Fußball

Causa Kevin Kuranyi Löw schweigt eisern

Mit Arne Friedrich und Tim Wiese sprechen sich erstmals zwei aktive Fußball-Nationalspieler für eine WM-Teilnahme von Bundesliga-Toptorjäger Kevin Kuranyi aus, natürlich via "Bild". Was Joachim Löw davon hält, bleibt verborgen: Der Bundestrainer schweigt beharrlich.

Joachim Löw überlässt die Kommentare zur Personalie Kevin Kuranyi anderen.

Joachim Löw überlässt die Kommentare zur Personalie Kevin Kuranyi anderen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Joachim Löw lässt sich nicht aus der Reserve locken: Auch nach der Klausurtagung zur Vorbereitung der Fußball-Weltmeisterschaft schweigt der Bundestrainer zum Fall Kevin Kuranyi. "Ein Statement dazu wird es nicht geben", sagte Harald Stenger, Pressesprecher des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Es seien in den nächsten Tagen auch keine Interviews von Löw zu diesem Thema geplant.

Im Gegensatz zu Bastian Schweinsteiger glaubt Nationalspieler Arne Friedrich dennoch, dass Löw den Schalker Torjäger Kuranyi begnadigen wird. "Ich denke ja", sagte der Abwehrspieler von Hertha BSC der "Bild"-Zeitung auf die entsprechende Frage. "Der Bundestrainer wird sich das sicher noch mal überlegen. Und ich glaube, bei den Leistungen, die Kuranyi zuletzt gebracht hat, stehen die Chancen gut."

Kein öffentlicher Druck

Löw hatte sich am Dienstagabend den Champions-League-Sieg des FC Bayern gegen Manchester United angeschaut, ein Fernsehinterview bei "Sky" sagte er ab. Löw will sich nicht öffentlich unter Druck setzen lassen - und er hat noch viel Zeit, eine Entscheidung zu treffen: Erst Anfang Mai vor dem letzten Bundesliga-Spieltag will der 50-Jährige seinen erweiterten Kader für die WM (11. Juni bis 11. Juli) nominieren. Sein 23-Mann-Team für Südafrika muss er erst am 5. Juni dem Weltverband FIFA melden.

Beim Bayern-Sieg in der Allianz-Arena konnte sich Löw kaum ein aussagekräftiges Bild seiner Stürmer machen: Mario Gomez kam bei seinem Comeback nach überstandener Wadenverletzung erst in der 73. Minute für seinen engagierten, aber glücklosen DFB-Auswahl-Kollegen Thomas Müller. Der Ex-Stuttgarter zeigte aber Wucht und Willen und war am Last-Minute-Tor von Ivica Olic beteiligt. Miroslav Klose durfte erst in der 86. Minute aufs Feld.

"Kevin ist super drauf"

"Meine persönliche Meinung ist, dass Kevin vom Fußballerischen dabei sein müsste", meinte Friedrich. In der Bundesliga zeigt Kuranyi derzeit im Gegensatz zur Stürmerkonkurrenz, zu der neben den Münchnern Gomez und Klose auch noch Lukas Podolski (1. FC Köln), Cacau (VfB Stuttgart) und Stefan Kießling (Bayer Leverkusen) zählen, konstante Topleistungen. "Kevin ist super drauf, hat einen Lauf. Er sollte bei der WM dabei sein", sagte auch Werder Bremens Nationaltorwart Tim Wiese in der "Bild". Schweinsteiger hingegen rechnet nicht mehr damit, dass Löw "seine Entscheidung ändert".

Arne Friedrich würde Kevin Kuranyi gern wieder im Nationalmannschaftsbus begrüßen.

Arne Friedrich würde Kevin Kuranyi gern wieder im Nationalmannschaftsbus begrüßen.

(Foto: dpa)

Die Diskussionen um eine Begnadigung Kuranyis schlagen seit dem Doppelpack des Angreifers von Schalke 04 bei Bayer Leverkusen am Samstag hohe Wellen. Die Experten-Prominenz um Franz Beckenbauer und Rekordweltmeister Lothar Matthäus forderte zuletzt unisono, dass der mit 17 Bundesliga-Treffern derzeit beste deutsche Torjäger mit zur WM nach Südafrika fährt. Auch Martin Max, 2002 Bundesliga-Torschützenkönig und trotzdem nicht für die WM nominiert, forderte eine Rückkehr Kuranyis in die Nationalmannschaft.

Flucht mit Ankündigung

Nachdem Kuranyi vom WM-Qualifikationsspiel gegen Russland im Oktober 2008 unerlaubt abgereist war, kündigte Löw an: "So lange ich Bundestrainer bin, spielt Kuranyi nicht mehr für Deutschland." Seine letzte verbürgte Aussage zu diesem Thema stammt aus der Vorwoche: "Es gibt von uns zu vielen Personalien klare Aussagen, die wir nicht ständig wiederholen müssen."

Joachim Löw und Kevin Kuranyi haben noch nicht wieder zueinander gefunden.

Joachim Löw und Kevin Kuranyi haben noch nicht wieder zueinander gefunden.

(Foto: dpa)

Kuranyi war bei der Nominierung für die Heim-WM 2006 von Jürgen Klinsmann aus dem Kader gekickt worden, führt aber derzeit die Torschützenliste in der Bundesliga mit 17 Treffern an. Für ihn hat sich unter anderem Franz Beckenbauer stark gemacht. Befürworter des Schalkers verweisen auch auf die Eskapaden von Podolski, der sich - unter anderem mit der Backpfeife gegen Kapitän Michael Ballack - viel mehr zu Schulden habe kommen lassen als Kuranyi, der aus Enttäuschung über sein Tribünen-Dasein gegen Russland nach Hause gefahren war.

Aus Löws Sicht wiegt an Kuranyis Flucht besonders schwer, dass der Stürmer seine Abreise vor dem Spiel angekündigt hatte - und Löw ihn daraufhin eindringlich aber vergeblich bat, zu bleiben. Die Flucht des Stürmers geschah also mitnichtennicht im Affekt, sondern war das Ergebnis monatelanger Frustration.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen