Weidenfeller vor Debüt in DFB-Elf Ein Spätberufener findet sein Glück
17.11.2013, 11:51 Uhr
Weidenfeller in Wembley = der älteste Torwart-Debütant der DFB-Geschichte.
(Foto: imago sportfotodienst)
Roman "we have grandios Saison gespielt" Weidenfeller ist einer der besten Torhüter der Fußball-Bundesliga. Jetzt steht er vor seinem ersten Spiel in der deutschen Nationalelf. Auch, weil er neuerdings nicht nur die Bälle hält, sondern auch den Mund.
Es ist nicht so, dass Roman Weidenfeller als Fußballprofi noch nichts erlebt hätte. Im Gegenteil, er ist mit seinen 33 Jahren einer der erfahrensten Torhüter der Bundesliga. Und einer der besten. Mit Borussia Dortmund gewann er zweimal die Deutsche Meisterschaft, den DFB-Pokal und stand im Finale der Champions League. Nach dem ersten Ligatriumph 2011 sagte er einem Fernsehreporter aus Dubai: "I think, we have a grandios Saison gespielt." Das Video ging um die Welt, Roman Weidenfeller nahm’s mit Humor.
Er hat, das lässt sich ohne Übertreibung sagen, im Vereinsfußball fast alles erreicht, was es zu erreichen gibt. Nur für die deutsche Nationalelf hat er noch nie gespielt. Das fand er weniger witzig. Wie sehr es an ihm genagt hat, dass Bundestrainer Joachim Löw in partout nicht einladen wollte, zeigte sich vor zwei Jahren, als er doppeldeutig bemerkte: "Vielleicht sollte ich mir die Haare schneiden oder ein wenig zierlicher werden, um eine Chance zu bekommen." Er hat beides nicht getan, stattdessen nicht nur die Bälle, sondern auch den Mund gehalten. Wie zur Belohnung durfte er mit auf die Länderspielreise. Und steht jetzt vor seinem Debüt.
Neuer muss sich in München ausruhen
Die DFB-Elf spielt am Dienstag (ab 21 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) in London gegen England ihre letzte Partie in diesem Jahr. Der Bundestrainer hat nach dem 1:1 in Mailand gegen Italien neben Philipp Lahm und Mesut Özil auch die Nummer eins im Tor, Manuel Neuer, nach Hause geschickt. Sie sollen sich ausruhen. Auch wenn das im Fall Neuer nicht ganz freiwillig geschieht. Zumindest hatte er vor den beiden Testspielen gegen Italien und England dem "Kicker" gesagt: "Als Profi spielt man gerne gegen solche Teams am liebsten selbst. Gerade im Hinblick auf die WM sind solche Spiele gegen attraktive Gegner viel wert, weil die in K.o.-Spielen auf uns treffen können. Dann hat man Erfahrung gesammelt".
Nun aber gibt es mit dem Hamburger René Adler und eben Roman Weidenfeller nur noch zwei Kandidaten. Torwarttrainer Andreas Köpke hatte in der vergangen Woche gesagt, der Dortmunder sei dabei, um für die Weltmeisterschaft im Juni in Brasilien "eine richtige Entscheidung treffen zu können". Was liegt da näher, als ihn in Wembley spielen zu lassen?
Leise, ja fast devote Töne
Für Roman Weidenfeller ginge ein Traum in Erfüllung. Und ganz nebenbei wäre er mit am Dienstag exakt 33 Jahren und 106 Tagen der älteste Torwartdebütant in der 105-jährigen Geschichte der Nationalmannschaft. Damit würde er einen Helden von Bern ablösen. Toni Turek war beim ersten Spiel knapp anderthalb Jahre jünger. Und wurde vier Jahre später, nämlich 1954, mit Deutschland Weltmeister. Wenn ein selbstbewusster, bisweilen forscher und nach außen cooler Sportler wie Roman Weidenfeller nun derart leise, ja fast devote Töne anschlägt, zeigt das nur, wie wichtig ihm die Sache ist. 2010 hatte er bis zuletzt gehofft, mit zur WM nach Südafrika zu dürfen. Doch dann rückte der 36 Jahre alte Jörg Butt für den verletzten Adler nach. Nun könnte Roman Weidenfeller der Butt des Jahres 2014 werden.
"Ich will die Zeit hier einfach genießen. Für mich ist schon mit der Nominierung ein Traum in Erfüllung gegangen." Besser spät als nie, wird er sich denken. Auch wenn viele sagen, er hätte viel eher seine Chance bekommen müssen. Weil er sich stetig verbessert hat, sich unter seinem Vereinstrainer Jürgen Klopp zu einem modernen, vorausschauend agierenden Torhüter entwickelt hat, der nicht nur durch seine Reflexe auf der Linie glänzt. Aber Löw bevorzugt junge Talente wie den Mönchengladbacher Marc-André ter Stegen und Hannovers Ron-Robert Zieler. Eigentlich. Nur dass die beiden bei ihren Einsätzen für die DFB-Elf teilweise keine glückliche Figur machten.
Da war es kein Risiko für den Bundestrainer, Roman Weidenfeller einzuladen. "Seine Erfahrung auf internationalem Topniveau hat eine große Rolle gespielt" hatte Köpke bei der Bekanntgabe der Nominierung gesagt. Der so Gelobte ist mittlerweile so dankbar dabei zu sein, dass er sich hüten wird, um den Platz als Nummer eins zu kämpfen. Was gegen den unumstrittenen Neuer eh sinnlos wäre. Dafür ist der Dortmunder Routinier einer, der sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, auch dann nicht, wenn es um viel oder gar alles geht. Dafür hat Roman Weidenfeller schon zu viel gesehen, zu viele große Spiele wie das Finale der Königsklasse gegen den FC Bayern trotz der Niederlage souverän gemeistert - in Wembley.
Quelle: ntv.de