Im Reich der goldenen Klinken Kuranyi fällt in Moskau auf
07.04.2011, 12:42 UhrEx-Nationalspieler Kevin Kuranyi wagt den Schritt in eine andere Welt. Im Sommer 2010 wechselt er zu Dynamo Moskau und profitiert dort nicht nur von einem fürstlich dotierten Vertrag, sondern auch von außergewöhnlichen Trainingsbedingungen. Ein Besuch an der Moskwa.

"Moskau ist eine tolle Stadt, eine Weltstadt. Besonders gut gefällt mir der Rote Platz": Kevin Kuranyi.
(Foto: picture alliance / dpa)
Blaues Langarmshirt, grüne Jacke, funkelnde Schuhe, Kevin Kuranyi fällt auf in Moskau. Nicht nur aufgrund seiner farbenfrohen Kleidung, auch sportlich muss sich der 29-Jährige, der seine orangefarbenen Fußball-Schuhe seit Sommer 2010 für Dynamo Moskau schnürt, keinesfalls verstecken.
Empfang beim 52-maligen deutschen Nationalspieler auf Dynamos pompösem Trainingsgelände in Nowogorsk, einem Villenviertel etwas außerhalb von Moskau. Wer das schwere Eisentor mit goldenem Vereinsemblem und die Sicherheitskräfte passiert hat, steht neben gut gepflegten Trainingsplätzen und vor einem großen Glaspalast - hier ist die neue Fußballheimat des Ex-Schalkers Kevin Kuranyi.
"Wollen wir kurz rüberlaufen? Ich führe euch ein bisschen rum." Kuranyi ist gut drauf, trotz Dynamos Stotterstart in die neue Saison. Aus drei Spielen gab es erst einen Sieg und einen Treffer des Deutschen, am Samstag setzte es eine 0:3-Schlappe in Nowgorod - zu wenig für die internationalen Ambitionen des Traditionsklubs. Nach einem Fußmarsch durch das Gängelabyrinth von Dynamo und einem kurzen Telefongespräch auf portugiesisch drückt der 29-Jährige die erste von vielen goldenen Klinken herunter: "Die Türen sind hier alle so klein, aber wenn man sie aufmacht, öffnen sich riesige Räume."
"Die Russen mögen es etwas protziger"
Hier wurde nicht gekleckert, plötzlich steht man in einer großen Schwimmhalle, an der Wand hängen beruhigende Naturfotos. "Auch bei Schalke hatten wir tolle Bedingungen, aber hier ist alles eine Nummer größer. Die Russen mögen es etwas protziger", sagt der Angreifer mit einem stolzen Grinsen im Gesicht. Unabhängig von den guten Rahmenbedingungen ist für den Torjäger die internationale Bühne wichtig, daran lässt er keinen Zweifel. Vergangene Saison wurde es Platz sieben - trotz neun Treffern von Kuranyi in 16 Rückrundenspielen war das wenig zufriedenstellend.
Von einer vorzeitigen Rückkehr nach Deutschland will der kopfballstarke Stürmer mit dem Vertrag bis 2013 dennoch nichts wissen. Ein Kontrakt, der alle anderen Angebote deutlich ausstach: Fürstliche sechs Millionen Euro netto pro Jahr lässt sich der russische Hauptstadtklub angeblich seine Dienste kosten. Auch privat ist der Stürmer, der nach der tollen Rückrunde der vergangenen Saison zu Dynamos Spieler des Jahres gewählt wurde, zufrieden. Kuranyi wohnt nur wenige Minuten vom Trainingsgelände entfernt mit seiner Frau Vicky und seinen zwei Kindern Karlo (5) und Vivien (3). Er schwärmt von seiner Wahlheimat: "Moskau ist eine tolle Stadt, eine Weltstadt. Besonders gut gefällt mir der Rote Platz."
"Bin Herrn Löw sehr dankbar, habe viel von ihm gelernt"
Ein klein wenig Sehnsucht nach Deutschland klingt aber doch durch, wenn der 261-malige Bundesligaspieler von der deutschen Eliteklasse spricht: "Die Spiele in den ausverkauften Stadien in Deutschland sind wunderschön, ich hatte eine super Zeit." Dynamo Moskau spielt im Schnitt vor etwa 7000 Zuschauern, Eintracht Braunschweig besuchen mehr als doppelt so viele Fans pro Spiel - in der 3. Liga. Aber der Mann mit der deutschen, brasilianischen und panamaischen Staatsangehörigkeit sieht eine positive Entwicklung, mit prominenten Namen soll die russische Premjer Liga an Reiz gewinnen: "Neue Spieler wie Roberto Carlos und Trainer wie Ruud Gullit verbessern die Liga mit ihrer Erfahrung und ihrer Qualität. Und durch die Vergabe der Weltmeisterschaft 2018 an Russland werden die Stadien renoviert."
Mit dann 36 Jahren wäre Kuranyi, der in Deutschland in acht aufeinander folgenden Spielzeiten zweistellig traf, wohl zu alt. Aber auch in der Gegenwart ist die deutsche Nationalmannschaft nicht nur aufgrund der geografischen Distanz in weite Ferne gerückt. Von Joachim Löw wurde er seit seinem unrühmlichen Abgang 2008, passenderweise während eines WM-Qualifikationsspiels gegen Russland, nicht mehr berufen. Nachtreten will Dynamos Nummer 22 aber nicht: "Ich bin Herrn Löw sehr dankbar, habe viel von ihm gelernt. Natürlich hatte ich eine schwierige Phase und habe auch Fehler gemacht. Wichtig ist, dass man aus den Fehlern lernt und sie nicht wiederholt."
Quelle: ntv.de, Peer Lasse Korff, sid