Fußball

Hansa-Boss spricht über die 3. Liga Es braucht "einen großen Spagat"

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(Foto: picture alliance / dpa)

Sportlich gelang den Fußball-Drittligisten Rot Weiss Ahlen und TuS Koblenz in dieser Saison der Klassenerhalt, finanziell folgte jedoch wenig später der Kollaps. Zu groß war in der dritthöchsten deutschen Spielklasse die Diskrepanz zwischen zweitligareifen Anforderungen und den eher dürftigen Einnahmen. Für Bernd Hofmann, Vorstandsvorsitzender beim FC Hansa Rostock, kommt eine Drittligasaison einer wirtschaftlichen Gratwanderung gleich. Während Rostock sie durch den direkten Wiederaufstieg erfolgreich gemeistert hat, blicken andere Klubs bange in die neue Saison. Mit n-tv.de spricht Hofmann über die große Lücke zwischen Auflagen und Einnahmen und beklagt, dass die Nachwuchsförderung der Drittligisten nicht ausreichend honoriert wird.

n-tv.de: Unterhachings Präsident Engelbert Kupka hat mit Blick auf die Dritte Liga einmal gesagt, die Vereine seien mit einem "Glas Wasser in die Wüste geschickt" worden. Ist der Einnahmen-Unterschied zur zweithöchsten Spielklasse wirklich derart eklatant?

Bernd Hofmann: Drücken wir es mal bildlich aus: In der Zweiten Bundesliga hängt das Fallnetz einfach höher, weil dort eine relativ grundstabile Finanzausstattung vorhanden ist. Da ist sogar eine Fehlplanung zu verschmerzen. In der Dritten Liga ist das anders. Gerade wer aus den beiden höheren Klassen kommt, bringt natürlich relativ hohe infrastrukturelle Voraussetzungen mit. Die bieten einerseits die Grundlage für eine Perspektive, andererseits bringen sie selbstverständlich auch relativ hohe Fixkosten mit sich. Die lassen sich in der dritten Liga schwierig decken, da dort die Einnahmen deutlich niedriger sind.

Mit der DKB-Arena verfügt Rostock über ein modernes Stadion. Das zieht natürlich hohe Unterhaltskosten nach sich.

Mit der DKB-Arena verfügt Rostock über ein modernes Stadion. Das zieht natürlich hohe Unterhaltskosten nach sich.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein Beispiel?

Im TV-Bereich fällt man als Zweitliga-Absteiger von vier Millionen auf etwa 750.000 Euro, die Zuschauereinnahmen sind geringer, weil zumindest die Eintrittskartenpreise sinken. Und da man nicht über das nötige TV-Vermarktungspotential verfügt, schrumpfen natürlich auch die Sponsorengelder. Das bedeutet, dass man in der Dritten Liga wirtschaftlich tatsächlich auf einem sehr schmalen Grat wandert. Sportliche Qualität zu sichern und gleichzeitig die wirtschaftlichen Belange zufriedenzustellen, erfordert einen großen Spagat.

Also, je professioneller ein Verein aufgestellt ist, desto mehr Probleme erwarten ihn?

Ich will nicht sagen, dass die 750.000 Euro aus den TV-Einnahmen wenig Geld sind. Nur: Ein Verein wie Hansa, dessen Stadion privatwirtschaftlich betrieben wird, bezahlt allein dafür etwa eineinhalb bis zweieinhalb Millionen Euro. Das ist mehr als das Dreifache von dem, was er durch TV-Gelder einnimmt. Im Endeffekt sind in der dritten Liga die Vereine im Vorteil, die unter kommunaler Verwaltung laufen, denen für relativ wenig Geld das Stadion zur Verfügung gestellt wird.

Aber auch Drittligavereine ohne ein hohes Maß an Professionalität geraten leicht in Schwierigkeiten. Haben Klubs durch die Dritte Liga einfach nicht mehr die Möglichkeit zu wachsen?

Dass bestimmte Grenzen gesetzt sind, finde ich völlig normal. Um sich dem Wettbewerb zu stellen, sollte ein Klub nun mal über Tradition und Reputation verfügen. Hansa hatte das Glück und die Qualität, unmittelbar nach der Wende aufzusteigen. Der Verein investierte dann in Steine, schuf in einem langen Prozess eine Nachwuchsakademie und baute ein neues Stadion. Diejenigen, die nie an den großen Töpfen waren und sich nicht in bestimmten Bereichen wie der Nachwuchsförderung absetzen konnten, haben natürlich nachhaltig schlechtere Chancen, durchzustarten. Ihnen fehlt schlichtweg die jahrzehntelange Entwicklung. Wenn sie dann noch lange in der Dritten Liga schmoren, verfügen sie wiederum über schlechtere Chancen, ein modernes Stadion oder eine Nachwuchsakademie aufzubauen. Voraussetzungen, die in Liga zwei schon nachhaltig wirken würden.

Der Aufstieg des FC Hansa war auch ein Produkt der vorbildlichen Jugendarbeit. Eine weitere Drittligasaison hätte große Einschnitte bei der Nachwuchsförderung zur Folge gehabt.

Der Aufstieg des FC Hansa war auch ein Produkt der vorbildlichen Jugendarbeit. Eine weitere Drittligasaison hätte große Einschnitte bei der Nachwuchsförderung zur Folge gehabt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Wie sollte ein Verein denn Ihrer Meinung nach die strukturellen Probleme der Dritten Liga angehen?

Es braucht die richtige Balance. Ein Stück Risiko ist meiner Meinung nach notwendig, aber es muss kalkulierbar bleiben. Fehlplanungen können passieren, dürfen sich jedoch nie zur Existenzbedrohung entwickeln. Außerdem sollte der Verein die Ressourcen, die er hat, zu einhundert Prozent ausschöpfen. Bei Hansa ist die Hauptressource eine erfolgreiche Amateur- und Nachwuchsarbeit. In der abgelaufenen Saison verschaffte sie uns einen Wettbewerbsvorteil. Wir spielten teilweise mit einer U23-Mannschaft, mussten so jedoch auch weniger hohe Gehaltskosten tragen. Letztendlich werden wir deshalb sogar in der Dritten Liga ein ausgeglichenes operatives Ergebnis erzielen. Bedenkt man, dass wir uns aus der zweiten Liga mit einem Minus von 4,5 Millionen Euro verabschiedet hatten, war die Drittligasaison auch wirtschaftlich ein Erfolg.

Hätte sich Hansa ein weiteres Drittligajahr leisten können?

Die entsprechenden Lizenzunterlagen wurden natürlich eingereicht. Aber eine zweite Saison wäre logischerweise mit viel größeren Problemen behaftet als die abgelaufene. In der letzten Spielzeit konnten wir uns noch auf Landesbürgschaften verlassen, die wir in einer weiteren Drittligasaison nicht bekommen hätten. Eine abermalige Senkung des Etats wäre uns natürlich gelungen. Doch auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit hätten wir zum Beispiel keine 1,1 Millionen Euro mehr für den Nachwuchsbereich ausgeben können. Obwohl ja genau dort unsere Chance liegt.

Im Nachwuchs spielt Rostock eine überragende Rolle, wurde letztes Jahr sogar A-Jugend-Meister. Sollte der DFB nicht gerade bei kleineren Vereinen eine solche Reputation honorieren?

Ich denke schon. Die Nachwuchsleistungszentren werden in der 1. und 2. Bundesliga von einer unabhängigen belgischen Agentur zertifiziert. Die Höhe der Prämie wird dabei der Qualität des Zentrums angepasst. Für drei Sterne gibt es beispielsweise etwa eine Viertelmillion Euro. Das Geld steht jedoch nur Erst- und Zweitligisten zu – in der Dritten Liga gibt es gar nichts. Hält man sich aber vor Augen, dass inzwischen etwa 50 Prozent der Nationalspieler ihre Ausbildung bei kleineren Vereinen begannen, wird deutlich, welche Bedeutung die Nachwuchsförderung bei Dritt- und Viertligisten hat. Schon aus reinem Eigeninteresse sollte der DFB Unterstützung für die unterklassigen Vereine organisieren, die eine gute Nachwuchsarbeit leisten. In Rostock bieten wir den Jugendlichen ein Rundumpaket – von der sportbetonten Schule über einen hauptamtlichen Sozialpädagogen bis hin zum Internatsleiter. Im Endeffekt ist es schon kurios, dass eine der Anforderungen, die ein Drittligist nicht erfüllen muss, die Existenz eines Nachwuchsleistungszentrums ist. Normalerweise müsste doch gerade der Verein, der über wenig Geld verfügt, seinen Nutzen aus der Jugendarbeit ziehen.

Bernd Hofmann übernahm nach dem Zweitligaabstieg 2010 das Ruder beim FC Hansa.

Bernd Hofmann übernahm nach dem Zweitligaabstieg 2010 das Ruder beim FC Hansa.

(Foto: K. Feuerherrn / F.C. Hansa Rostock)

Wo kann der DFB den Hebel dennoch ansetzen? Eigentlich ist ja seit der Gründung der eingleisigen dritten Spielklasse ein Namenssponsor für die Liga im Gespräch.

Den zu finden, ist scheinbar schwieriger als erwartet. Und ehrlich gesagt, überrascht mich das. Denn die Quoten der Liga sind bundesweit betrachtet recht gut. Da viele dritte Programme übertragen und auch die "Sportschau" dabei ist, sollte genügend Attraktivität vorhanden sein, um einen Namenssponsor ins Boot zu holen. Ansonsten steht ein Drittligaklub in Sachen Vermarktung eher allein da. In Rostock haben wir die Initiative "3>2>1 für den Erfolg des Vereins" ins Leben gerufen. Hier werden kleine Unternehmen oder Privatpersonen für den Betrag von 321 Euro zu Paten des FC Hansa Rostock und genießen kleinere Vorteile. Insgesamt haben wir durch diese Aktion fast eine Viertelmillion Euro eingenommen und mittlerweile kann sich sogar eine Schulklasse als Hansa-Sponsor bezeichnen.

Könnten Sie sich auch einen Investor an der Ostsee vorstellen?

Selbstverständlich, solange er als Partner auftritt, ist er immer erwünscht. Der Klub darf jedoch auf keinen Fall zum Spielball werden, da er sonst seine Identität und seinen Reiz als Fußballverein verliert.

Mit Bernd Hofmann sprach Michael Kreußlein

Quelle: ntv.de

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