FC Bayern will wieder zum Gipfel Kompany umschifft den "Riesenfehler" weitestmöglich
23.07.2024, 19:17 Uhr
Der Neue schlägt auch neue Töne an.
(Foto: picture alliance/dpa/Revierfoto)
Mit viel Elan geht Vincent Kompany seinen neuen Job beim deutschen Fußball-Rekordmeister an. Der FC Bayern soll wieder Titel gewinnen. Doch im Hintergrund lodern alte Debatten - angefeuert von Uli Hoeneß.
Um Land und Leute besser kennenzulernen, quälte sich Vincent Kompany am malerischen Tegernsee erst mal auf den 1722 Meter hohen Wallberg. "Hochzukommen ist ja noch okay, aber wieder runter nach 20 Jahren Profikarriere: Das ist echt schwer. Und da sagen die hier, das ist ein kleiner Berg", erzählte der neue Trainer des FC Bayern zum Start des Trainingslagers in Rottach-Egern.
Mit seinem Staff war der 38-Jährige bereits am Sonntag zu einer Bergtour aufgebrochen, nach einer Übernachtung auf einer Hütte ging es am Montag ins noble Seehotel Überfahrt, wo die Münchner bis Donnerstag bleiben. Er wolle für seine neue Umgebung ein "besseres Gefühl entwickeln", so Kompany. Es sei ja "eine ganz besondere Region in Europa, kaum eine Region ist so stolz wie Bayern".
Und kaum ein Verein ist so groß wie der FC Bayern, dessen "Mia san mia" in der vergangenen Saison jedoch kräftig gelitten hat. Erstmals seit zwölf Jahren wieder titellos, welch eine Schmach. Mit Kompany soll es wieder ganz nach oben zum Gipfel gehen. Er verstehe "dieses Gefühl", sagte er: "Wir müssen immer weitermachen, es geht immer zum nächsten Schritt. Alles in der Vergangenheit ist schön, aber wir sind erfolgreich, weil wir in die Zukunft denken."
Eberl: Kompany will "evolutionieren"
Seine Bosse hat Kompany mit dieser Einstellung bereits überzeugt. Sportvorstand Max Eberl sprach in der "Welt" von einer "herausragenden Lösung, einem perfekten Fit". Der frühere Weltklasseverteidiger sei "bereit, Dinge zu entwickeln und zu evolutionieren. Er hat die Lust, den Mut und unser Vertrauen - und von uns das Gefühl bekommen, auch Fehler machen zu dürfen. So werden wir erfolgreich sein". Selbst Ehrenpräsident Uli Hoeneß war nach einem gemeinsamen Abendessen begeistert vom neuen Coach. "Unheimlich gefallen" habe ihm, dass Kompany deutlich gemacht habe, "dass die Arbeit im Mittelpunkt stehen muss."
Dies betonte Kompany auch vor der ersten Einheit auf dem Sportplatz des FC Rottach-Egern. Zu harter Arbeit gebe es "keinen Kompromiss. Ich will Intensität im Training haben". Schon bei seiner Vorstellung hatte er forsch betont: "Mein Lifestyle ist die Arbeit, die ich liebe. Ich bin all-in." Gleichzeitig wolle er aber auch "alles für die Spieler machen, dass sie besser werden und sich wohlfühlen".
Was Kompany aber gar nicht wollte: Fragen zu den zahlreichen Spekulationen um mögliche Zu- oder Abgänge beantworten. Was wird aus Leon Goretzka, da der Portugiese Joao Palhinha nun vor der Abwehr abräumt? Läuft Joshua Kimmich künftig wie beim DFB-Team in der Rechtsverteidigung auf oder vielleicht doch wieder im zentralen Mittelfeld? Bleibt Kingsley Coman? Geht Matthijs de Ligt? "Das ist nicht mein Job. Namen gehören nicht zu meinem Denken", sagte der 38-Jährige deutlich. Es wäre "ein Riesenfehler, über einzelne Spieler zu reden". Einkauf, Verkauf, das sei nicht sein Job, erklärte Kompany.
Wichtig: "Bock haben"
Das kannte man beim FC Bayern zuletzt ganz anders. Den "Riesenfehler", den Kompany sieht, hatten schon seine Vorgänger begangenen. Sechstupel-Trainer Hansi Flick verließ die Münchner, weil er sich mit Ex-Sportvorstand Hasan Salihamidzic bei der Kaderplanung überwarf. Die kurze Ära von Thomas Tuchel begann mit dem Transfertheater um die "Holding Six" und endete mit Gemosere über die Kaderdicke. Auch Julian Nagelsmann, der mittlerweile den Bundestrainer-Posten innehat, trug auch seine Spielerwünsche an der Säbener Straße selbstbewusst vor.
Dass Kompany nun auch wirklich gar keinen Namen kommentieren wollte, dürfte vor allem einen freuen: Uli Hoeneß. Der residiert bekanntlich selbst nicht nur am Tegernsee, sondern lenkt von dort trotz Ruhestand auch die Geschicke des deutschen Fußball-Rekordmeisters. Oder eben manchmal macht er das in der Öffentlichkeit. Mittlerweile ist es schon ein jährliches Ereignis, dass Hoeneß seine Arbeitsaufträge (mehr Sparsamkeit!) an die Verantwortlichen ins Mikrofon spricht.
Zuletzt am Wochenende: Er wies darauf hin, dass besonders eine Position schlicht unbesetzt ist. Der FC Bayern habe "keinen Geldscheißer", sagte Hoeneß. Wenn das Duo Eberl/Freund noch weitere Spieler verpflichten will, dann muss es erst welche verkaufen. Mit Flügelstürmer Michael Olise, Innenverteidiger Hiroki Ito und besagtem Palhinha gaben beide schon 125 Millionen Euro aus. Weitere Stars sollen noch folgen, kolportiert wird, dass auch Niederlande-EM-Entdeckung Xavi Simons auf der Einkaufsliste steht. Auch der könnte noch mal 90 Millionen Euro kosten. Viel Geld also. Die Einnahmenseite kann da bislang nicht mithalten: Malik Tillman wechselt für 12 Millionen Euro nach Eindhoven. Das war's.
Doch das ist nicht das einzige Problem, das Hoeneß sieht. Während Tuchel von einem chronischen Krankenstand am Saisonende geplagt war und ihm irgendwann die Spieler fast ausgingen, sah Hoeneß das am Wochenende anders. Er unkte, dass möglicherweise ein Gelenkbus-Problem drohe: ein viel zu aufgeblähter Kader, für den der Mannschaftsbus nicht mehr ausreiche. Kompany wollte das nicht kommentieren. Dazu sei er "nicht hier", sagte er. "Wir haben 60, 70 Spiele, wir brauchen alle Spieler", erklärte er nur kurz.
Kompany, das ist schon jetzt klar, hat ganz andere Schwerpunkte. Ihm sei wichtiger, "die Energie zu spüren und den Hunger zu sehen". Auf großspurige Kampfansagen verzichtete er nach einer titellosen Saison: "Spieler, wie wir sie haben, zeigen immer eine Reaktion. Wir brauchen keine großen Sprüche machen. Aber es ist wichtig für mich, dass wir zeigen, dass wir Bock haben."
Quelle: ntv.de, ses/sid