Fußball

Nur Schrecksekunden gegen United Für die Bayern hat es "Zoom" gemacht

"I am sorry, aber ich bin sehr glücklich heute": Josep Guardiola.

"I am sorry, aber ich bin sehr glücklich heute": Josep Guardiola.

(Foto: imago/Eibner)

Das Spiel des FC Bayern gegen Manchester zeigt, wie einfach selbst Guardiola-Fußball sein kann. Eine Stunde lang will das Tor nicht fallen, dann geht es Schlag auf Schlag. Dass es schlimm hätte enden können, will keiner mehr hören.

Erst einmal muss Manuel Neuer hinter sich greifen, um an den Ball zu kommen.

Erst einmal muss Manuel Neuer hinter sich greifen, um an den Ball zu kommen.

(Foto: AP)

Ob Josep Guardiola Klaus Lage kennt? Dem Vernehmen nach hört der Trainer des FC Bayern München ja eher den Indiepop von Coldplay - aber es ist an der Zeit, dass Hermann Gerland seinen Chef mit dem deutschen Sänger vertraut macht, der das Champions-League-Viertelfinale der Bayern gegen Manchester United schon vor dreißig Jahren vertont hat: "Tausendmal berührt", sang Klaus Lage, "tausendmal ist nix passiert." Keine dreißig Minuten waren in der Allianz Arena gespielt, da hatten die Bayern schon wieder 73 Prozent Ballbesitz und 165 erfolgreiche Pässe gespielt - United nur 44. Doch für einige Sekunden in Halbzeit zwei waren die hochgelobten und überlegenen Bayern raus aus der Champions-League, weil Patrice Evra in der 57. den Ball unter die Latte und ins Tor hämmerte. Aber dann, plötzlich, hat es "Zoom" gemacht. Mario Mandzukic glich quasi im Gegenzug aus, und dann lief es bei den Münchnern. Thomas Müller (68.) und Arjen Robben (76.) sorgten für das 3:1 und das Weiterkommen.

München - Manchester 3:1 (0:0)

Tore: 0:1 Evra (57.), 1:1 Mandzukic (59.), 2:1 Thomas Müller (68.), 3:1 Robben (76.)

FC Bayern München: Neuer - Lahm, Jerome Boateng, Dante, Alaba - Toni Kroos - Thomas Müller (84. Pizarro), Götze (65. Rafinha) - Robben, Ribery - Mandzukic
Manchester United: De Gea - Jones, Smalling, Vidic, Evra - Fletcher (75. Chicharito), Carrick - Valencia, Kagawa, Welbeck (81. Januzaj) - Rooney
Referee: Jonas Eriksson (Schweden)
Zuschauer: 67.300 (ausverkauft)
Schüsse: 25:6 Ecken: 11:3

"Zoom" ist im Übrigen so ein Wort, das man gerne mal aus dem Mund von Guardiola hören würde. Leider befindet es sich noch nicht in seinem Vokabular, also sagte er, was er eigentlich immer nach Siegen sagt: "Ich bin stolz auf diese Mannschaft." Dieses Mal spezifizierte er aber, warum genau: "Sie haben Herz und Teamgeist. Und was ich auch mache, sie folgen mir." Tatsächlich war das mal wieder gar nicht so wenig verlangt. Die Aufstellung Guardiolas trug einen Beigeschmack von Wahnsinn. Die Antwort auf Manchester Uniteds Betondefensive lautete: Noch mehr Offensive.

Bei Ballbesitz Bayern - und wie erwähnt, es war viel Ballbesitz - ergab sich quasi ein 3-2-3-2. Toni Kroos wirkte in einer Dreierkette mit Dante und Jerome Boateng, davor sollten die etatmäßigen Außen Philipp Lahm und David Alaba in der Mitte das Spiel antreiben. Franck Ribery und Arjen Robben gaben richtige Winger, während Mario Götze beinahe eine klassische Zehn spielte. Wenn er nicht wild mit den beiden Sturmspitzen Mario Mandzukic und Thomas Müller die Positionen tauschte.

Keine Zeit zum Nachdenken

Am Ende zählt der Sieg: Die Spieler des FC Bayern feiern.

Am Ende zählt der Sieg: Die Spieler des FC Bayern feiern.

(Foto: dpa)

Nur Zählbares brachten die Bayern bis zur Halbzeit nicht zustande - wie schon im Hinspiel im Old Trafford. Und wie schon vor einer Woche machte United das erste Tor. Nur dauerte es dieses Mal nicht so lange, bis die Bayern zurückschlugen. Ribery flankte in die Mitte und fand Mandzukic, der das Kopfballduell gewann und ausglich. Tausendmal hatten sie es vorher genau so probiert, tausendmal war nichts passiert. Thomas Müller brachte in seiner typisch schnodderigen Art auf den Punkt, was dieses Spiel gedreht hat: "Es waren im Endeffekt die Tore, die wir dann doch geschossen haben." Besonders der Zeitpunkt des Ausgleichs war wichtig, meinte Philipp Lahm: "So hatten wir überhaupt keine Zeit, nachzudenken."

Guardiola indes dachte viel nach an der Seitenlinie, und brachte schließlich in der 65. Minute Rafinha für Götze. Lahm rückte fortan ins defensive Mittelfeld, Kroos gab wieder die gewohnte Acht. Das Spiel der Bayern wurde zielstrebiger, zwingender. Also besser? "Nein, nur weil da die Tore fallen, läuft es doch nicht besser", sagte Kroos, und Kapitän Lahm pflichtete bei: "Wir waren auch in der ersten Halbzeit klar besser, wir haben wenig zugelassen, nur die Tore nicht gemacht." Nun aber fielen sie: Ribery kam ein ums andere Mal über links gefährlich zum Flanken, eine nahm Robben auf rechts wieder auf, passte flach in die Mitte, wo Müller zum 2:1 müllerte. Das 3:1 schließlich war dem "Man of the Match" Arjen Robben selbst vorbehalten, der seine Lieblingsvariante einstreute: Von rechts nach innen ziehen, lange am Ball bleiben, rumkurven, schießen, jubeln.

"Das ist der schönste Teil der Saison"

Ein souveräner Sieg mit einem kleinen, heilsamen Schock also? Nicht ganz. In der 62. Minute steht Wayne Rooney nach einer feinen Kombination völlig frei vor dem Tor, vergibt aber kläglich. Wäre er wirklich noch der "Weltklassestürmer", wie Dante vor dem Spiel behauptete, es hätte 2:1 für United gestanden, und Bayern hätte zwei Tore machen müssen, um weiterzukommen. Nur Momente vor dem 3:1 bricht Shinji Kagawa auf rechts durch, bringt den Pass in die Mitte aber nicht an den Mann. Eine bessere Mannschaft hätte den Bayern mehr Probleme machen können.

Von solchen Gedankenspielen wollte sich Guardiola nicht beirren lassen. "I am sorry, aber ich bin sehr glücklich heute", sagte er auf der Pressekonferenz, als er keine Lust auf eine ausufernde Antwort hatte. Zum fünften Mal steht er als Trainer in einem Champions-League-Halbfinale. Die Liga ist vorbei, weil gewonnen. Und dann ist da ja noch der DFB-Pokal. "Wir sind in einer überragenden Situation. Das ist der schönste Teil der Saison." Die Tore gemacht, weitergekommen. Selbst Guardiola-Fußball kann manchmal so einfach sein.

Quelle: ntv.de

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