Wirtschaftsexperte redet Klartext "Hoeneß sollte zurücktreten"
06.05.2013, 15:42 Uhr
"Uli Hoeneß wird ja nicht in vier, acht oder zehn Wochen um die Ecke kommen und sagen, ich habe gar keine Steuern hinterzogen."
(Foto: dpa)
Für den Wirtschaftsexperten Manuel René Theisen ist klar: Uli Hoeneß muss als Aufsichtsratsvorsitzender der FC Bayern München AG zurücktreten. Wenn er eine saubere Lösung will. Alles andere sei Unfug. Nur: Zwingen können sie ihn nicht.
Der renommierte Wirtschafts-Professor Manuel René Theisen hält alles andere als einen sofortigen Rücktritt von Uli Hoeneß als Vorsitzender des Aufsichtsrates der FC Bayern München AG für abwegig. Auch ein Ruhenlassen des Amtes bis zum Finale der Fußball-Champions-League am 25. Mai ist für den Wissenschaftler der Ludwig-Maximilan-Universität München kein Thema.
"Ich denke, dass er auf jeden Fall zurücktreten sollte. Das wäre die sauberste Lösung", sagte der 61-Jährige über Hoeneß, der aufgrund seiner Steueraffäre in der Kritik steht. Auch das Amtes ruhen zu lassen mache keinen Sinn, weil eine Lösung des Problems nicht in Sicht sei: "Uli Hoeneß wird ja nicht in vier, acht oder zehn Wochen um die Ecke kommen und sagen, ich habe gar keine Steuern hinterzogen. Es gibt keinen Termin, an dem sich die Lage ändert."
Das Endspiel der Fußball-Champions-League zwischen Bayern München und Borussia Dortmund am 25. Mai in London stelle keinen Zeitpunkt dar, der ein Ruhenlassen rechtfertige. "Das erinnert mich an den Schüler, der sagt, ich will erst mein Eis, sonst gehe ich nicht in die Schule." Theisen, weltweit anerkannter Experte für Fragen der Corporate Governance (Grundsätze der Unternehmensführung), verwies darauf, dass es in einem solchen Gremium nicht um persönliche Triumphe gehen dürfe. "Man darf einen persönlichen Wunsch nicht über das Wohlergehen der AG stellen. Es geht für die Mitglieder im Aufsichtsrat nur um die Frage, wie kann ich Schaden von der Bayern AG abwenden."
"Schaden von eigenen Gesellschaften abwenden"
Der gebürtige Münchner, dessen Buch "Der Konzern" in Wirtschaftskreisen als Standardwerk gilt, betonte, dass ein Ruhenlassen eines Vorsitzes in einer AG generell durchaus machbar sei. "Es wäre rechtlich möglich, weil es keine gesetzlichen Vorschriften gibt, die das verbieten. Ein Mitglied des Aufsichtsrates muss jederzeit sein Handeln vor sich selbst verantworten und danach entscheiden. Das gilt auch für den Vorsitzenden, der keine anderen Rechte hat als das einfache Mitglied."
Dass die Mitglieder eines Aufsichtsrates ihren Chef zum Rückzug zwingen, sei dagegen rechtlich nicht legitim. Ein Aufsichtsratsmitglied könne nur für sich selbst entscheiden, ob die gegebene Situation gut für die AG ist und womöglich selbst zurücktreten, so Theisen, der aber einräumte: "Dadurch könnte natürlich Druck auch auf einen Aufsichtsratsvorsitzenden ausgeübt werden."
Theisen machte aber auch klar, dass die beim FC Bayern im Aufsichtsrat vertretenen Repräsentanten von Audi oder adidas bei ihren Entscheidungen das Ansehen ihrer eigenen Gesellschaften nicht aus dem Augen lassen dürfen. Theisen: "Sie müssen alle danach entscheiden, wie kann ich den Schaden für die Bayern AG so gering wie möglich halten. Dabei werden sie natürlich aber auch daran denken, wie Schaden von Ihren eigenen Gesellschaften abzuwenden ist."
Quelle: ntv.de, Nikolaj Stobbe, sid