Fußball

Nach dem Krimi, vor dem Halbfinale Henning: "Mein erster Gedanke: Yeeeaaaah"

Zittern bis zur letzten Sekunde:  Josephine Hennings Nerven lagen im Spiel gegen Frankreich blank.

Zittern bis zur letzten Sekunde: Josephine Hennings Nerven lagen im Spiel gegen Frankreich blank.

(Foto: imago/foto2press)

Zittern bis zum Schluss. Nach dem Krimi gegen die starken Französinnen wartet auf die deutschen Fußball-Frauen das nächste sportliche Schwergewicht: die USA. Im Interview verrät die 25-jährige Josephine Henning was jetzt möglich ist, wie die Frauen die Nervenschlacht gegen Frankreich verarbeitet haben und was das Erfolgsgeheimnis des Teams ist. Für die junge Abwehrspielerin, die bei Paris St. Germain an der Seite ihrer Nationalmannschaftskollegin Annike Krahn spielt, ist es die erste WM mit dem A-Team. In Kanada wurde sie bislang einmal eingesetzt. Beim Gruppenspiel gegen Thailand durfte sie rund 30 Minuten mitwirken.

n-tv.de: 120 Minuten ein Kampf auf höchstem Niveau und dann noch Elfmeterschießen: Spektakulärer kann man wohl nicht in ein Halbfinale einziehen. Was war Ihr erster Gedanke nach der spielentscheidenden Parade von Nadine Angerer im Elfmeterschießen?

Josephine Henning: Mein erster Gedanke war: Yeeeaaaah (lacht)!

Lange sah es ja nicht besonders gut aus. Die Französinnen haben gewaltig Druck gemacht und lagen sogar in Führung. Gab's einen Punkt, an dem Sie gedacht haben: "Ohje, das geht heute schief"?

Nein! Das wird hier nichts mehr, habe ich nie gedacht. Allerdings war Frankreich sehr viel schneller im Spiel als wir. Sie haben hoch gestanden und uns früh gestört. So brauchten wir sehr lange, um unser Spiel zu finden. Da habe ich dann schon mal gedacht, jetzt sollte aber mal was passieren. Ein bisschen nervös bin ich also doch geworden. Und das Spiel von der Bank aus zu gucken, ist immer noch anstrengender als auf dem Platz. Ich hab 120 Minuten wirklich mitgelitten. Ich hab noch nie so viel geschrien und angefeuert. Aber irgendwann haben wir uns so reingesteigert, da konnte es einfach nicht mehr schiefgehen.

Galt dieser selbstbewusste Gedanke auch noch beim Elfmeterschießen?

Nein, während des Elfmeterschießens lagen meine Nerven komplett blank. Dass die Mädels das können, ist keine Frage, wir üben das auch fast in jedem Training. Allerdings war der Druck in der Situation extrem hoch. Und das gesamte Stadion war voller Frankreich-Fans und somit gegen uns. Aber bei jedem einzelnen Treffer von uns ist so viel Anspannung abgefallen und beim nächsten Elfer war sie direkt wieder da. Aber "Natze" hat das im Tor wirklich klasse gemacht. Sie hat gesehen, dass die letzte Schützin der Franzosen etwas verunsichert war, das spielt ihr natürlich in die Hände.

Wo Sie es gerade ansprechen: Was für eine Rolle spielt Nadine Angerer eigentlich bei Ihnen im Team? Hat sie als "Team-Oma" eine besondere Bedeutung für das Team und den Zusammenhalt? Immerhin hat sie die Mannschaft nach dem schwächeren Spiel gegen Thailand ordentlich wachgerüttelt …

Ja klar, Natze bringt einfach eine unfassbare Erfahrung mit. Das tut uns einfach sehr gut. Aber ich würde auch sagen, dass unser Teamzusammenhalt nicht nur von einer Person abhängt. Wir haben eine richtig gute Mischung aus Jung und Alt bei uns. Das passt.

Josephine Henning spielt ihre erste WM mit der A-Nationalmannschaft.

Josephine Henning spielt ihre erste WM mit der A-Nationalmannschaft.

(Foto: imago/Hübner)

Sie spielen ja momentan für Paris Saint Germain. War es ein komisches Gefühl, auf die Klubkolleginnen zu treffen - auch wenn Sie selbst ja nicht mitwirken durften?

Wir wohnen ja im selben Hotel, also sind wir öfter über den Weg gelaufen. Aber die letzten Tage habe ich mich eher auf unser Spiel konzentriert. Ich dachte: Quatschen kann man hinterher noch. Und während des Spiels war die Klubsolidarität ganz weg, da wollte ich nur noch, dass wir gewinnen. Ich dachte mir nur: "Oh nein, nicht gegen die." Deswegen war der Sieg dann doch sehr befriedigend (lacht).

Gab's denn trotzdem ein kleines bisschen Mitleid?

Kurz nach dem Spiel waren sie relativ schnell in der Kabine verschwunden, da wollte ich dann nicht so reinplatzen. Später im Hotel hab ich dann noch ein paar Mädels gesehen, da waren sie sehr nett und haben uns noch viel Glück gewünscht.

Jetzt geht’s am Dienstag im Halbfinale gegen die USA – der nächste richtig unangenehme Gegner. Was muss besser werden, damit's nicht wieder so eine Zitterpartie wird?

Also, einfacher wird’s nicht, das ist klar. Aber gegen die USA wird's ein anderes Spiel. Die sind nicht so verspielt wie die Französinnen. Sie sind dagegen sehr zweikampfstark und sehr robust. Und mit Leroux, Press und Wambach haben sie auch individuell sehr gute Spielerinnen. Ich hoffe halt, dass wir wieder mehr von unserer spielerischen Klasse zeigen können. Denn wir haben offensiv mehr drauf, als wir im letzten Spiel gezeigt haben.

Sie selbst spielen ja zum ersten Mal im A-Kader der Nationalmannschaft eine WM. 2008 waren Sie mit der U20 schon bei der WM in Chile dabei. Inwiefern fühlt sich das jetzt anders an?

Damals war es das erste große Turnier, ich bin da auch eher so reingerutscht. Alles war neu und aufregend. Jetzt ist es immer noch aufregend, aber ich kenne mittlerweile den Ablauf eines solchen Wettkampfes. Das Besondere jetzt ist vor allem, dass quasi alle meine Freunde hier mit mir sind. Dadurch, dass ich schon in verschiedenen Vereinen gespielt habe und auch schon etwas älter bin, kenne ich eigentlich alle Mädels hier ziemlich gut und wir sind wirklich ein Team. Ich könnte echt in jedes Zimmer gehen und mich mit jeder eine halbe Stunde unterhalten, weil wir uns auch immer was zu erzählen haben und das ist schön. Aber von der Qualität merkt man echt, dass das hier das Höchste ist, was der Frauenfußball zu bieten hat. Wenn man einmal bei einer WM war, dann will man immer wieder!

Geben Sie uns doch noch einen kleinen Einblick ins Team. Was ist das bisherige Erfolgsgeheimnis?

Wir sind ein Team! Das ist unser Geheimnis. Das haben wir gegen Frankreich bewiesen, dazu kommt eine ständige Analyse unserer Arbeit, damit wir uns auch immer weiter verbessern. Außerdem natürlich der unbedingte Wille, Turniere zu gewinnen!

Mit Josephine Henning sprach Hanna Landmann

Quelle: ntv.de

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