Fußball

Gomez? Kießling? Es geht ohne Stürmer Joachim Löws stiller Triumph in Paris

Coole Sieger-Pose: Joachim Löw.

Coole Sieger-Pose: Joachim Löw.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mario Gomez nimmt sich beim Testspiel in Frankreich erst selbst aus dem Spiel. Und als er ausgewechselt wird, fahren die deutschen Fußballer den Sieg ganz ohne nominellen Stürmer ein. Bundestrainer Joachim Löw freut das. Seine Sturheit zahlt sich aus, das Experiment glückt, die Kritiker sind widerlegt.

Frankreich - Deutschland 1:2 (1:0)

Tore: 1:0 Valbuena (44.), 1:1 Müller (51.), 1:2 Khedira (74.)

Frankreich: Lloris - Sagna, Koscielny (46. Rami), Sakho, Evra - Cabaye, Matuidi (46. Capoue), Sissoko (80. Giroud) - Valbuena (86. Menez), Benzema, Ribéry

Deutschland: Adler - Lahm, Mertesacker, Hummels, Höwedes - Khedira, Gündogan - Müller (89. Lars Bender), Özil, Podolski (68. Schürrle) - Gomez (57. Kroos)

Schiedsrichter: Paolo Silvio Mazzoleni (Italien)

Zuschauer: 75.000 (ausverkauft)

Das ist seine Sache nicht, würde er nie machen. Aber im Grunde hätte Joachim Löw seinen Triumph auskosten und nach der Partie in Siegerpose durch den gleichnamigen Pariser Bogen schreiten können. Aber zum einen war es an diesem Mittwochabend in der französischen Hauptstadt ungemütlich windig, kalt und regnerisch. Und zum anderen ist es wesentlich stilvoller, kleine wie große Erfolge still zu genießen. Das wiederum hat der Bundestrainer durchaus getan. Er wirkte nicht unzufrieden dabei. Aber der Reihe nach.

Vordergründig hat die DFB-Elf in aller Freundschaft ihr Testspiel gegen Frankreich gewonnen, Thomas Müller und Sami Khedira schossen die Tore zum 2:1-Sieg. Das ist schön, poliert es doch gleich mehrere Statistiken auf. Zum ersten Mal seit einer halben Dekade ein Jahresauftaktsieg, das alleine sorgt schon für gute Laune, zumal gegen einen derart hochkarätigen Gegner, der einen gehörigen Anteil an einem prima Fußballspiel im mit 75.000 Zuschauern ausverkauften Stade de France in Saint Denis für sich reklamieren darf. Erstmals seit 1987 wieder gegen Frankreich gewonnen, erstmals seit 78 Jahren in Frankreich. Toll, toll, toll.

Dem Bundestrainer aber dürfte etwas ganz anderes gefallen haben. Seine Mannschaft hat nämlich bewiesen, dass sie auch ganz ohne nominellen Stürmer ein Spiel gewinnen kann, ganz nach dem Vorbild der großen Spanier. Und das spielt einem in die Karten, der demonstrativ und mit bemerkenswerter Sturheit darauf verzichtet, mit dem Leverkusener Stefan Kießling den erfolgreichsten deutschen Angreifer der Bundesliga einzuladen. Und das, obwohl sich Altmeister Miroslav Klose bei seinem Klub Lazio Rom einen Bänderriss im rechten Knie zugezogen hat und mindestens zwei Monate ausfällt. Also auch für die beiden Qualifikationsspiele zur Weltmeisterschaft 2014 in und gegen Kasachstan Ende März. Doch Kießling passt ihm nicht ins Konzept, basta. Da können die Kritiker, allen voran die "Bild"-Zeitung, schimpfen wie sie wollen.

"Damit kamen die Franzosen nicht so gut zurecht"

Erlebte nicht seinen besten Abend im DFB-Dress: Mario Gomez.

Erlebte nicht seinen besten Abend im DFB-Dress: Mario Gomez.

(Foto: dapd)

In der ersten Stunde gegen die Franzosen ergab sich das stürmerlose Auftreten eher unfreiwillig. Niemand hat die Absicht, dem Münchner Mario Gomez zu unterstellen, er habe sich absichtlich aus dem Spiel genommen. Aber im Grunde nahm er, so sehr er sich auch bemühte, so viel er auch lief, nicht am Geschehen teil. Seine Bilanz in seinem ersten Spiel für Deutschland seit der Europameisterschaft: zwei Torschüsse, 23 Ballkontakte, nur drei von 14 Zweikämpfen gewonnen. Doch als er dann für seinen Vereinskollegen Toni Kroos das Feld räumen musste, fuhr die deutsche Mannschaft den Sieg ganz ohne nominellen Stürmer ein.

Weil mal Mesut Özil, aber auch Thomas Müller und eben Kroos, flexibel, flink und technisch stark, den Platz ganz vorne einnahmen. Wie zufrieden Joachim Löw mit seinen Teilzeitstürmern war, deutete er hinterher an: "Damit kamen die Franzosen dann auch nicht so gut zurecht." Die Innenverteidiger der Gastgeber, konstatierte der Bundestrainer, hätten sichtlich Probleme gehabt, sich fix zu einigen, wer sich denn nun um welchen dieser rochierenden Deutschen kümmert. Er hat dann schnell noch betont, dass es für Mario Gomez wichtig gewesen sei, bei der Nationalmannschaft ein wenig Spielpraxis zu sammeln. "Das ist wichtig für die Zukunft, weil wir ihn auch noch brauchen." Aber es spricht viel dafür, dass dieser Schachzug ein Modell für die Zukunft ist. Wenn auch aus der Not heraus geboren.

Schließlich hatte Joachim Löw jüngst im Interview mit dem "Spiegel" selbst beklagt: "Haben wir denn wirklich eine solche Flut an Talenten? Wir haben eine Reihe von guten Mittelfeldspielern, die auch auf den Außenpositionen spielen können. Da sind wir mittlerweile zeitgemäß. Aber für den Sturm und die Abwehr müssen wir noch ein bisschen was tun in der Ausbildung." Es scheint so, als habe der Bundestrainer bis dahin eine Lösung gefunden: Klose, Gomez - oder eben gar kein Stürmer. Und die Sache mit dem Triumphbogen kann er sich für seinen ersten Titelgewinn aufheben.

Quelle: ntv.de

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