Ringen um Stadion-MaßnahmenFan-Proteste wirken: Politik verzichtet auf radikale Linie

Wochenlang stehen schwere Maßnahmen gegen Fußballfans im Raum, doch einige davon sind vom Tisch: Wie die Innenminister der Länder verkünden, wird man vorerst auf eine gnadenlose Linie im Zeichen der Stadionsicherheit verzichten. Fans und auch Klubs hatten sich zuvor massiv dagegen gewehrt.
Sanfte Korrekturen statt harter Linie - Aufatmen bei den Fans: Nach wochenlangen Diskussionen über die Stadionsicherheit hat die Politik auf drastische Maßnahmen vorerst verzichtet und nimmt stattdessen die Vereine stärker in die Pflicht. Es wird keine personalisierten Tickets und auch keine Gesichtserkennung geben, beim prekären Thema der Stadionverbote wird eine unabhängige Kommission eingesetzt.
Diese Beschlüsse wurden auf der Innenministerkonferenz (IMK) in Bremen gefasst, die Proteste von organisierter Fanszene und Verbänden erzielten offenbar Wirkung. "Wir haben uns auf einen klaren Kurs verständigt: Dialog statt Konfrontation. Zusammen mit den Vereinen und den Fans haben wir das gemeinsame Interesse, dass sich die Menschen im Stadion sicher fühlen", sagte Bremens Innensenator und IMK-Vorsitzender Ulrich Mäurer bei der Abschlusspressekonferenz am Freitag im Bremer Parkhotel.
"Einheitliche Standards" bei Stadionverboten
Beim Thema Stadionverbote schaffe man "einheitliche Standards durch eine zentrale, unabhängige, bundesweite Kommission. Klare Regeln, transparente Verfahren - das bringt mehr Rechtssicherheit für alle."
Die Fanorganisation "Unsere Kurve" hat verhalten positiv auf die Beschlüsse reagiert. "Es ist begrüßenswert, dass gerade Punkte der zentralen Überwachung, KI-Gesichtserkennung und dergleichen abgeräumt wurden", sagte Thomas Kessen, Sprecher der Fanorganisation, dem SID: "Gleichzeitig bleiben aber noch viele Fragen offen."
"Handeln von Politik ist veränderbar"
Es sei ein Teilerfolg, dass man bei den Entscheidungen erkennen könne, "dass der Protest der Fans in den letzten Wochen Früchte getragen hat. Das gibt natürlich auch anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren gerade Rückenwind. Denn es zeigt, dass das Handeln von Politik veränderbar ist", sagte Kessen und führte aus: "Dass die Innenministerinnen und Innenminister dann jetzt zukünftig eben doch mit Fans in den Dialog treten wollen, ist zu begrüßen, denn es ist immer besser, miteinander zu reden als übereinander."
Seit Mittwoch hatten die Innenminister von Bund und Ländern in der Hansestadt getagt. Beim Streitthema Pyrotechnik kam es zu keinen Entscheidungen, der Diskussionspunkt soll erst beim kommenden Treffen im Juni wieder auf der Tagesordnung stehen. Man werde daran "weiter sensibel arbeiten", so Mäurer: "Einige Wenige nutzen die Stadien als Bühne für Gewalt und schaden der friedlichen Mehrheit. Dagegen gehen wir vor - aber mit Augenmaß und im Dialog mit allen Beteiligten."
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hatte im Vorgriff auf die IMK-Beschlüsse bereits am Donnerstagabend zusätzliche Maßnahmen zur "Stärkung der Sicherheit" in den deutschen Stadien beschlossen. So stocken die Bundesligisten ihr Sicherheitspersonal zahlenmäßig auf, ebenso soll es besser qualifiziert werden. Auch die Zahl der Fanbeauftragten wird erhöht.
Auch Klubs protestieren
Mit diesen Entscheidungen übernehme der deutsche Profifußball "Verantwortung für ein sicheres Stadionerlebnis sowie eine lebendige Fankultur", teilte die DFL mit: "Zudem wird die Grundlage für eine weitere Reduzierung von Einsatzstunden der Polizei (...) geschaffen." Letzteres war ein zentrales Anliegen und einer der 78 Tagesordnungspunkte der 224. IMK-Sitzung in Bremen. Konkret wird jeder Klub künftig einen Veranstaltungsleiter sowie mindestens einen, im Fall der Zugehörigkeit zur Bundesliga mindestens zwei Sicherheitsbeauftragte in Vollzeit beschäftigen.
Im Vorfeld der IMK hatten Fans wochenlang massiv gegen verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in den deutschen Stadien protestiert. Auch DFL, DFB und Klubs lehnten eine von der Politik diskutierte deutliche Verschärfung der Regeln für den Stadionbesuch ab.