Fans feiern mit grausamer Ironie Gefeuerter Dutt bewahrt Haltung
02.04.2012, 13:19 Uhr
Warten auf den Aufzug: Robin Dutt nach seiner Entlassung in der Leverkusener Arena.
(Foto: dpa)
Trainer Robin Dutt muss den Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen verlassen, weil er nicht den Ansprüchen genügt, die seine Chefs an ihn stellen. Während die Fans mit Sarkasmus reagieren, steht ihm Freiburgs Coach Christian Streich in bemerkenswerter Weise zur Seite.
Den wichtigsten Satz des Wochenendes, zumindest in der Welt des Fußballs, den hat Christian Streich gesagt. "Das geht nicht!" Genau genommen hat der Trainer des SC Freiburg mehrere Sätze gesagt, und das, was er dazu gesagt hat, wie das Publikum im Stadion den Leverkusener Trainer Robin Dutt verhöhnt hat, gilt auch im richtigen Leben. "Die Menschen, die das tun, müssen sich überlegen, was sie machen. Der Mensch soll anderen Menschen so etwas nicht antun. Das geht nicht! Ich habe das am Anfang gar nicht gedacht, dass das so ist. Ich habe gesagt: Was ist denn da jetzt, höre ich richtig? Ich habe das gar nicht glauben können. Ich hoffe, dass die Menschen, wenn sie nach Hause gehen, in die Reflexion gehen. Weil: Das geht nicht!"
Christian Streich hat mit seiner Mannschaft mit 2:0 das Bundesligaspiel in Leverkusen gewonnen, das war am Samstag. Und am Sonntag hat dann Bayer Leverkusen Robin Dutt entlassen, der ehemalige Innenverteidiger Sami Hyypiä übernimmt, interimsweise, zusammen mit dem Trainer der A-Jugend, Sascha Lewandowski, sechs Spieltage vor dem Ende der Saison. Der Verein fürchtet, die Qualifikation für die Europaliga nicht zu schaffen, weil die Mannschaft, in der vergangenen Saison unter Jupp Heynckes noch Zweiter des Abschlussklassements, zu selten gewinnt. Oder zu oft verliert.
Und dann nimmt er ihn in den Arm
So wie gegen den SC Freiburg, als der harte Kern der Leverkusener Fans nach einer Stunde, als sich die vierte Niederlage in der Bundesliga hintereinander abzeichnete, damit begann, die bevorstehende Entlassung des Übungsleiters zu feiern. "Robin Dutt, Robin Dutt, Robin Dutt" sangen sie. "Auf Wiedersehen!" "Oh, wie ist das schön." Während die Mannschaft sich leblos, planlos und ideenlos präsentierte, schunkelte die Klientel auf den Rängen - Ironie kann grausam sein. Und rief dann noch nach Michael Ballack, den lange verletzten und fast schon ausgemusterten Mittelfeldspieler. Christian Streich, bis zum vergangenen Sommer, als Robin Dutt noch die Freiburger trainierte dessen Assistent, ging nach dem Abpfiff zu seinem ehemaligen Chef und nahm ihn in den Arm. Helfen konnte er Robin Dutt damit nicht mehr.
Der hatte nach der Partie gesagt: "Für unsere Leistung gibt es einen Verantwortlichen, und der bin ich. Das sahen auch seine Chefs so, Sportchef Rudi Völler und Wolfgang Holzhäuser. Dennoch schien dem Leverkusener Geschäftsführer die Sache arg unangenehm zu sein. "Es ist mit noch nie so schwer gefallen, einem Trainer zu sagen, dass wir ihn freistellen müssen." Vor dem Hintergrund, dass Robin Dutt der zehnte Übungsleiter unter dem Bayer-Kreuz in den vergangenen zwölf Jahren war, will das etwas heißen. "Aber diese Dinge muss man mal hinten anstellen, wenn es um das große Ganze geht." Vielleicht hat er sich Wolfgang Holzhäuser aber auch so gewunden, weil er weiß, dass Robin Dutt das große Ganze nicht alleine verbockt hat. Auch wenn er Fehler gemacht hat.
Das ungelöste Problem mit Michael Ballack
Im Grunde ist Robin Dutt nie richtig in Leverkusen angekommen, obwohl er im Juni vergangenen Jahres bei seinem Amtsantritt durchaus erkannt zu haben schien, dass er in der Fußballfiliale des Bayer-Konzerns nicht so ruhig arbeiten kann wie im Breisgau. "Wenn ich keinen Erfolg habe, werde ich entlassen. Wenn ich Erfolg habe, darf ich noch ein bisschen länger bleiben", hatte er damals der "Rheinischen Post" gesagt. Dennoch scheint er den Verein und das Umfeld unterschätzt zu haben, auch die Zusammenarbeit mit den beiden Alphatieren Rudi Völler und Wolfgang Holzhäuser, die sich gerne und regelmäßig ins Tagesgeschäft einmischen. Und das Problem mit Michael Ballack, dem ehemaligen Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, für den Robin Dutt keine Verwendung zu haben schien, hat er nie richtig gelöst. Er ließ sich auch mit Kapitän Simon Rolfes auf einen Machtkampf ein, den er nur hätte gewinnen können, wenn er Erfolg gehabt hätte. Doch 14 Siege in 37 Pflichtspielen sind keine gute Quote für den Trainer eines Vereins, der vor der Saison sogar von der Meisterschaft gesprochen hat.
Das war ein Ballast, der zu gewaltig war für Robin Dutt, da können noch so viele Nationalspieler im Kader stehen. Er sollte mehr aus der Mannschaft herausholen als sein Vorgänger Jupp Heynckes. Doch in Ruhe arbeiten konnte er beim Werksklub nie. Das Verhältnis zwischen Robin Dutt und den Spielern war, wie es heißt, nie das Beste, intern soll es gewaltig gebrodelt haben. Die Rückendeckung der Bosse dagegen muss sich im Grenzen gehalten haben. Wolfgang Holzhäuser fasste die Gemengelage so zusammen: "Das Umfeld, damit meine ich die Zuschauer insgesamt, aber auch Sponsoren, und möglicherweise auch den einen oder anderen aus dem Bereich der Medien, hat einen Druck ausgeübt, der es nötig macht, hier etwas zu tun, um die Grundstimmung zu verbessern." Grundstimmung verbessern? So einfach geht das im Profifußball. Robin Dutt hat jedenfalls den Anstand bewahrt: "Ich bin dankbar, Trainer in Leverkusen gewesen zu sein.
Quelle: ntv.de