"... wie eine ehrenlose H***" Ex-Kapitän Anton erlebt unangenehmes Wiedersehen mit VfB
22.09.2024, 22:01 Uhr
"Wenn es persönlich wird, geht es es zu weit", erklärte Sutttgart-Boss Wohlgemuth auch zu diesem Banner.
(Foto: IMAGO/HMB-Media)
Im Sommer verlässt Anton trotz vorheriger Treueschwüre den VfB Stuttgart. Der DFB-Star wechselt zum Liga-Rivalen BVB. Bei seiner Rückkehr vermitteln die Stuttgarter Anhänger ihm, was sie von ihm halten. Anton reist mit Pfiffen, wüsten Beleidigungen und einem 1:5 zurück in den Pott.
"Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen", schallte es Minuten nach dem Abpfiff durch die Stuttgarter Arena, die die meisten immer noch Neckarstadion nennen. Die Dortmunder Spieler, die sich eben vor dem ziemlich ratlosen Auswärtsblock verabschiedeten, trotteten bedröppelt gen Spielertunnel - und wurde auf diesen wenigen Metern mit Häme der feiernden VfB-Anhänger zugeschüttet.
Schon weit vor dem Spiel war klar: Im Fokus standen bei der überraschend deutlichen 1:5-Klatsche des BVB in Stuttgart Waldemar Anton und Serhou Guirassy. Die Stuttgarter Leistungsträger hatten die Schwaben nach der Rekordsaison 2023/24 per Ausstiegsklauseln verlassen und sich Borussia Dortmund angeschlossen. Während Rekordschütze Guirassy weitgehend neutral empfangen wurde (kein Applaus, keine Pfiffe), wurde Anton erwartungsgemäß zur verbalen Zielscheibe der Fans im Stadion. Antons als Blitzableiter für die schwäbische Wut auf den Wechsel.
Stuttgart: Nübel - Vagnoman (79. Touré), Rouault, Chabot (70. Zagadou), Mittelstädt (70. Chase) - Karazor, Stiller (85. Führich), Millot, Leweling - Demirovic (70. Rieder), Undav. - Trainer: Hoeneß
Dortmund: Kobel - Ryerson (46. Couto), Anton, Süle, Schlotterbeck - Nmecha (30. Gittens), Groß (63. Malen) - Marcel Sabitzer, Brandt (72. Can), Adeyemi (46. Bensebaini) - Guirassy. - Trainer: Şahin
Schiedsrichter: Florian Badstübner (Nürnberg)
Tore: 1:0 Undav (4.), 2:0 Demirovic (21.), 3:0 Millot (62.), 3:1 Guirassy (75.), 4:1 Touré (80.), 5:1 Undav (90.)
Gelbe Karten: Leweling - Can, Sabitzer, Bensebaini (2)
Zuschauer: 60.000 (ausverkauft)
Die Stuttgarter Anhänger nahmen dem 28-Jährigen den Transfer übel, weil er erst im Januar seinen Vertrag verlängert hatte und anschließend Interviews gab, die sich wie ein Treueschwur anhörten. Zum Saisonende feierte er mit den Fans auf dem Zaun. Allein: Kurz nach der EM zog es ihn dann doch ins Ruhrgebiet. Die Strahlkraft des BVB lockte.
Anton Teil einer katastrophalen BVB-Defensive
Der Empfang an der alten Wirkungsstätte von Anton fiel erwartet unangenehm für den BVB-Verteidiger aus. Schon fast eine Stunde vor Anpfiff ging es los. Der Stadionsprecher las den Namen des Innenverteidigers vor und zum ersten Mal setzten Zehntausende zum Pfeifkonzert an. So sollte es dann auch von der ersten bis zur letzten Spielminute weitergehen. Bei jedem einzelnen Ballkontakt wurde der DFB-Spieler brutal niedergepfiffen und mit Gesten belegt, die keinerlei Erklärung bedürfen.
In der ersten Halbzeit wurde zudem in der Cannstatter Kurve Banner gezeigt, die unter die Gürtellinie zielten und Anton massiv beleidigten, unterlegt mit entsprechenden Gesängen. Der Spielverlauf tat dann sein Übriges, um Anton einen völlig gebrauchten Tag zu bescheren. Der VfB spielte die Defensive der Elf von Nuri Şahin teils schwindelig. Auch Anton sah dabei teilweise nicht gut aus - einfach weil er im Verbund mit Nico Schlotterbeck, Niklas Süle, Julian Ryerson die Wucht der Schwaben nicht abwehren konnte. Immer wieder gestikulierte Anton während des Spiels wild, redete auf die neuen Mitspieler ein, reagierte zumindest nicht sichtbar auf die Abneigung der Fans.
Die Pfiffe selbst haben Anton nach eigener Aussage nicht wirklich beeinflusst. Er habe das Pfeifkonzert komplett ausblenden können, sagte Anton in der Mixed Zone. "Am Ende ist es okay, das Spiel ist vorbei. Ich denke, die Fans haben das bekommen, was sie wollten", sagte der Innenverteidiger über seine Rückkehr. Es sei vor allem "ärgerlich, dass wir dann so eine Leistung zeigen."
Bei Stuttgart-Bossen überwiegt die Dankbarkeit
An die These, dass die lautstarken Dauer-Pfiffe vielleicht das Team verunsichert haben könnten, glaube er nicht. "Es war ja ganz klar gegen mich gerichtet. Vielleicht war es sogar besser, dass es jeder wusste", so Anton. Zur Leistung der Schwarzgelben fand er klare Worte. "Die Basics haben heute nicht gestimmt", erklärte Anton. Er kündigte an, dass der Auftritt mannschaftsintern aufgearbeitet werden würde. "Da muss sich jeder selbst in die Verantwortung nehmen. Wir werden das klar analysieren."
Immerhin: Nach dem Spiel gab es für Anton und Guirassy in den Katakomben noch eine freundliche Verabschiedung und ein Wiedersehen mit Sportvorstand Fabian Wohlgemuth und dem Vorstandsvorsitzenden Alexander Wehrle. Zu einer Collage mit "schönem Bild" gab es noch Blumen und Worte der Dankbarkeit, berichtet Wohlgemuth nach der Partie. "Wir hatten ja letztes Jahr alle gemeinsam eine gute Zeit."
Weniger dankbar war das 90-minütige Pfeifkonzert. Anton habe ein bisschen was "ertragen müssen", sagte Wohlgemuth zur heftigen Fan-Reaktion. "Aber er ist ein gestandener Spieler, der damit umgehen kann." Ein Pfeifkonzert an sich sei "okay", sagte Wohlgemuth. Solange es nicht persönlich wird, könnten die Fans auch mal "ihr Revier markieren". Die durchaus persönlichen Banner habe er nicht gesehen, aber davon gehört. "Wenn es dann persönlich wird wie auf den Plakaten, geht es zu weit", urteilte der VfB-Sportvorstand.
"Emotionen müssen sein. Sie gehören dazu. Ich finde auch, dass wir hier die Freiheit habe, Unmut zu bekunden", ergänzte er. Und trotz alldem: Es überwiege bei Anton und Guirassy vor allem die Dankbarkeit, betonte er. "Beide hatten einen großen Anteil daran, dass wir letztes Jahr Vizemeister geworden sind." Anton als "souveräner Kapitän", Guirassy als Torschütze. An diesem spätsommerlichen Abend trat der VfB auch ohne dieses Duo ähnlich euphorisch auf wie in der Vorsaison.
Quelle: ntv.de