von Jamal Musiala war sicher ein wichtiger Baustein. Die Königsklasse könnte der nächste sein. Der kommende Vertrag dürfte vielleicht der letzte große für ihn sein. An Optionen soll es Kimmich nicht mangeln. Immer wieder taucht Real Madrid auf. Dort wird ein Top-Sechser gesucht.

Die rätselhafte Formschwäche der Münchner

Kompany kann mit einem Weiterkommen alle Kritiker verstummen lassen, die Zweifel daran haben, ob er für die ganz großen Aufgaben (schon) bereit ist. In der Hinrunde wurde seiner Mannschaft zwischenzeitlich sogar eine Topspiel-Phobie diagnostiziert. Derzeit hat er aber erstmal andere Probleme zu lösen. Seine Mannschaft hat den Flow verloren, der sie lange Zeit durch die erste Serie getragen hatte. Die Defensive ist sehr fehleranfällig, Dayot Upamecano die einzige Konstante. Und in den Spielen gegen Celtic Glasgow und in Leverkusen brachte auch die im Herbst und Frühwinter gallige Offensive wenig zusammen. Die Abhängigkeit von Jamal Musiala, der gerade nicht auf seinem absoluten Topniveau spielt, ist bisweilen eklatant. Und dann ist da noch die Frage, wie fit Kane wirklich ist? Zuletzt schleppte er sich durch, an diesem Sonntag fällt er auf jeden Fall aus. Der Engländer ist noch so ein Unersetzbarer im Kader. Es ist ein gefährliches Schuhplattlern am Abgrund, den die auf vielen Positionen formschwankenden bis formschwachen Münchner gerade aufführen.

Anders bei Bayer, wo Uli Hoeneß' Sehnsuchtsspieler Florian Wirtz kaum zu bremsen ist. Wo Jonathan Tah den Laden auf beeindruckende Weise zusammenhält und wo auf der Bank wahnsinnig viel Qualität lauert, die Xabi Alonso gelegentlich durch Verzicht verärgert. Nun ist es allerdings nicht so, dass nur Bayern eine Fallhöhe hat. Auch für Leverkusen wäre der Knockout im Achtelfinale eine riesige Enttäuschung. Und könnte sich auf große Entscheidungen im Sommer auswirken. Um Xabi Alonso und Real Madrid wollen die Gerüchte nicht schweigen, alles hängt von Carlo Ancelotti ab, der die "Königlichen" gerade mal wieder erfolgreich durch Europa treibt und Pep Guardiola das größte Fiasko dessen Trainerkarriere beschert hatte. Der wiederum will seine in Trümmern liegende Mannschaft noch einmal neu aufbauen - mit Leverkusener Hilfe. Wirtz ist Medienberichten zufolge als Schlüsselspieler für eine erfolgreiche Skyblues-Zukunft auserkoren. Jeremie Frimpong soll das Tempo liefern.

Aber erstmal Fußball. Erstmal Bayer gegen Bayern, 180 höchst emotionale, dramatische Minuten und endlich eine Antwort auf die Frage: Wer ist denn nun die beste Mannschaft in Deutschland?

Quelle: ntv.de

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