Fußball

Falscher Coach zur falschen Zeit Kovac' Idee passt nicht zum FC Bayern

Von Beginn an gab es Zweifel an der Qualität von Trainer Niko Kovac.

Von Beginn an gab es Zweifel an der Qualität von Trainer Niko Kovac.

(Foto: imago images / Sven Simon)

Den deutschen Fußball dominieren, titel- und ergebnistechnisch: Das ist der ewige Anspruch des FC Bayern. In dieser Saison droht beides zu misslingen. Niko Kovac ist trotz Vorschusslorbeer nicht der neue Dominator-Trainer - weil Spielidee, Taktik und Balance einfach nicht stimmen.

Der FC Bayern möchte stets den deutschen Fußball dominieren. Das ist der Anspruch des Klubs. Das ist in seiner Mia-san-mia-DNA fest verankert. Dieser Anspruch gilt auf dem Platz ebenso wie außerhalb. Die besten deutschen Spieler sollen das Trikot des Rekordmeisters tragen. Und die Meisterschale soll jedes Jahr in den Trophäenschrank der Münchener wandern. Doch was, wenn Anspruchsdenken und Spielstil nicht mehr so recht zusammenpassen?

Vor dieser Saison haben die Bayern mit Niko Kovac einen Trainer mit Stallgeruch verpflichtet - ganz nach dem Geschmack von Präsident Uli Hoeneß. Der Kroate feierte mit Eintracht Frankfurt beachtete Erfolge in der vorangegangen Saison. Er schlug unter anderem ausgerechnet den FC Bayern spektakulär im DFB-Pokalfinale und führte Frankfurt so in die Europa League. Die Zeit schien reif für diese Verpflichtung, nachdem mit Carlo Ancelotti ein erfahrener Trainer von internationalem Rang zuvor gescheitert war. Und der eingesprungene Jupp Heynckes nur als Übergangslösung bereit stand.

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Doch so romantisch diese Trainerverpflichtung auch schien, es gab von Beginn an Zweifel an der Qualität von Kovac. Gewiss verfügt der 47-Jährige über die notwendige Ausstrahlung. Aber Ausstrahlung allein genügt nicht, um das Starensemble des FC Bayern in Schach zu halten. Das erfuhr Kovac in dieser Saison bereits am eigenen Leib, als seine taktische Herangehensweise im Champions-League-Duell gegen den FC Liverpool nicht von Erfolg gekrönt war. Schnell meldeten sich einige Führungsspieler zu Wort und äußerten subtil - oder teils offen - Kritik am Trainer.

Die Angst vor dem Konter

Das 1:3 im Rückspiel gegen Liverpool im eigenen Stadion verdeutlichte zugleich das Dilemma, in welchem sich Kovac momentan befindet. Nach einer durchwachsenen Hinrunde, in der seine Mannschaft oftmals konteranfällig war, unter anderem beim als peinlich eingestuften 3:3 daheim gegen Fortuna Düsseldorf und generell die gewohnte defensive Stabilität vermissen ließ, änderte er die Ausrichtung der Bayern. Er legte nun ein viel größeres Augenmerk auf Absicherung - ganz zu Lasten der offensiven Durchschlagskraft.

Am offensichtlichsten wurde dies aber tatsächlich gegen Liverpool. Das bayerische Mittelfeld und die bayerische Außenverteidigung leisteten der Sturmabteilung nur wenig Unterstützung. Die drei Angreifer waren nicht selten auf sich allein gestellt und in klarer Unterzahl, wenn der Ball schnell in die Hälfte Liverpools gespielt wurde. Die Angst ausgekontert zu werden war bei Kovac deutlich spürbar. Nun befindet sich der FC Bayern seit Jahren in einer ähnlichen Situation. Die meisten Gegner verschanzen sich 30 bis 40 Meter vorm eigenen Tor und lauern auf Fehler des Rekordmeisters, um dann blitzartig Konter einzuleiten. Die ambitionierteren und besseren Gegner versuchen es mit aggressivem Pressing und wollen die Bayern bereits beim Spielaufbau unter Druck setzen.

Qualität im Gegenpressing fehlt den Bayern

Josep Guardiola bewältigte diese Herausforderung in vielen Fällen, indem seine Mannschaft sehr geduldig den Ball durch die eigenen Reihen zirkulieren ließ, bis sich eine Lücke auftat. Heynckes setzte auf eine recht durchschlagskräftige Spielweise. Unter ihm stießen die Bayern unablässig nach vorn und nagelten Gegner mit hoher Intensität fest. Dazu benötigte es aber Mut im Gegenpressing, um Ballverluste direkt auszubügeln. Diese Qualität im Gegenpressing fehlt den Bayern in der Saison 2018/19. Sie fehlt ihnen eigentlich schon seit geraumer Zeit. Zur Ehrenrettung von Kovac muss allerdings erwähnt werden, dass gerade Javi Martínez vor einigen Jahren noch eine wahre Instanz im Gegenpressing war und viele Konterangriffe der Gegner im Keim erstickte. In der Saison 2012/13, als die Bayern letztmalig die Champions League gewannen, war der spanische Wadlbeißer noch der Unterschiedsspieler beim FCB.

Kovac scheint der falsche Trainer zur falschen Zeit. Er hat nicht das Gespür für die richtige Balance zwischen defensiver Absicherung und offensivem Risiko. In Frankfurt war er als Cheftrainer nach kurzer Zeit schon eine Instanz, an der keiner wirklich Kritik übte, selbst wenn eine Partie mal aufgrund von taktischen Fehlentscheidungen verloren ging. Bei den Bayern umgaben den 47-Jährigen von Beginn an Zweifel an seiner Eignung für diesen so anspruchsvollen Job. Seine bisherige Amtszeit ist von Vorsicht geprägt. Er stellt selten das taktische System um, reagiert oftmals zu spät oder nur unzureichend auf Entwicklungen im Spiel und lässt jene Selbstverständlichkeit vermissen, die er in Frankfurt noch hatte.

Wie es ein Trainer bei einer neuen Station auch machen kann, hat Lucien Favre in dieser Saison bereits bewiesen. Er krempelte Borussia Dortmund, den ärgsten Rivalen, der am Samstagabend zum Spitzenspiel in der Allianz Arena gastiert, von der ersten Woche an nach seinen Vorstellungen um. Schon in der Sommervorbereitung wurde deutlich, dass der BVB künftig eine Favre-Mannschaft sein wird. Die Bayern sind immer noch kein Kovac-Mannschaft.

Quelle: ntv.de

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