Hoeneß freut sich, Löw profitiert FC Bayern Deutschland auf Kurs
10.10.2011, 22:55 Uhr
Teil des Bayern-Blocks: Mario Gomez, Bastian Schweinsteiger und Thomas Müller (v.l.n.r.)
(Foto: REUTERS)
Was haben sie ihm "FC Bayern Deutschland" einst um die Ohren gehauen. Doch seit dem Sieg in der Türkei ist die Vision von Uli Hoeneß Wirklichkeit. Denn die deutschen Fußballer marschieren auch deswegen souverän Richtung EM 2012, weil acht Spieler aus München den Kader prägen.
Uli Hoeneß dürfte in diesen Tagen ein zufriedener Mann sein. So zufrieden, wie einer ist, wenn ein lang gehegter Traum in Erfüllung geht. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gewinnt ihr Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft in der Türkei mit 3:1. Und die Tore schießen Mario Gomez, Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger - drei Spieler des FC Bayern. Manuel Neuer, der Torhüter des FC Bayern, bereitet zwei Treffer vor und sorgt dafür, dass das 1:0 eine rein bayerische Produktion ist: Abschlag auf Müller, Flanke auf Gomez, Tor. So viel FC Bayern war nie im DFB-Team.
In Istanbul standen erstmals in der 103-jährigen Geschichte des Verbandes in einem Pflichtspiel sieben Spieler des FC Bayern in der Startelf. Neben Neuer, Schweinsteiger, Müller und Gomez waren das Holger Badstuber, Jerome Boateng und Kapitän Philipp Lahm. Und Toni Kroos war nur deshalb nicht mitgeflogen, weil er die Grippe hatte. Doch Hoeneß sagt dazu - nichts. Vielleicht, weil der Präsident der Münchner Bayern sich in jüngster Zeit intensiv um die seit dieser Saison erstklassigen Basketballer des Klubs kümmert. Aber wohl eher, weil er ein gebranntes Kind ist. Schließlich hatten viele ihm einst sein Zitat von "FC Bayern Deutschland" um die Ohren gehauen.
Dieses Ziel, den FC Bayern als kleine Nationalmannschaft zu etablieren, hatte Hoeneß, damals noch Manager, im Jahr 2002 mit der Verpflichtung von Michael Ballack und Sebastian Deisler im Hinblick auf die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland ausgegeben. Was durchaus dem Selbstverständnis eines Vereins entspricht, dessen Spieler neuerdings den Leitspruch "Mia san mia" gar auf den Trikotkragen tragen. Erreicht hat Hoeneß sein Ziel damals allerdings nur bedingt. Mit Torwart Oliver Kahn auf der Bank sowie Lahm, Schweinsteiger und Ballack auf dem Rasen waren letztlich nur vier aus München dabei.
Kroos ist wieder gesund und soll spielen

Uli Hoeneß und Jupp Heynckes haben einen großen Teil der DFB-Elf beim FC Bayern versammelt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Spätestens seit dem Spiel gegen die Türkei aber ist aus dem Hoeneß’schen Anspruchsdenken Wirklichkeit geworden. Für die Partie heute ab 19 Uhr gegen Belgien stehen in Düsseldorf sogar alle acht Bayern bereit, im zehnten und letzten EM-Qualifikationsspiel mit der DFB-Elf den zehnten Sieg zu feiern und somit einen weiteren Rekord in der Geschichte des Verbandes aufzustellen. Kroos ist wieder gesund und soll, wie Joachim Löw andeutete, auch spielen. Allerdings plagt sich Schweinsteiger mit einem Bluterguss über dem Knie und Boateng hat Probleme mit den Muskeln. Die beiden trainierten aber wie der ebenfalls angeschlagene Mesut Özil abschließend mit. Wer nun spielt, will der Bundestrainer erst kurz vor der Partie verraten.
Ob nun acht oder nur sechs Münchner Spieler von Beginn an dabei sind - der FC Bayern prägt die Nationalmannschaft wie lange nicht mehr. Ein kurzer Blick in die Geschichte zeigt, dass das oft so war, wenn die DFB-Elf einen Titel gewann. Beim bisher letzten halfen 1996 mit Thomas Strunz, Markus Babbel, Thomas Helmer, Christian Ziege, Mehmet Scholl und Jürgen Klinsmann sechs Bayern mit, in England Europameister zu werden. Mit Mario Basler war sogar noch ein siebter Bayernspieler mit auf der Insel, kam aber nicht zum Einsatz. Ihren guten Ruf hat die Blockbildung seit den 1970er Jahren, als überwiegend Spieler aus München und Mönchengladbach 1972 die EM und 1974 die WM gewannen. Und das Rückgrat der Weltmeister von 1954 bildeten die Spieler des 1. FC Kaiserslautern.
Blockbildung ist keine Erfolgsgarantie
Ob es allerdings eine Garantie für den Erfolg ist, einfach möglichst viele Spieler aus dem besten Verein des Landes zur Nationalmannschaft einzuladen, darf bezweifelt werden, auch wenn sich der amtierende Welt- und Europameister Spanien überwiegend aus dem Fundus des FC Barcelona bedient. Die Niederländer zum Beispiel, unterlegener WM-Finalist im vergangenen Jahr, haben mit Blockbildung nichts am Hut. Joachim Löw hat die die besten Spieler nominiert. Und die spielen nun einmal beim FC Bayern.
Andererseits dürfte der Bundestrainer nicht unglücklich gewesen, als Botang im Sommer von Manchester City nach München wechselte und seitdem dort üben darf, wie es ist, als Rechtsverteidiger zu spielen, weil Lahm auf die linke Seite wechselte. Somit hat der Münchner Trainer Jupp Heynckes gleichzeitig ein Problem der Nationalmannschaft gelöst. Und dass Torwart Neuer nun noch besser weiß, wohin sein Kollege Müller läuft, wenn er den Ball weit abschlagen will, gereicht der DFB-Elf nachweislich nicht zum Nachteil. Ebenso wenig, dass die meisten Kollegen bereits aus dem Verein wissen, wie Schweinsteiger das Spiel dirigiert.
Letztlich ist der Nutzen gegenseitiger Natur: Die Bayern und die Nationalelf profitieren beide von der Blockbildung, beide gewinnen an Qualität. Allerdings: Garantien gibt es keine. Gleich am ersten Spieltag der Bundesliga verlor der FC Bayern gegen Borussia Mönchengladbach, dem Fastabsteiger der vergangenen Saison. Mit acht deutschen Nationalspielern auf dem Platz.
Deutschland - Belgien,
heute ab 19 Uhr im n-tv.de-Liveticker
Deutschland: Neuer - Boateng (Höwedes), Mertesacker, Hummels (Badstuber), Lahm - Khedira (Schweinsteiger) - Müller, Özil, Kroos, Podolski (Schürrle) - Gomez - Trainer: Löw
Belgien: Mignolet - Ciman, Kompany, Vertonghen, Lombaerts - Simons, Witsel - Dembelé, Hazard, Fellaini - Lukaku - Trainer: Leekens
Schiedsrichter: Moen (Norwegen)
Quelle: ntv.de