Alles oder nichts in der WM-Quali König Otto hat einen Traum
13.11.2009, 17:43 UhrEs geht um alles oder nichts – wobei vorausgesetzt werden darf, dass es ist für einen Fußballer das Größte ist, bei einer Weltmeisterschaft mitspielen zu dürfen. Und das Schlimmste, zu Hause bleiben zu müssen. Das gilt auch – oder noch mehr – für die Fans. Nun stehen in Europa die Relegationsspiele zur WM 2010 auf dem Programm.
Und die haben es in sich – eben auch, weil es in vier Hinspielen am Samstag und vier Rückspielen am Mittwoch um alles oder nichts geht. Nur die Sieger sind in Südafrika dabei. Dank der Setzliste des Weltverbandes Fifa trifft jeweils ein vermeintlicher Favorit auf einen vermeintlichen Außenseiter. Weil das alles so spannend ist, haben wir für Sie alles Wichtige rund um die Relegationspartien zusammengestellt.
Russland – Slowenien, 17 Uhr in Moskau
Russland ist der Favorit, so viel ist klar. Russland, das ist die Mannschaft, die in der WM-Qualifikationsgruppe 4 richtig guten Fußball spielte, aber nur Platz zwei belegte, weil sie zweimal gegen Deutschland verlor. Nun soll es also über den Umweg Relegation klappen. Und geht es nach dem Niederländer Guus Hiddink, der die russische Mannschaft trainiert, hat die Sborjana gegen die Slowenen keine Chance. Die, so sagte er, verfügten über ein Team, "das perfekt verteidigt und vorne jede Chance nutzt". Hört sich tatsächlich nach der besten aller denkbaren Fußballmannschaften an.
Tatsächlich hat Slowenien in der Gruppe 3 hinter dem Überraschungssieger aus der Slowakei den zweiten Rang belegt – vor Tschechien, Nordirland und Polen. Und tatsächlich kassierten die Slowenen in ihren zehn Qualifikationsspielen nur vier Gegentreffer, weniger, als jede andere Mannschaft in Europa. Das ist gut, aber nicht furchteinflößend. In der Offensive sorgen zwei Bundesligaprofis für Gefahr: Milivoje Novakovic und Zlatko Dedic. Novakovic ist ein richtiger Guter, auch wenn es in dieser Saison beim 1. FC Köln noch nicht ganz so gut läuft wie in der vergangen Spielzeit. Immerhin schoss er zuletzt das Tor zum 1:0-Sieg bei Hertha BSC. Und Dedic? Spielt halt beim VfL Bochum – oder ist zumindest dort seit dem Sommer unter Vertrag. Ein Tor geschossen hat er dort noch nicht. Mit dem Kölner Miso Brecko verteidigt ein weiterer Bundesligaprofi auf der Außenbahn.
Dennoch: Russland ist und bleibt der Favorit. Da kann sich Guus Hiddink noch so sehr bemühen, die Euphorie bei den Fans zu dämpfen. Schließlich geht es um alles oder nichts. Die Slowenen jedenfalls fühlen sich in ihrer Rolle wohl: "Wir sind Außenseiter, aber wir haben schon jetzt mehr erreicht, als uns irgendjemand zugetraut hätte. Wenn alles passt, schaffen wir die Sensation", sagte Novakovic dem Kölner "Express".
Griechenland – Ukraine, 19 Uhr in Athen
Otto Rehhagel. Kein Beitrag über die griechische Nationalmannschaft, der in Deutschland erscheint, und nicht mit dem Namen ihres deutschen Trainers beginnt. An diese Regel halten wir uns gerne. Otto Rehhagel sagte dem "Kicker": "Für uns in Griechenland sind es die Spiele des Jahres, keine Frage." Geht ja auch um alles oder nichts. Und für Otto Rehhagel ist es die wohl letzte Chance, einmal als Trainer an einer Weltmeisterschaft teilzunehmen. Fünf Jahre und vier Monate nach dem Europameisterschafts-Triumph mit den Griechen will er sich gegen die Ukraine mit 71 Jahren einen Traum erfüllen.
Anders als beim Duell Russland gegen Slowenien ist in diesem Fall ein klarer Favorit nicht auszumachen, auch wenn der ukrainische Trainer Alexej Michailitschenko das anders sieht: "Wir werden auch in Athen auf Sieg spielen." Im defensiven Mittelfeld soll Anatoli Timoschtschuk vom FC Bayern München auflaufen, der frühere Herthaner Andrej Woronin hingegen ist nicht mit von der Partie. Ansonsten setzt Michailitschenko in erster Linie auf die Spieler von Spitzenreiter Dynamo Kiew, allen voran auf Andrej Schewtschenko, den Star der Mannschaft, bekannt aus Funk und Fernsehen sowie seiner Blütezeit beim AC Mailand und dem Reservistendasein beim FC Chelsea.
Bei den Griechen stehen drei Bundesligaprofis im Kader: Während der Frankfurter Ioannis Amanatidis verletzt ausfällt, sind Nürnbergs Angelos Charisteas, Vasilis Pliarsikas und der Leverkusener und Ex-Bochumer Theofanis Gekas einsatzbereit. Vor allem auf Gekas ruhen die Hoffnungen der Griechen - auch, weil Leverkusens Coach Jupp Heynckes so freundlich war, Gekas in der Liga zu schonen. Der Bundesliga-Torschützenkönig der Saison 2006/07, als er zwanzigmal für Bochum traf, ist mit zehn Treffern der erfolgreichste Spieler in der europäischen WM-Qualifikation. Ansonsten geht Rehhagel die Sache eher gewohnt defensiv an: "Uns ist jedes Ergebnis recht, das uns eine Chance für das Rückspiel offenlässt", sagte er der "taz". Sollte es allerdings mit der Qualifikation für Südafrika nicht klappen, dann würde die "Ära Rehakles" nach gut acht Jahren und – nach dem Rückspiel am Mittwoch – genau einhundert Pflichtspielen wohl beendet sein. Und die Artikel über die griechische Nationalmannschaft würden wieder anders beginnen.
Irland – Frankreich, 21 Uhr in Dublin
Um gleich zu Beginn die Frage nach dem Favoriten zu klären: "Eine Niederlage kommt für uns nicht infrage." Gesagt hat Frankreichs Spielgestalter Yoann Gourcuff. Der Regisseur von Girondins Bordeaux soll für die Kreativität hinter den beiden Spitzen Thierry Henry und Nicolas Anelka sorgen. Auch der französische Verbandspräsident Jean-Pierre Escalettes stellte klar, dass "wir uns qualifizieren werden". Alles andere wäre "ein Skandal", sagte Patrice Evra von Manchester United. Klingt ein wenig danach, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.
Nun geht es aber nicht danach, was die Spieler sagen, sondern danach, was sie auf dem Rasen zeigen. Und da sieht es für die Iren gar nicht so schlecht aus. Zwar betonte ihr italienischer Trainer Giovanni Trapatonni: "Ich bin weder Gott noch Sankt Patrick, ich bin ein Mensch." Aber auch mit ihm als Mensch hat die irische Mannschaft die Qualifikationsspiele bisher ohne Niederlage überstanden, gegen Italien verpasste sie zweimal nur knapp einen Sieg.
Der Druck jedenfalls liegt bei den Franzosen, bei denen der verletzte Franck Ribéry vom FC Bayern München nicht mitwirken kann. Und die machen sich das Leben selbst schwer, wie die "Süddeutsche Zeitung" zu berichten wusste. Allen voran der im eigenen Land nicht unumstrittene und wenig beliebte Trainer Raymond Domenech, der die Iren als "B-Team von England" bezeichnete. Der Kommentar überrascht mich nicht", konterte Irlands Kapitän Richard Dunne, "die Franzosen kommen mit all ihren Weltklassespielern zu den Turnieren, sie haben aber diesen einen Mann, der alles daran setzt, es zu vermasseln."
Portugal – Bosnien, 21.30 Uhr in Lissabon
Auch wenn ihr bester Spieler Cristiano Ronaldo verletzt ist – ähnlich wie die Franzosen gehen auch die Portugiesen als Favorit in diese Ausscheidung. Ohne den Madrilenen setzt Trainer Carlos Queiroz in Lissabon auf eine verstärkte Defensive - und erstmals seit drei Jahren auch wieder auf den Wolfsburger Ricardo Costa in der Abwehr. "Seine Hilfe wird besonders wertvoll sein. Er spielt mit zwei der besten Bosnier im Verein", sagte Queiroz.
Ansonsten nimmt Queiroz, wie es sich für einen ordentlichen Favoriten gehört, den Mund ein wenig voll: In Portugal seien die Offensivkräfte Edin Dzeko und Zvjezdan Misimovic "nicht bekannt - und ich hoffe, dass sich das nach den Playoffs nicht ändert. Unterm Strich habe ich keine Zweifel, dass wir uns qualifizieren." Vielleicht sollte Herr Queiroz mal beim VfL Wolfsburg nachfragen, was zu leisten Dzeko und Misimovic imstande sind. Zum Beispiel eine Mannschaft zur Deutschen Meisterschaft zu führen. Oder er ruft Ralf Rangnick in Hoffenheim an und fragt nach Vedad Ibisevic und Sejad Salihovic. Aber was zählt das schon in Portugal?
Die Osteuropäer schöpfen ihre Zuversicht aus der Tatsache, dass sie im Rückspiel Heimrecht haben. "Das könnte ein kleiner Vorteil für uns sein", sagte Misimovic. Allerdings sind gleich neun Bosnier mit einer Gelben Karte vorbelastet. "Aber wer sich aus Angst vor einer Sperre zurückhält, fliegt zum Rückspiel raus", kündigte Coach Miroslav Blazevic an. Für Bosnien wäre es, 17 Jahre nach der Unabhängigkeit des Landes und 14 Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs, die erste WM-Teilnahme. Es geht um alles oder nichts.
Quelle: ntv.de