Fußball

Fünf Dinge, die wir bei der EM gelernt haben Neid droht, Angerer lobt den Kindergarten

Ich bin total froh und glücklich, dass wir es mit diesem jungen Team geschafft haben": Bundestrainerin Silvia Neid feiert mit Lena Lotzen.

Ich bin total froh und glücklich, dass wir es mit diesem jungen Team geschafft haben": Bundestrainerin Silvia Neid feiert mit Lena Lotzen.

(Foto: dpa)

Mit dem Gewinn der Europameisterschaft offenbaren die deutschen Fußballerinnen einen genialen Plan: Sie werden einfach von Spiel zu Spiel besser. Für Trainerin Silvia Neid ein Triumph. Den hat sie auch Torhüterin Nadine Angerer zu verdanken.

1. Sie können es doch auf den Punkt

Treffender hätte die Antwort auf die verpatzte Heim-WM vor zwei Jahren nicht ausfallen können. Seinerzeit scheiterte die DFB-Elf im Viertelfinale am späteren Weltmeister Japan und am enormen Erwartungsdruck der Öffentlichkeit. Bei dieser EM in Schweden waren die deutschen Frauen nach mäßiger Vorrunde und einem schwer erkämpften Sieg gegen Italien im Viertelfinale voll da, als es darauf ankam. Mit Leidenschaft, Kampfkraft, direktem Spiel, taktisch klugem Fußball - und drei 1:0-Siegen hintereinander. Früher hieß so etwas Turniermannschaft und ist angeblich typisch deutsch. Im Halbfinale schalteten sie mit Gastgeber Schweden eines der stärksten Teams aus. Und im Endspiel gegen Norwegen nahmen sie erfolgreich Revanche für die historische Niederlage in der Vorrunde. Es ist der sechste EM-Titel in Folge, der achte insgesamt. Bundestrainerin Silvia Neid verspricht: "Die Zukunft wird die Mannschaft noch besser machen." Das muss in den Ohren der geschlagenen Konkurrenz wie eine Drohung klingen.

2. Nadine Angerer ist die Beste

"Es ist phänomenal, dass wir es geschafft haben, einfach geil": Nadine Angerer.

"Es ist phänomenal, dass wir es geschafft haben, einfach geil": Nadine Angerer.

(Foto: dpa)

Im Fußball ist ja oft von Helden respektive Heldinnen die Rede. Sagen wir es so: Was die deutsche Torhüterin bei diesem Turnier und insbesondere im Finale gezeigt hat, war so schlecht nicht. Also Weltklasse. Zweimal wehrte sie einen Strafstoß der Norwegerinnen ab und darf einen erheblichen Anteil am Titelgewinn für sich reklamieren. Im gesamten Turnier kassierte sie nur einen Treffer. "Es ist phänomenal, dass wir es geschafft haben, einfach geil", sagt Nadine Angerer. Was sie nicht sagt: Sie ist mit ihren 34 Jahren im wahren Sinne des Wortes die Nummer eins, die Mutter der Kompanie. Redet sie über die jungen Kolleginnen, spricht sie gerne von "unserem Kindergarten" oder "unseren Kleinen". Auch nach 124 Länderspielen ist sie immer noch motiviert wie eine Debütantin. Nur nicht so nervös. Dafür hat sie sich die Freude am Spiel bewahrt, am Gewinnen natürlich auch. Nun wechselt sie vom 1. FFC Frankfurt für ein halbes Jahr nach Australien zum Erstligisten Brisbane Roar, anschließend geht's in die USA. Karriereende nicht in Sicht. Sie sei "überzeugt, dass mir die kommenden Auslandserfahrungen neue Motivation geben", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Sie habe sich "fürs Abenteuer und gegen das Geld entschieden".

3. Silvia Neid sitzt fest im Sattel

Sie hatte es nicht leicht. Nach dem WM-Aus war sie ohne sechs Stammspielerinnen unter extrem kritischer Beobachtung und mit vielen Nachwuchskräften ins Turnier gestartet. Der Gewinn der Europameisterschaft ist ein persönlicher Triumph der Bundestrainerin. Ein Sieg gegen alle Zweifler. Das deutet sie durchaus an: "Es ist ein tolles Gefühl. Vor allem, weil nicht allzu viele daran geglaubt haben, dass wir es schaffen können. Am Anfang sah es auch wirklich nicht so aus, dass wir es schaffen können. Aber dann haben wir uns reingebissen. Ich bin total froh und glücklich, dass wir es mit diesem jungen Team geschafft haben." Silvia Neid sitzt fester denn je im Sattel. Und das völlig zu Recht. Wer es schafft, ein so junges Team auf den Punkt zu Höchstleistungen zu treiben, kann nicht so viel falsch gemacht haben. Auch wenn ihr Team zu Beginn dieser EM spielerisch enttäuschte - sie fühlt sich besser denn je: "Das Turnier und die Spielerinnen - mit ihrer Leidenschaft und ihrem Charakter - haben mich zehn Jahre jünger gemacht."

4. Am Ende machen's die Routiniers

Die Torschützin darf vorne liegen: Anja Mittag im Kreise der Kolleginnen.

Die Torschützin darf vorne liegen: Anja Mittag im Kreise der Kolleginnen.

(Foto: dpa)

Die Mischung stimmt in der deutschen Mannschaft, das ist die wohl wich tigste sportliche Erkenntnis dieser Europameisterschaft. Spielmacherin Dzsenifer Marozsan zum Beispiel ist 21 Jahre alt, die beiden Außenverteidigerinnen Leonie Maier und Jennifer Cramer sind 20 Jahre alt. Auf der anderen Seite regiert mit der 28-jährigen Annike Krahn und der 30-jährigen Saskia Bartusiak in der Innenverteidigung die Routine. Den Siegtreffer im Finale gegen Norwegen erzielte die 28 Jahre alte Anja Mittag. Die Angreiferin vom FC Malmö kam nach der Pause für Lena Lotzen. Sie ist 19 Jahre jung. Die beiden Elfmeter hielt wie erwähnt die 34 Jahre alte Nadine Angerer. Wenn's eng wird, schadet auch im Fußball ein wenig Erfahrung nicht. Und noch einmal: Mit Kim Kulig, Viola Odebrecht, Verena Faißt, Babett Peter, Linda Bresonik und Alexandra Popp fehlten sechs Kandidatinnen für die erste Elf.

5. Die Menschen wollen sie spielen sehen

Knapp neun Millionen Zuschauer saßen beim Finale vor den Fernsehern, zwei Millionen mehr als am Samstagabend beim Supercup der Männer zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München. Insgesamt kamen bei dieser EM 200.000 Fans in die Stadien, mehr als je zuvor bei einem kontinentalen Turnier. Das sind Zahlen, die für sich, vor allem aber für den Frauenfußball sprechen. Und es tut dieser Sportart gut, dass sie zwar populär ist, der übertriebene Hype bei der Heim-WM aber auf ein verträgliches Maß zurechtgestutzt wurde. Damals sahen bis zu 17 Millionen Menschen die deutschen Frauen spielen. Das Problem dieser Sportart in Deutschland aber bleibt: Das Nationalteam ist ein Quotenhit, die Bundesliga aber stagniert. Tendenz fallend. Der Zuschauerschnitt ist in der vergangenen Saison wieder auf unter 1000 pro Partie gesunken. Siegfried Dietrich, Manager des siebenmaligen deutschen Meister 1. FFC Frankfurt, gibt sich dennoch optimistisch: "Unter den Frauensportarten hat der Fußball weltweit die beste Perspektive, man muss nur anpacken."

Quelle: ntv.de

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