Fußball

Liverpools besonderer Torwart Kein Fußball-Wunder ohne Alisson

Ein Champions-League-Finalist - und Lionel Messi (v.l.): Alisson Becker verwehrte Messi beim "Wunder von Anfield" einen Treffer und schaltet den besten Fußballer der Welt schon wieder per Rückspiel-Wunder aus.

Ein Champions-League-Finalist - und Lionel Messi (v.l.): Alisson Becker verwehrte Messi beim "Wunder von Anfield" einen Treffer und schaltet den besten Fußballer der Welt schon wieder per Rückspiel-Wunder aus.

(Foto: imago images / VI Images)

Der FC Liverpool wirft den FC Barcelona spektakulär aus der Fußball-Champions-League, auch dank ihres brasilianischen Torwarts. Dessen Wurzeln liegen in Deutschland – und Jürgen Klopp hätte für den einst teuersten Keeper der Welt sogar das Doppelte bezahlt. Zu Recht.

Ein ganz kleiner Teil des ganz großen Fußball-Wunders von Anfield gehört der Gemeinde Mettnich im Saarland. Von dort zog Nikolaus Becker Ende des 18. Jahrhunderts aus in die Welt. Jener junge Mann war der Urahn von Alisson Becker, im letzten Jahr immerhin wenige Wochen lang der teuerste Torwart der Welt und seit Dienstagabend der Torhüter des ersten Champions-League-Finalisten der Saison 2018/19.

Jürgen Klopp, so gab der deutsche Trainer des FC Liverpool nach dem 4:0 seiner "Reds" gegen den FC Barcelona zu Protokoll, habe zwar "an die Chance geglaubt. Nicht daran, dass es klappt." Er meinte konkret: Die Drei-Tore-Hypothek aus dem Hinspiel: Unmöglich aber machbar! Sein Torwart wiederum dürfte einer der Spieler im hochkarätig besetzten Kader gewesen sein, die mit der größten Überzeugung ins Spiel gegangen waren. Und genau die sprach aus seinen Paraden gegen Lionel Messi, Luis Suarez, Coutinho und Jordi Alba - die den Torwart noch in traumatischer Erinnerung gehabt haben könnten.

Alisson, der Wunder-Experte

Schließlich ist der Brasilianer ein routinierter Wunder-Wirker: In der vergangenen Saison schaltete "seine" AS Rom den FC Barcelona im Champions-League-Viertelfinale aus, nach einem 1:4 in Camp Nou reichte seinerzeit schon ein 3:0 im Rückspiel. Zweifellos war das Ausscheiden der Spanier gegen kaum mehr zur europäischen Spitzenklasse zählende Römer die größere Sensation, auch wenn das "Wunder von Anfield" weit heller strahlt. Im Halbfinale war für die Italiener dann Schluss – gegen den FC Liverpool.

Mehr als 60 Millionen Euro nahmen die Verantwortlichen des FC Liverpool dann nach der Saison 2017/2018 in die Hand, um Alisson aus Rom auf die Insel zu holen. Über ein Interesse der Engländer am 1,93 Meter großen Torhüter der brasilianischen Nationalmannschaft war schon länger gemunkelt worden, spätestens seit der desaströsen Vorstellung von Loris Karius im Endspiel der Champions League, das der Deutsche mit zwei schlimmen Patzern beinahe im Alleingang Real Madrid zuschusterte, dürfte dann die Summe keine Rolle mehr gespielt haben.

"Als sich vor einigen Wochen die Gelegenheit ergab, einen der besten Torhüter der Welt zu verpflichten, war das keine lange Überlegung", berichtete Liverpool-Coach Jürgen Klopp von den spannenden Tagen im Sommer 2018, als man die Verpflichtung des Brasilianers eintütete, "man muss Rücksprache halten mit den Eigentürmern und die waren ziemlich begeistert. Also haben wir das gemacht."

Geld spielt keine Rolle

Der Preis, der erfolgsabhängig wohl auf rund 72 Millionen Euro steigen wird (und damit knapp unter jenen 80 Millionen Euro liegt, die der FC Chelsea für Kepa nach Bilbao überwies), spiele weder für den Klub noch für den Torwart eine Rolle: "Es ist bloß eine Bedingung des Marktes. Der Preis ist nur außerhalb des Vereins ein Thema. In der Mannschaft ist nur wichtig, dass wir einen weiteren wundervollen Spieler im Kader haben." Alisson habe "einen sehr ruhigen Charakter. Er kann damit umgehen." Der Torwart wiederum hatte schon lange vor dem Transfer verraten, dass Klopp für ihn ein besonderer Chef ist: "Ich mag ihn als Trainer sehr. Seine Leidenschaft ist einmalig. Ich finde gut, wie er nach den Partien auf den Platz geht und alle umarmt. Ich beobachte ihn besonders, weil ich deutsche Wurzeln habe."

So wie Vorfahr Nikolaus ab 1797, so recherchierte es die "Welt", sein Glück in Brasilien fand und dort zu einem angesehenen, wirtschaftlich erfolgreichen Bürger wurde, so dürfte auch der 26-jährige Alisson inzwischen längst in Liverpool angekommen sein, wirtschaftlich sowieso. Gut sieben Millionen Euro soll alleine das Grundgehalt des Keepers betragen. "Ich freue mich sehr. Ein Traum ist wahr geworden, das Trikot eines Vereins dieser Größe zu tragen", wurde er nach der Vertragsunterschrift zitiert, inzwischen erfüllt der 26-Jährige seinen Traum mit Leben – durch sportliche Höchstleistungen.

Im letzten Spiel der Premier-League-Saison könnte Alisson sogar noch einen Vereinsrekord aufstellen: Hält er gegen Wolverhampton seinen Kasten sauber, würde ihm das zum 21. Mal in dieser Saison gelungen sein – öfter als jedem anderen Keeper in der langen und ruhmreichen Historie des Klubs. Nur 22 Gegentore stehen für Liverpool nach 37 Ligaspielen in der Statistik. Überragende Werte einer überragenden Defensive. Und mit dem Wissen um das bevorstehende Endspiel um den wichtigsten Titel im europäischen Vereinsfußball dürfte dann auch zu verschmerzen sein, dass Manchester City am Sonntag wohl die englische Meisterschaft einfahren wird.

Das "Wunder von Anfield" wäre beinahe ausgefallen

Das "Wunder von Anfield" unterstützte der Barça-Schreck mit fünf Paraden, erlebte aber einen für seine Verhältnisse eher unspektakulären Abend. "Spielentscheidende Paraden und atemberaubende Spieleröffnungen" seien da eher Alissons Alltag, schwärmte der FC Liverpool auf seiner Website. Messi und Co. konnten im Rückspiel bei allem Bemühen nicht alles vom Brasilianer abfordern."Er ist der kompletteste Torwart, den ich in meiner gesamten Karriere gesehen habe. Wahrscheinlich zählt er zu den fünf besten der Welt, wenn nicht der beste - und deswegen akzeptiert und versteht man die Rolle", schwärmte sogar Konkurrent Simon Mignolet, der in dieser Saison bisher weder in der Premier League, noch in der Champions League zum Einsatz kam.

Alisson sichert im Dezember gegen Arkadiusz Milik den Einzug ins Achtelfinale.

Alisson sichert im Dezember gegen Arkadiusz Milik den Einzug ins Achtelfinale.

(Foto: imago/PA Images)

Und Klopp, der investitionsfreudige Coach, hätte nach Alissons überragender Vorstellung am letzten Spieltag der Champions-League-Vorrunde gegen den SSC Neapel sogar leichter Hand noch tiefer in die Tasche gegriffen: "Wenn ich gewusst hätte, dass Alisson so gut ist, hätte ich auch das Doppelte bezahlt." Kaum zu glauben: Hätte ihr Keeper nicht in der Nachspielzeit im Eins gegen Eins gegen Arkadiusz Milik den 1:0-Sieg fest gehalten, der frischgebackene Finalteilnehmer wäre schon in der Gruppenphase sang- und klanglos ausgeschieden.

Nun steht neben Jürgen Klopp und dem Bochumer Joel Matip also ein dritter Deutscher im Endspiel der Champions League. Wenigstens gefühlt. "Meine Oma spricht immer noch Deutsch", verriet Liverpools brasilianischer Torwart im letzten Jahr. "Wir feiern das Oktoberfest. Ich mag Würstchen und dunkles Brot sehr." Oktoberfest. Würstchen. Dunkles Brot. Deutscher geht es kaum, auch wenn Familie Becker natürlich in Wirklichkeit schon seit vielen Generationen aus Brasilianern besteht. Das "Wunder von Anfield", es schmeckt auch ein bisschen nach Bratwurst – und es nahm seinen Lauf vor über 200 Jahren. In Mettnich.

Quelle: ntv.de

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