Fußball

Ausfall wäre harter Schlag Oberdorf-Schock alarmiert vor Olympia

Oberdorf vergießt Tränen, als sie vom Platz humpelt.

Oberdorf vergießt Tränen, als sie vom Platz humpelt.

(Foto: dpa)

Das EM-Ticket gelöst, kann das DFB-Team vor den Olympischen Spielen befreit aufspielen. Wäre da nicht die Sorge um Lena Oberdorf. Die Weltklasse-Spielerin verletzt sich gegen Polen, muss unter Tränen vom Platz. Ihr Ausfall könnte das Team von Horst Hrubesch kaum auffangen.

Es ging alles so gut los: 50. Länderspiel für Lena Oberdorf, erstmals führt die 22-Jährige das DFB-Team im EM-Qualifikationsspiel in Polen (3:1) als Kapitänin auf den Platz. Gute Laune nach emotional anstrengenden Wochen, dem Pokalsieg mit dem VfL Wolfsburg, dem vielen Wirbel um ihren Wechsel zum größten Konkurrenten FC Bayern. Doch schnell drehen sich die Emotionen ins Negative.

Erst kassieren die DFB-Frauen in der 12. Minute den frühen Rückstand, die Defensive ist unsortiert und überfordert. Wieder einmal, im Hinspiel in Rostock am Freitag hatten die Polinnen sogar bereits nach 28 Sekunden getroffen. Das Team von Bundestrainer Horst Hrubesch läuft wieder einem Rückstand hinterher.

Dann ist noch in der ersten Halbzeit Oberdorfs Debüt mit der Binde jäh beendet. In der 37. Minute setzt sie zur Grätsche gegen Ewelina Kamczyk an. Sie trifft auch den Ball, kassiert von Schiedsrichterin Olatz Rivera Olmedo aus Spanien aber trotzdem die Gelbe Karte. Deutlich schwerwiegender ist aber, dass Oberdorf sich bei der Aktion selbst verletzt. Sie hält sich die linke Wade, muss von Betreuern vom Platz geführt werden, kann das Bein nicht belasten. Bei der Sechserin, die zur Weltklasse auf ihrer Position gehört, fließen die Tränen. In die Kabine wird sie sogar Huckepack getragen. Sie habe einen schmerzhaften Schlag in die linke Wade bekommen, teilt der DFB noch während der zweiten Halbzeit mit.

Für Island-Duell gesperrt

Eine genaue Diagnose blieb bislang aus. "Da muss ich jetzt auch abwarten. Ich hoffe, dass es nichts Gravierendes ist", sagte Hrubesch dem NDR. Die Gelbe Karte, ihre zweite in der EM-Qualifikation, sorgt auf jeden Fall dafür, dass Oberdorf beim Spiel auf Island gesperrt fehlen wird. Da ihr Team in der zweiten Halbzeit eine deutliche Leistungssteigerung hinlegte, Lea Schüller wie vier Tage zuvor doppelt traf und zudem noch ihre Bayern-Kollegin Klara Bühl traf, ist die Qualifikation für das Turnier in der Schweiz im kommenden Jahr bereits geschafft. "Wir freuen uns natürlich riesig, dass wir jetzt schon mit der Europameisterschaft planen können. Ohne Punktverlust bisher in der Gruppe ist wirklich ein Erfolg", sagte Nia Künzer, die Frauenchefin des DFB. "Wir versuchen auch weiterhin, die letzten beiden Spiele positiv zu gestalten, weil es auch Auswirkungen auf die Auslosung hat."

Oberdorfs Fehlen in Island wird also kein Drama sein. Schlimmer wiegt aber, dass nach den Bildern vom Dienstagabend die Sorgen groß sind. Eine schwerwiegendere Verletzung könnte sogar das Aus für die Olympischen Spiele bedeuten. Das Turnier in Frankreich beginnt für das DFB-Team am 25. Juli mit dem Spiel gegen den WM-Vierten Australien. Außerdem warten Rekord-Weltmeister USA und Sambia, das dem Team im letzten Spiel vor der Debakel-WM 2023 eine Pleite beigefügt hatte.

Ein potenzieller Ausfall von Oberdorf wäre eine Schwächung für Hrubeschs Team. Schon in dem Spiel gegen Sambia hatte sie sich am Oberschenkel verletzt und war nur mit der Hoffnung auf schnelle Genesung mit zum Turnier nach Australien gereist. Auf Oberdorf hatte Ex-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg nicht verzichten wollen. "Ich finde, Obi ist eine der weltbesten Mittelfeldspielerinnen", hatte auch Positionskollegin Melanie Leupolz, die nach der WM aus dem Nationalteam zurücktrat, gelobt. "Sie bringt eine unheimliche Wucht mit, eine Präsenz, was der Mannschaft immer hilft."

Nur 18 Spielerinnen dürfen zu Olympia

"Obi" ist eine der "Unverzichtbaren" im DFB-Team. In Deutschland gibt es derzeit keine, die sie adäquat ersetzen kann. Im DFB-Kader stehen Spielerinnen, die entweder offensiver spielen oder in der Defensive. Auf der Sechserposition strotzt sie vor Dominanz, ist eine unnachgiebige Abräumerin, die den Gegnerinnen Respekt einflößt, die aber auch kluge, öffnende Pässe spielen kann. Ihre Qualitäten lässt sich der FC Bayern einiges kosten. 450.000 Euro sollen die Münchner als Ablöse nach Niedersachsen überweisen, sie ist damit die teuerste Bundesliga-Spielerin aller Zeiten. Mit 17 Jahren, 5 Monaten und 20 Tagen löste sie niemand Geringeres als DFB-Legende Birgit Prinz als jüngste deutsche WM-Spielerin ab. 2019 war das, bei der WM in Frankreich, eben da, wo in diesem Jahr die Olympischen Spiele stattfinden.

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Es wäre für Oberdorf mit gerade einmal 22 Jahren bereits das vierte Turnier, aber die ersten Spiele. Für die hatte sich Deutschland zuletzt 2016 qualifizieren können, damals sogar Gold gewonnen. Für Hrubesch wird es der Abschluss seiner Trainer-Zeit beim DFB sein, er übergibt im Anschluss an Christian Wück. "Die Mädels müssen jetzt erstmal in den Urlaub, damit sie mal die Beine ein bisschen hochlegen können, vielleicht ein bisschen Fahrrad fahren oder schwimmen und sich auch erholen", sagte er.

Nach zwei weiteren Qualifikationsspielen geht sein Blick erst dann Richtung Olympia. Er hofft wie Künzer, dass dann alle gesund sind. Gut einen Monat ist noch Zeit. Bis dahin muss Hrubesch noch kräftig aussortieren, nur 18 Spielerinnen dürfen zum Kader gehören. Oberdorf aber hätte ihren Platz sicher. Jetzt muss nur noch die Wade mitspielen.

Quelle: ntv.de

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