Rummenigge-Vorstoß, Hoeneß-Wort Es bleibt mächtig kompliziert beim FC Bayern
30.05.2024, 07:25 Uhr
Der neue Mann ist da: Vincent Kompany wird Trainer des FC Bayern.
(Foto: Action Images)
Der FC Bayern hat endlich einen Trainer gefunden. Der Coach und seine neuen Bosse versprechen einiges für die neue Saison. Doch auf den letzten Metern der Verpflichtung wird einmal mehr deutlich, wie kompliziert das Machtgefüge beim Rekordmeister ist.
Max Eberl war erleichtert. Er war sehr erleichtert. Mit reichlich Verspätung - gemessen an seinem eigenen Zeitplan (April war das Ziel) - hat der neue Sportvorstand des FC Bayern einen neuen Trainer gefunden. Vincent Kompany kommt von Premier-League-Absteiger FC Burnley. Er soll eine zweistellige Millionen-Ablöse kosten und drei Jahre bleiben. Das löst ein paar Julian-Nagelsmann-Vibes aus, der ja ebenfalls jung war, ebenfalls viel Geld kostete (Weltrekordablöse ist das Stichwort!) und lange bleiben sollte. Es kam anders.
Mit Kompany, so wünscht es sich Eberl, soll die große Fluktuation der vergangenen Jahre auf dem Trainerstuhl enden. Endlich mal wieder soll etwas Großes, etwas vor allem Nachhaltiges wachsen. Der letzte Mann, der es beim FC Bayern drei Jahre auf dem wackelig gewordenen Trainerstuhl ausgehalten hat, ist Pep Guardiola. Das wirkt wie aus einer anderen Zeit. Aber durchaus spannend: Guardiola hat beim aktuellen Kompany-Prozess eine wesentliche Rolle gespielt. Als Trainer hat er den Belgier bei Manchester City jahrelang angeleitet und ihn noch ein bisschen besser gemacht. Der Innenverteidiger hat dabei genau hingeschaut und zugehört. Seine Art des Coachings orientiert sich am katalanischen Startrainer.
"Pep kennt Vincent sehr gut, seine Meinung wird geschätzt"
Der hatte sich in den vergangenen Wochen lobend über den ehemaligen Weltklasse-Verteidiger geäußert. Das Wort drang bis nach München. Und wurde dort explizit eingefordert, wie Karl-Heinz Rummenigge erzählte. Er tat das am Dienstagabend. "Pep hat uns ebenfalls mit Kompany geholfen, er hat sich sehr lobend über Vincent als einen talentierten Trainer geäußert. Pep kennt Vincent sehr gut und seine Meinung wird geschätzt", sagte der frühere Vorstandschef des Rekordmeisters. Er sagte in bester Plauderlaune in der Sonne Sardiniens auch noch: "Unser Vorstand hat sich entschieden, Vincent Kompany als neuen Cheftrainer zu verpflichten. Wir sind dabei, die letzten Details zu klären und dann wird es offiziell." Bedeutet: Als er sprach, arbeiteten andere noch.
Andere, das sind etwa Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund. Sie sind qua Amt dafür verantwortlich, die personellen Dinge zu klären. Also Spieler zu verpflichten. Und eben einen Trainer zu holen. Und bei diesem Vorhaben erlebten die beiden, wie kompliziert der Machtkosmos beim Rekordmeister ist. Im Dunklen zu verhandeln, das ist nicht möglich. Wobei das Schauspiel der aktuellen Suche schon überraschend groß und öffentlich geworden war. Weil medial ein großes Name-Dropping betrieben worden war. Aber auch, weil in München viel geplaudert worden war.
Uli Hoeneß etwa hatte im März freimütig verraten, dass Xabi Alonso ein nicht zu bekommender Wunschtrainer ist. Der große Wächter des FC Bayern hatte das dem BR erzählt. Wenige Wochen später verkündete er, dass Ralf Rangnick nur "dritte Wahl" sei. Er sprach auch darüber, dass man an der Säbener Straße geglaubt hatte, Julian Nagelsmann würde sich für eine Rückkehr und gegen eine Verlängerung als Bundestrainer entscheiden. "Wenn die Europameisterschaft gut läuft, dann hat er eine gute Entscheidung getroffen. Wenn sie schlecht läuft, dann hat er eine katastrophale Entscheidung getroffen. Dann wäre der FC Bayern besser gewesen." Und dann war da noch der "Fall Thomas Tuchel". Hoeneß haute dem Trainer um die Ohren, dass er keine ausgeprägte Leidenschaft für die Entwicklung von Talenten habe. Tuchel konterte verärgert. Hoeneß ruderte nicht zurück, kündigte an, sich in Zukunft wieder stärker einzumischen. Der FC Hollywood war zurück, als Best-of-Version quasi.
Tuchel gibt einen letzten Einblick
Freund und vor allem Eberl konnten nur staunend zuschauen, wie um sie herum wild geplaudert wurde. Da waren CEO Jan-Christian Dreesen, Präsident Herbert Hainer, Hoeneß und eben Rummenigge. So wurde ihnen überdeutlich, welchen Einfluss die alten Granden noch haben. Und weiter haben werden, einen Hoeneß und einen Rummenigge ändert man nicht mehr. Als plötzlich realistisch schien, dass die Münchner eine Kehrtwende bei Tuchel vollziehen, dass sie die im Februar verabredete Trennung zurücknehmen und weitermachen, gab es offenbar im Hintergrund mächtige Gegenstimmen. Tuchel sagte nach seinem letzten Spiel als Bayern-Coach am 34. Spieltag bei der TSG Hoffenheim: Er habe "nicht das Gefühl", dass eine weitere Zusammenarbeit an Eberl oder Freund gescheitert sei, "und die sind ja eigentlich maßgeblich". Namen nannte er nicht, aber es braucht nicht viel Fantasie, um herzuleiten, an wen die Worte gerichtet waren. Grüße gehen raus an den Tegernsee.
Nun ist die Suche beendet und alles richtet sich nach vorne. Kompany, der etwa in England als J-Lösung abgetan worden war, sei "ein absoluter Gewinn und eine spannende Geschichte, die wir jetzt schreiben wollen", betonte Eberl. Es habe mit Kompany zuletzt "sehr, sehr viele, sehr, sehr lange Gespräche über Kader, über Ideen, über Spielweise" gegeben, führte Eberl weiter aus. Dabei sei schnell ein gemeinsamer Geist gefunden worden. "Die Gespräche waren sehr angenehm", sagte Sportdirektor Christoph Freund.
Kompanys Vorstellung passe sehr gut zum FC Bayern. "Einen offensiven Fußball, einen dominanten Fußball, einen intensiven Fußball" werde der neue Trainer die Münchner aufführen lassen, verspricht Freund. Kompany selbst sagt: "Ich bin in den Straßen von Brüssel aufgewachsen, wir lieben den Ball, wir sind kreativ. Ich mag Spieler, die mutig am Ball sind." Aber erstmal aufatmen. Erstmal Erleichterung. Vor ein paar Tagen hatte Eberl noch betont: "Ich bin erst seit zehn Wochen hier, aber es fühlt sich an wie zehn Jahre."
Quelle: ntv.de