Fußball

Klassiker auf "Niveau 1" ManU gastiert in München

Wenn Manchester United heute in München antritt, um sich im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League mit dem deutschen Rekordmeister zu messen, sind die Bayern im eigenen Stadion ausnahmsweise Außenseiter. Dabei spricht die Statistik klar für die Münchner - auch wenn ManU scheinbar ein Finalabonnement hat und mit Wayne Rooney den derzeit torgefährlichsten Stürmer Europas in seinen Reihen.

Personifizierte Torgefahr: Wayne Rooney ist derzeit nicht zu stoppen.

Personifizierte Torgefahr: Wayne Rooney ist derzeit nicht zu stoppen.

(Foto: REUTERS)

Die größte Gefahr für das Bayern-Tor im Viertelfinalduell mit Manchester United ist, darüber besteht weltweit Einigkeit, Wayne Rooney. Der nach dem Weggang von Cristiano Ronaldo zu Real Madrid vom Rüpel zum Weltstar gereifte Nationalstürmer ist treffsicher wie nie zuvor. Die zweitgrößte Gefahr für das Bayern-Tor, das verrät die Statistik, ist der FC Bayern selbst. Hinter Rooney rangiert zwar Dimitar Berbatov mit zwölf Saisontoren auf Rang zwei der teaminternen Torjägerliste. Der griesgrämige Bulgare steht aber nur in der Startelf, wenn Rooney nicht spielt, beim Gastspiel in München also auf keinen Fall.

Manchesters verlässlichster Torschütze neben Rooney wird beim Anpfiff auf dem Münchner Rasen deshalb der Gegner sein. Der war in der Premier League bislang so freundlich, in 32 Partien gleich elf Tore für ManU zu erzielen. Nun sind die Bayern zwar nicht Hannover 96, das in dieser Saison gegen Gladbach bereits mit drei Eigentoren in einem Spiel glänzen konnte. Und die Premier League ist auch nicht die "Königsklasse", wo die Gegner keineswegs so bereitwillig für ManU einnetzen wie in England. Vorsicht ist dennoch angebracht, zumal die Bayern-Abwehr in den letzten Wochen das macht, was sie nicht machen soll: keinen sicheren Eindruck.

Hintergründiges Lob

Sir Alex Ferguson bedruckt an den Bayern vor allem ihre Geschichte.

Sir Alex Ferguson bedruckt an den Bayern vor allem ihre Geschichte.

(Foto: REUTERS)

Erschwerend kommt hinzu, dass die Bayern gegen Manchester auf Arjen Robben verzichten müssen, zumindest in der Startelf. Dem Niederländer schmerzt die Wade. Damit fehlt ausgerechnet jener Spieler, der in den letzten Wochen den Unterschied ausgemacht hat, sei es in der Champions League gegen den AC Florenz oder im Pokal gegen den FC Schalke. "Er ist nicht verletzt, aber sein Muskel ist müde und ich muss sicher sein, dass ein Spieler 100 Prozent fit ist", ließ Bayern-Coach Louis van Gaal vor dem Spiel und 26 Fernsehkameras verlauten. Spielen wird der Niederländer wohl, doch 100 Prozent dürfte Robben bis zum Anpfiff um 20.45 Uhr trotz Dauer-Intensivpflege kaum erreichen.

Für die Bayern sind das schlechte Nachrichten, Manchester United lässt das frohlocken. Wie sehr, ließ Coach Sir Alex Ferguson indirekt durchblicken, als er den Gegner vor dem achten Champions-League-Duell beider Teams ausführlich lobte – für seine große Vergangenheit. "Man darf die Geschichte des FC Bayern im Europäischen Fußball nicht vergessen. Ich habe viel Respekt vor dem FC Bayern München. Mannschaften, die eine solche Historie haben, besitzen sehr viel Stolz und da müssen wir uns mit auseinandersetzen", ließ Ferguson verlauten. Aufpassen müsse man aber natürlich auch, weil die Bayern "sehr, sehr gute Spieler und einen sehr guten Trainer" hätten.

Lachen über 1999

Zur großen Geschichte der Bayern gehört auch die Geschichte vom "dramatischsten Endspiel aller Zeiten" (Ferguson), der legendären Niederlage im Champions-League-Finale 1999 gegen ManU. Sie darf in keiner Vorschau neuerlicher Duelle fehlen und geht so: Damals, in Barcelona, gingen die Münchner früh in Führung, trafen dann noch Pfosten und Latte und schenkten das Spiel schließlich doch noch leichtfertig her, durch zwei Tore in der Nachspielzeit. Bei Bayern-Coach Louis von Gaal ruft das "schön anzusehende" Finale noch immer Heiterkeit hervor. Der Niederländer saß damals als Coach des FC Barcelona im Stadion und erinnert sich unter anderem an folgende Szene: "Ich habe damals den Vorstand kurz vor Schluss nach unten gehen sehen. Und als sie unten waren, war es umgedreht."

1999 fühlte sich Bayern-Coach Louis van Gaal vom Champions-League-Endspiel gut unterhalten. Aber "jetzt würde ich das nicht mehr so schön finden."

1999 fühlte sich Bayern-Coach Louis van Gaal vom Champions-League-Endspiel gut unterhalten. Aber "jetzt würde ich das nicht mehr so schön finden."

(Foto: dpa)

Soweit die Fußballfolklore. Was an der Niederlage auch fast elf Jahre später noch überraschend ist, ist die schlichte Tatsache, dass es in den bisherigen sieben Duellen der einzige Sieg von Manchester gegen die Bayern war. Fergusons Kommentar dazu: "Es überrascht mich, dass wir noch nie gegen sie gewonnen haben außer dem einen Mal in Barcelona." In München wolle man das ändern, wenngleich der letzte Auftritt dort keinesfalls optimal verlief. Im Elfmeterschießen des Audi-Cups 2009 unterlag man nicht nur, Torhüter Edwin van der Sar brach sich dabei auch noch die Hand.

Diesmal soll es anders laufen, die Vorzeichen stehen günstig: Während Manchester im Achtelfinale den AC Mailand deklassierte und in Auswärtsspielen seit 16 Partien ohne Niederlage sind, quälten sich die Bayern gegen den AC Florenz in die nächste Runde. Während Manchester 2010 sein drittes Champions-League-Finale in Folge erreichen will, hoffen die Bayern auf den ersten Halbfinaleinzug seit 2001. Während Manchester die Premier League anführt, sind die Bayern in der Bundesliga nach zwei Niederlagen in Serie nur noch Zweiter. Während Manchester bis auf die Langzeitverletzten Owen Hargreaves und Michael Owen alle Stars zu Verfügung stehen, fehlt den Bayern vorn Arjen Robben, im Mittelfeld Bastian Schweinsteiger (Gelbsperre) und Franck Ribery die Weltklasseform. Während Manchester die Favoritenrolle selbstbewusst und selbstverständlich annimmt, klingt bei den Bayern Nervosität durch.

"Ein 0:0 ist auch nicht schlecht"

Der Champions-League-Titel mag das erklärte Ziel sein, die Ansprüche der Münchner für das Hinspiel sind eher bescheiden. "Ich denke, dass wir jede Mannschaft überraschen können. Bayern ist noch nicht eine Spitzenmannschaft vom Niveau 1, aber während eines Spiels können wir dieses Niveau erreichen", sagte Louis van Gaal vorab, um dann von der kompakten Spielanlage des Niveau-1-Gegners ManU zu schwärmen: "Ich bin eifersüchtig auf ihre Ordnung. Wenn wir so eine Ordnung erreichen, sind wir einen großen Schritt weiter."

Bayern-Kapitän Mark van Bommel will lieber kein Tor schießen als eins zu kassieren.

Bayern-Kapitän Mark van Bommel will lieber kein Tor schießen als eins zu kassieren.

(Foto: REUTERS)

Nationalverteidiger Philipp Lahm formuliert das große Wenn so: "Jetzt muss die Mannschaft zeigen, wie weit sie ist." Torhüter Jörg Butt hofft auf eine "gute Defensive", und "dass man zu Hause zu Null spielt" und wird von Kapitän Mark van Bommel unterstützt: "Wir brauchen nicht zu gewinnen. Ein 0:0 ist auch nicht schlecht." Wayne Rooney, momentan bester Torschütze in Europas Topligen, dürfte etwas dagegen haben. Wenn er nicht trifft, steht auch noch Joker Berbatov bereit. Oder einer von elf Bayern-Spielern.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

FC Bayern München: Butt - Lahm, van Buyten, Demichelis, Badstuber - Müller, van Bommel, Pranjic, Ribéry - Olic, Klose

Manchester United: van der Sar - Neville, Ferdinand, Vidic, Evra - Valencia, Carrick, Fletcher, Nani - Park, Rooney

Schiedsrichter: De Bleeckere (Belgien)

Quelle: ntv.de

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