Von wegen Overath und Netzer Löw lässt Özil und Götze zaubern
07.11.2011, 12:07 UhrWie bitte? Zwei Spielmacher in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft? Ja, geht denn das? Klar, sagt Bundestrainer Joachim Löw und plant, in den letzten beiden Testspielen des Jahres Mesut Özil und Mario Götze gemeinsam in die Startelf zu stellen. Klingt gut, ist es auch.
Schadet zu viel Spielwitz einer Mannschaft? Natürlich nicht, sagt Bundestrainer Joachim Löw und kündigt an, in den letzten beiden Partien der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in diesem Jahr, etwas ausprobieren zu wollen. Er will in Kiew gegen die Ukraine am Freitag oder am Dienstag in Hamburg gegen die Niederlande Mesut Özil und Mario Götze zusammen im offensiven Mittelfeld spielen lassen. Klingt gut, ist es auch. Doch in einem Land, in dem viele immer noch glauben, eine ordentliche Mannschaft verkrafte nur einen Spielmacher, geht das schon als Experiment durch.
Dabei ist die Diskussion um die Frage, wer denn nun das Spiel der Nationalelf lenkt, allein der Ausdruck für das Luxusproblem, mit dem sich Joachim Löw beschäftigen darf. Dass er nämlich vor allem im Mittelfeld so viele junge, sehr gute Spieler zur Verfügung hat, dass nicht alle spielen können. Wahl ja, Qual nein. "Als Trainer ist man da sehr glücklich." Zumal im modernen Hochgeschwindigkeitsfußball längst nicht mehr nur einer die Verantwortung für den Spielaufbau trägt, in der DFB-Elf sind daran zum Beispiel auch Innenverteidiger Holger Badstuber und defensive Mittelfeldspieler wie Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos als Wanderer zwischen den Strafräumen maßgeblich daran beteiligt.
Bizarre Frage nach Özils Nachfolger
Was aber die offensive Zentrale betrifft, scheint seit den Zeiten von Wolfgang Overath und Günter Netzer zu gelten, dass es nur einen geben könne. Und als Mario Götze im August beim 3:2 im Testspiel gegen Brasilien seine außergewöhnlichen Fähigkeiten zur Schau stellte, sah sich Joachim Löw mit der bizarren Frage konfrontiert, ob er überhaupt noch Verwendung für Mesut Özil habe, der verletzt in Madrid geblieben war? Ob also die Zeit des 22-Jährigen von Real Madrid abgelaufen sei und nun der 19-Jährige aus Dortmund den Platz für sich beanspruchen könne? Der Bundestrainer schien auf der Pressekonferenz in Stuttgart ernsthaft verblüfft. Weil sich ihm die Frage nicht stellt. Beide könnten "hervorragend zusammenspielen, auch wenn das in der Nationalmannschaft noch nicht so praktiziert worden ist."
Die Frage ist also einzig und alleine, wer stattdessen auf der Bank Platz nehmen muss. Damit aus dem Glauben nun Gewissheit wird, plant Joachim Löw gegen die Ukraine oder die Niederlande den Praxistest. Es gibt da mehrere Möglichkeiten, zumal der Bundestrainer angekündigt hat, sein System in einem der beiden Spielen auf ein 4-4-2 umstellen zu wollen, was allerdings mehr darauf abzielt, dass dann mit Miroslav Klose und Mario Gomez beide Stürmer zum Zuge kommen würden.
Selbst Cristiano Ronaldo kriegt sich kaum ein
Nun könnte Mario Götze in diesem System zwar auf der linken Außenbahn spielen, doch der Bundestrainer sagt: "Er ist für mich einer, der ins Zentrum gehört." Dort, wo auch Mesut Özil am stärksten ist. Cristiano Ronaldo, portugiesischer Weltklassestürmer und Vereinskollege bei Real Madrid, versteigt sich sogar zu der Behauptung: "Mesut hat mich besser gemacht. Wenn du große Spieler um dich herum hast, spielst du auch gleich stärker."
Um also beide gemeinsam unterbringen zu können, bietet sich in dem anderen Spiel ein 4-1-4-1 mit zwei zentralen offensiven Akteuren und nur einem defensiven Mittelfeldmann vor der Abwehr an. Da Bastian Schweinsteiger vom FC Bayern verletzt fehlt, könnte Sami Khedira von Real Madrid die Rolle des Sechsers vor der Viererkette ausfüllen, der Kölner Lukas Podolski oder sein Leverkusener Konkurrent André Schürrle spielen im linken Mittelfeld, die rechte Seite übernimmt der Münchner Thomas Müller – und in der Mitte wirbeln Mario Götze und Mesut Özil. Verlierer dieser Konstellation wäre der zuletzt vom Bundestrainer sehr gelobte Münchner Toni Kroos. Aber es können eben nicht alle spielen. So viel Spielwitz war selten in Deutschland.
Quelle: ntv.de