Lahm auf dem Sofa, Zieler im Tor Löw testet im Finalstadion
11.11.2011, 13:48 Uhr
Die große Bühne: Im Kiewer Olympiastadion finden 70.000 Zuschauer Platz. Angemessen für einen EM-Endspielort.
(Foto: dpa)
Während in Kiew noch schnell der Platz vor dem frisch renovierten Olympiastadion gepflastert wird, sitzt Philipp Lahm daheim im Warmen. Die deutschen Fußballer testen ohne ihren Kapitän in der Ukraine das Finalstadion der EM 2012. Dort wollen sie auch in sieben Monaten auflaufen. Die Aussichten sind glänzend, weil die heutige Mannschaft keine Perspektive haben muss.

Der große Experimentator: Joachim Löw nutzt das Gastspiel im EM-Finalstadion zum Testen.
(Foto: dpa)
Es ist schon besser, dass Philipp Lahm zu Hause geblieben ist. Wenn die deutschen Fußballer heute Abend in Kiew gegen die Ukraine spielen, sitzt der Kapitän zu Hause in München im Warmen. Er nimmt seine Antibiotika und sieht sich im Fernsehen an, wie sich seine Kollegen vor 70.000 Zuschauern im frisch renovierten und ausverkauften Olympiastadion mit dem Co-Gastgeber der Europameisterschaft im kommenden Sommer messen. Bundestrainer Joachim Löw hat seinem Kapitän für dieses Testspiel und das am Dienstag in Hamburg gegen die Niederlande frei gegeben. Lahm soll sich ausruhen.
Er kann das ganz im Gegensatz zu den Arbeitern, die in der Nacht vor dem Spiel noch schnell im Scheinwerferlicht den Platz vor der erleuchteten Arena an der Metrostation Respublikanskyj Stadion pflasterten. Sie haben ihre Sache gut gemacht, am Morgen waren die Bauzäune verschwunden, und während sie an der einen Ecke noch die letzten Steine verlegten, fegten die an der anderen schon den Sand vom frischen Pflaster. Philipp Lahm jedenfalls kommt die Pause gelegen, da ihn, wie er sagt, eine Nebenhöhlenentzündung plagt.
Nicht nur Schaufensterpuppen tragen kniefrei
Dann doch besser auf dem Sofa als in der Stadt, in der nicht nur die Schaufensterpuppen auch im November noch kniefrei tragen, bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt und eisigem Wind in kurzen Hosen die linke Abwehrseite hoch und runter laufen. Das soll nun der Dortmunder Marcel Schmelzer übernehmen. Rechts kommt wohl Wolfsburgs Christian Träsch zum Einsatz, in der Innenverteidigung sollen der Münchner Holger Badstuber und Mats Hummels von Borussia Dortmund spielen. Den Job vor der Abwehr übernimmt Real Madrids Sami Khedira alleine. Der zweite etatmäßige Sechser, Mittelfeldchef Bastian Schweinsteiger vom FC Bayern, hat sich das Schlüsselbein gebrochen.

Große Erwartungen: DFB-Chef-Zauberer Mesut Özil wird diesmal von Dortmunds Wunderkind Mario Götze unterstützt.
(Foto: REUTERS)
Deshalb stellt Löw um. Im Vierermittelfeld vor Khedira werden, das ist sicher, erstmals dessen Vereinskollege Mesut Özil und Dortmunds Wunderkind Mario Götze gemeinsam die Kreativzentrale bilden. Die Außenbahnen beackern voraussichtlich der Kölner Lukas Podolski und Thomas Müller vom FC Bayern. Mario Gomez, ebenfalls in München unter Vertrag, ist der einzige Stürmer, auch weil Miroslav Klose verletzt ist. Allerdings macht der Bundestrainer noch ein kleines Geheimnis um seiner Aufstellung. "Die Mannschaft ist eingespielt, die Philosophie sitzt, sie ist gefestigt. Wir müssen Experimente machen, und wir können sie uns auch leisten."
Zieler debütiert, das Stadion auch
Er probiert das gegen einen Gegner, der nun wirklich nicht zu den Favoriten auf den EM-Titel gehört und über den Joachim Löw, wie er zugibt, nur wenig weiß. Sein Kollege Oleg Blochin, der heute auch den Münchner Anatoli Timoschtschuk einsetzten wird, wartete zuletzt mit immer neuen Formationen auf. "Ich kann nicht erahnen, mit welcher Mannschaft er antritt", sagt Löw, der den 35 Jahre alten Andrej Schewtschenko immer noch für einen der "wichtigsten Spieler" hält. Dieses Wissen hilft ihm allerdings wenig, weil der Torjäger von Dynamo Kiew, der seine besten Jahre beim AC Mailand erlebte, verletzt aussetzen muss. Der Bundestrainer bleibt aber diplomatisch, spricht von einem schweren Spiel und wünscht sich, "dass wir ein erfolgreiches Jahr positiv abschließen".
Das will auch Ron-Robert Zieler, der mit seinen 22 Jahren und gerade einmal 27 Spielen für Hannover 96 in der Bundesliga zum ersten Mal in seinem Leben im Tor der Nationalmannschaft steht. Stammkeeper Manuel Neuer wird wie sein Münchner Vereinskollege Lahm geschont.
Zieler ist der 50. Debütant in der Amtszeit von Joachim Löw, und die Partie im Kiewer Olympiastadion ist nach dem kompletten Umbau, der dem Vernehmen nach 585 Millionen Euro gekostet hat, und der Einweihung mit Popstar Shakira am 8. Oktober das erste Spiel gegen einen internationalen Gegner. Und da hier am 1. Juli nächsten Jahres das Finale der EM stattfindet, ist die DFB-Elf heute Abend also schon da, wo sie in sieben Monaten auch sein will. Allerdings mit einer Mannschaft, die so bei dem Turnier nicht spielen wird. Denn im Sommer werden nicht nur die Stammkräfte Neuer und Schweinsteiger wieder dabei sein. Auch Philipp Lahm tauscht sein Sofa wieder gegen den Rasen.
Ukraine - Deutschland in Kiew,
ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de
Ukraine: Rybka (Schachtjor Donezk/24 Jahre/1 Länderspiel) - Butko (Illitschiwez Mariupol/20/4), Rakizki (Schachtjor Donezk/22/12), Kutscher (Schachtjor Donezk/29/26), Selin (Worskla Poltawa/23/2) - Rotan (Dnepr Dnepropetrowsk/30/54), Timoschtschuk (Bayern München/32/111) - Konopljanka (Dnepr Dnjepropetrowsk/22/13), Besus (Worskla Poltawa/21/0), Jarmolenko (Dynamo Kiew/22/15) - Milewski (Dynamo Kiew/26/40)
Deutschland: Zieler (Hannover 96/22/0) - Träsch (VfL Wolfsburg/24/9), Hummels (Borussia Dortmund/22/10), Badstuber (Bayern München/22/16), Schmelzer (Borussia Dortmund/23/5) - Khedira (Real Madrid/24/22) - Müller (Bayern München/22/23), Götze (Borussia Dortmund/19/10), Özil (Real Madrid/23/28), Podolski (1. FC Köln/26/93) - Gomez (Bayern München/26/49)
Schiedsrichter: Carlos Velasco Carballo (Spanien)
Quelle: ntv.de