Emotionale Tage nach Entführung Fußballstar bringt den eigenen Vater zum Weinen
17.11.2023, 11:51 Uhr
Knapp zwei Wochen ist Luis Manuel Díaz in der Gewalt einer Guerillagruppe. In Europa bangt sein Sohn, der Fußballstar Luis Díaz um ihn. Die Sache findet ein gutes Ende. Wenige Tage später gibt es einen neuen emotionalen Höhepunkt.
Luis Manuel Díaz hat schlimme Tage hinter sich: Beinahe zwei Wochen befand sich der Kolumbianer in der Gewalt einer kriminellen Bande, die mit seiner Entführung viel Geld verdienen wollten. Luis Manuel Díaz ist nämlich der Vater des Fußballprofis Luis Díaz, Stürmer des FC Liverpool und der kolumbianischen Nationalmannschaft. Der Entführungsfall hielt den Fußball in Atem, Diaz Jr. hatte nach einem Treffer in der Premier League vor laufender Kamera an die Entführer appelliert: "Lasst Papa frei!".
Die Guerillagruppe ließ Luis Manuel Díaz am vergangenen Donnerstag unter gewaltiger Anteilnahme der Bevölkerung vor Vertretern der Vereinten Nationen und der katholischen Kirche frei, auch die kolumbianische Regierung hatte interveniert. Später am selben Tag wurde er mit seiner Frau und anderen Familienmitgliedern wieder vereint, wenige Tage später konnte er seinen Sohn, den Fußballstar, in die Arme schließen. Es war ein tränenreiches Zusammentreffen. "Danke Gott, dass wir wieder als Familie zusammen sein können", schrieb der Liverpool-Profi und veröffentlichte ein emotionales Foto von sich und seinem Vater. Von einer früheren Reise nach Kolumbien war dem Liverpool-Star abgeraten worden.
"Ich liebe dich so sehr, mein Freund"
Nun weinte Luis Manuel Díaz schon wieder, auf der Tribüne des Metropolitano-Stadions in Barranquilla. Es waren wieder Tränen der Freude. Denn sein Sohn schenkte dem Vater, seinem Team und wohl dem ganzen Land zwei Treffer beim Sieg in der WM-Qualifikation zwei Tore zum 2:1-Sieg über den großen Favoriten Brasilien. Fernsehbilder zeigen den aufgelösten Vater nach den Toren seines Sohns. Díaz erzielte beide Tore per Kopf, das erste in der 75. Minute und das zweite in der 79. Für Kolumbien war es der erste Sieg gegen Brasilien in der WM-Qualifikation seit 15 Spielen. "Ich danke Gott. Er macht das alles möglich. Wir haben immer schwierige Momente erlebt, aber das Leben macht einen stark und mutig. So ist der Fußball und so ist das Leben", sagte Luis Díaz nach dem Spiel. "Wir haben diesen Sieg verdient."
Auch der enttäuschte Alisson Becker, Torhüter der überrumpelten Brasilianer, wusste natürlich um die Größe des Augenblicks. Mit Abpfiff umarmte der Hüne seinen Teamkollegen aus Liverpool. "Alisson hat mir gesagt, dass er sehr glücklich ist, weil er weiß, was wir durchgemacht haben", verriet Díaz. "Te quiero mucho, amigo", sagt Becker noch deutlich hörbar - "Ich liebe dich so sehr, mein Freund".
"Sie erkannten, dass es ein Fehler war"
Díaz Senior war Ende Oktober gemeinsam mit seiner Frau von der Guerillagruppe "Nationale Befreiungsarmee" (ELN) nahe der venezolanischen Grenze entführt worden. Die Frau kam schnell frei, den Amateurfußballtrainer führte man jedoch mit vorgehaltener Waffe in die nahe gelegenen Berge. Die ersten zwei oder drei Tage litt ich unter dem Mangel an Essen, wir hatten keinen festen Ort oder irgendetwas", sagte Díaz in einem tränenreichen Interview zu seiner Entführung. "Es war viel Reiten, ziemlich hart, viele Berge, viel Regen. Ich konnte nicht ruhig schlafen, es war sehr schwierig, fast 12 Tage ohne Schlaf. Nach drei Tagen spürte ich eine Veränderung, als es schien, dass ich bereits in den Händen der ELN war, sie sprachen mit mir und behandelten mich anders."
Wie ein Angehöriger berichtete, habe die ELN überhaupt nicht gewusst, wen die Entführer ihnen da übergeben habe. "Sie sagten, dass sie ihn freilassen würden, weil sie zuerst fragten: 'Wie ist sein Name?'. Sie erkannten, dass es ein Fehler gewesen war, ihn zu entführen, dass er der Vater von Luis Díaz war und dass sie den Prozess zu seiner Freilassung einleiten würden, aber dass es Zeit brauchen würde." Ein Kommandant der Gruppe hatte zuvor verkündet, man führe "wirtschaftliche Missionen" durch, die Entführung des älteren Herrn Díaz sei eine davon gewesen. Er werde aber freigelassen, weil er ein Familienmitglied "eines großen Sportlers sei, den alle Kolumbianer lieben". Ein Lösegeld wurde offenbar nicht gezahlt.
"Sie sind unsere Brüder"
Die Entführung von Luis Manuel Díaz hat die Friedensgespräche der Regierung mit der ELN, der ältesten und größten unter den verbliebenen Guerillagruppen des Landes, zurückgeworfen. Kolumbien befindet sich seit rund 60 Jahren in einem Bürgerkrieg, in dem mindestens 450.000 Menschen getötet wurden. "Sie sind unsere Brüder. Allen Brüdern in den Bergen, allen legalen und nicht legalen Gruppen rufe ich zu, dass sie sich besinnen und dass wir einen Dialog mit der Führung unseres Landes führen", sagte Luis Manuel Díaz nach seiner Freilassung, "damit Kolumbien in drei oder vier Jahren ein Land des Friedens ist."
Die mutmaßlichen Hinterleute der Entführung seien identifiziert worden, hatte die Polizei am Wochenende mit. Darunter sei die kriminelle Auftragsgruppe "Los Primos" (die Cousins). Vier Verdächtige wurden festgenommen. Im September hatte die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass kolumbianische Sicherheitsquellen davon ausgehen, dass mindestens 40 Prozent der ELN-Kämpfer ein mögliches Friedensabkommen ablehnen und bewaffnet bleiben könnten.
Quelle: ntv.de