Reumütig nach Leverkusen Kramer kriecht zum Kreuze
22.12.2014, 15:20 Uhr
"Das Gesamtpaket mit Mannschaft, Trainer und dem Verein an sich passt einfach": Christoph Kramer.
(Foto: dpa)
War eh klar, aber jetzt ist es offiziell: Christoph Kramer, Fußball-Weltmeister, kehrt zurück nach Leverkusen und verlängert gar seinen Vertrag. Aber er gibt sich auch selbstkritisch: Zu naiv sei er gewesen und habe vielleicht ein bisschen "zuviel drauflos geplaudert".
Die berufliche Zukunft von Christoph Kramer ist geklärt. Der Fußballprofi kehrt nach zwei Jahren Ausleihe an Borussia Mönchengladbach unters Bayerkreuz zu seinem Stammverein nach Leverkusen zurück. Wie der Werksklub mitteilte, wurde der bis 2017 laufende Kontrakt mit Kramer um zwei Jahre bis zum 30. Juni 2019 verlängert. Ein Verbleib in Mönchengladbach ist damit ebenso vom Tisch wie Wechsel zu einem internationalen Spitzenklub.
"Das Gesamtpaket mit Mannschaft, Trainer und dem Verein an sich passt einfach", sagte der 23 Jahre alte Kramer. "Nach den Gesprächen mit den Verantwortlichen in Leverkusen musste ich nicht lange zögern, meinen Vertrag dort zu verlängern." Eine interessante Sicht der Dinge, hatte sich doch die Debatte um seinen Arbeitsplatz mehr als vier Monate lang hingezogen. Im August hatte sich Kramer, nachdem er mit der deutschen Nationalmannschaft in Brasilien Weltmeister geworden war, mit Bayers Sportchef Rudi Völler angelegt. Im Streit um seine Rückkehr hatte der Spieler erklärt, er fühle sich "wie in einem modernen Menschenhandel", wolle nicht hin- und hergeschoben werden. "Wenn ich irgendwo nicht spielen möchte, spiele ich da nicht. Da kann ein Vertrag aussehen, wie er will."
"Wollte mich nie abgehoben oder respektlos äußern"
In der Folge brachte Kramer selbst die Wechselmöglichkeit zu europäischen Topadressen ins Gespräch. Der SSC Neapel war ein Thema, Real Madrid wurde gehandelt, noch am diesem Sonntag hieß es, der FC Arsenal wäre bereit, 32 Millionen Euro für den Mittelfeldspieler zu berappen. Der Verdacht lag nahe, dass Kramer darauf abzielte, seinen überschaubar dotierten Vertrag in Leverkusen gegen ein weitaus besser dotiertes Papier zu ersetzen. Dies dürfte ihm nun mit der Unterschrift gelungen sein. Völler jedenfalls zeigte sich zufrieden: "Mit Kramer haben wir - auch vor dem Hintergrund des bevorstehenden Karriereendes von Simon Rolfes - die Mannschaft auf einer sehr wichtigen Position im Mittelfeld auf Top-Niveau ergänzt."
Sportlich waren Kramers Leistungen nach der WM durchwachsen. Nach dem denkwürdigen Finale, als er nach einem Zusammenprall mit Argentiniens Ezequiel Garay benebelt ausgewechselt worden war, spielte Kramer in Gladbach unbeständig, bezeichnend war sein spektakuläres Eigentor gegen Dortmund aus 45 Metern. "Ich bin in Mönchengladbach zum Nationalspieler geworden, dafür und für die wundervolle Zeit bin ich sehr dankbar", sagte Kramer: "Jeder einzelne kann sich darauf verlassen, dass ich in dem verbleibenden halben Jahr alles tun werde, damit der Klub auch nächste Saison international spielt."
Kramer spielte seit der Jugend für Bayer, schaffte aber zunächst nicht den Sprung in den Profikader. Von 2011 bis 2013 war er an Zweitligist VfL Bochum ausgeliehen, es schloss sich das Leihgeschäft mit Gladbach an. Dort startete der Blondschopf durch, die Berufung ins WM-Team war der Lohn. In den vergangenen Wochen redete sich Kramer allerdings um viele Sympathien. Zum Transfer-Hickhack kam eine erhöhte Medienpräsenz in Talksendungen und Rückblicken - die Konzentration aufs Kerngeschäft ließ spürbar nach. Kramer zeigte sich in dieser Hinsicht selbstkritisch: "Ich habe nach meiner medienwirksamen Geschichte in Rio kein Interview gescheut. Und im Nachhinein ein bisschen naiv und zuviel drauflos geplaudert", schrieb Kramer bei Instagram: "Für mich ist in den letzten Monaten so viel eingeprasselt. Ich wollte mich nie abgehoben oder respektlos gegenüber Menschen oder Vereinen äußern. Aber so wie es rüberkam habe ich selbst ein schlechtes Gewissen." In Leverkusen kann Kramer zeigen, dass er gelernt hat - er hat immerhin vier Jahre Zeit dazu.
Quelle: ntv.de, sgi/sid/dpa