Bayerns Lebensversicherung gegen United Matchwinner Robben macht den Motzki
10.04.2014, 12:22 Uhr
In Positur: Arjen Robben.
(Foto: imago/Annegret Hilse)
Wie ein aufgekratzter Schuljunge spricht Arjen Robben nach dem Sieg seines FC Bayern gegen Manchester in die Mikrofone. Ein Tor, ein Assist, Halbfinale - alles super also? Nicht ganz: Der Angreifer watschte die Kollegen ab.
Von hinten gesehen, mit flüchtigem Blick, könnte man Arjen Robben und Matthias Sammer durchaus verwechseln. Nun gut, der eine trägt in Interviews nach dem Spiel meist ein Trikot mit seinem Namen darauf, der andere neigt zu grauen Strickjacken. Aber so wie Arjen Robben nach dem Einzug seiner Bayern ins Halbfinale der Königsklasse des europäischen Fußballs sprach, könnte er in ein paar Jahren einen prima Wiedergänger des notorisch moserigen Sportvorstandes abgeben: "Die ersten zehn Minuten nach der Halbzeit waren eine Katastrophe, das war Wahnsinn, das darf man sich in der Champions League nicht erlauben", sagte Robben.
Tore: 0:1 Evra (57.), 1:1 Mandzukic (59.), 2:1 Thomas Müller (68.), 3:1 Robben (76.)
FC Bayern München: Neuer - Lahm, Jerome Boateng, Dante, Alaba - Toni Kroos - Thomas Müller (84. Pizarro), Götze (65. Rafinha) - Robben, Ribery - Mandzukic
Manchester United: De Gea - Jones, Smalling, Vidic, Evra - Fletcher (75. Chicharito), Carrick - Valencia, Kagawa, Welbeck (81. Januzaj) - Rooney
Referee: Jonas Eriksson (Schweden)
Zuschauer: 67.300 (ausverkauft)
Schüsse: 25:6 Ecken: 11:3
In dieser Phase ließen die Bayern Manchester United ein u ms andere Mal gefährlich vor das Tor kommen, bis Patrice Evra mit einem Gewaltschuss in den Winkel den Titelverteidiger an den Rand des Viertelfinal-Aus' brachte. Genau genommen müsste man Robbens Kritik noch ausweiten. Bis zur 75. Minute leisteten sich die Münchner Aussetzer, die in der Königsklasse eigentlich bestraft werden. Wayne Rooney vergab freistehend das mögliche 2:1 für United kläglich, Kagawa vermasselte wenig später einen aussichtsreichen Konter mit einem schlampigen Abspiel. Zur Erinnerung: Ein Tor von United in dieser Phase, und der Abend hätte sich sehr unerfreulich entwickeln können für die Bayern.
Arjen Robben wusste das, und nahm die Dinge selbst in die Hand. Eine kluge Hereingabe und ein Sololauf des Holländers brachten Bayern schließlich das 3:1, Uniteds Widerstand war gebrochen. Wie so oft war der Außenstürmer in den entscheidenden Situationen zur Stelle. Die Uefa kürte Robben zum "Man of the Match" - das wiederum passte seinem Trainer Guardiola nicht, aber eher, weil er niemanden hervorheben wollte: "Für die Zuschauer, die Journalisten und auch für mich ist es am Schönsten, wenn einer Eins gegen Eins geht, aber auch Götze und Müller haben uns sehr geholfen."
Ein Späßchen mit Schweinsteiger
Um ein Sonderlob für den Niederländer kam Guardiola aber nicht herum: "Überragend. Wenn Arjen in der ersten Hälfte den Ball bekam, immer geht, geht, geht." Nicht ganz so überragend: Vor lauter Tempo und Dribbelkunst vergaß Robben in Halbzeit eins mal wieder zu oft, dass Fußball ein Mannschaftssport ist - und wenn er abschloss, dann im falschen Moment. Trotzdem strahlte keiner der hochgelobten Offensivspieler der Bayern in den ersten 45 Minuten so viel Gefahr aus wie der Holländer. Daran hatte Guardiola einen großen Anteil. Er bestellte Philipp Lahm zum Wasserträger des Außenstürmers, sodass sich Robben auf seine Stärken im Angriff konzentrieren konnte. Es war eine sehr englische Auslegung der Position des "Wingers" - wahrscheinlich hat Guardiola einfach analysiert, dass Manchester in dieser Saison gegen englische Teams die größten Probleme hat.
In den entscheidenden Minuten nach dem 1:1 ließ Manchester Franck Ribery und Arjen Robben zu viel Platz - was sich sofort rächte. In der 68. Minute segelte eine Hereingabe des Franzosen von links rüber auf die rechte Seite zu Robben. Der gab den Ball schnörkellos mit dem schwachen Fuß in die Mitte, wo Müller die Kugel über die Linie müllerte. Robben jubelte nicht mit den Kollegen, sondern wandte sich feixend zur Tribüne, wo der gesperrte Bastian Schweinsteiger saß. "Er macht sich immer lächerlich über mein rechtes Bein", klärte Robben nach dem Spiel auf. Beim Abschlusstraining habe er deswegen Flanken mit dem rechten Fuß geübt. Es hat sich ausgezahlt.
Beim 3:1 verließ sich der Niederländer lieber wieder auf sein linkes Bein und sein patentiertes Rezept: Von rechts außen nach innen ziehen, im richtigen Moment schießen. Das 3:1, die Entscheidung. "Jetzt haben wir nur noch einen Gegner bis zum Finale", sagte ein gelöster Robben nach dem Spiel. Allerdings warten nun schwere Brocken, ahnt der Angreifer. "Es war schwer gegen die Defensive von United. Aber wenn wir gegen Chelsea spielen, wird es vielleicht sogar noch schlimmer." Da kann sich Bayern Minuten des Wahnsinns wirklich nicht mehr erlauben.
Quelle: ntv.de