"Fast Fußball in Vollendung" Olic schießt Bayern ins Finale
27.04.2010, 22:43 Uhr
Die Bayern-Fans träumen vom fünften großen Cup.
(Foto: REUTERS)
Der FC Bayern steht zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte im Endspiel der Champions League. Nach dem Hinspielsieg lassen die dominanten Bayern den überforderten Franzosen von Olympique Lyon auch im Stade Gerland keine Chance. Mann des Spiels ist Ivica Olic mit drei Treffern.
Angeführt von Dreifach-Torschütze Ivica Olic ist der deutsche Fußball-Rekordmeister FC Bayern München neun Jahre nach dem Titelgewinn von Mailand in sein drittes Champions-League-Finale gestürmt. Beim überaus souveränen 3:0 (1:0)-Erfolg im Halbfinal-Rückspiel gegen Olympique Lyon erzielte der aus einem imponierenden Münchner Team herausragende Olic (26./67./78. Minute) mit seinen Turnier-Treffern Nummer fünf, sechs und sieben alle Tore. Die hilflosen Franzosen beendeten die Partie in Unterzahl, denn der frühere Leverkusener Cris (59.) sah die Gelb-Rote Karte. Gegner am 22. Mai im Endspiel von Madrid ist entweder Titelverteidiger FC Barcelona oder Inter Mailand, die sich am Mittwoch im zweiten Halbfinale gegenüberstehen.
"Das ist fast Fußball in Vollendung gewesen. Sowas habe ich vom FC Bayern in einem wichtigen Spiel schon lange nicht mehr gesehen. So wie wir heute gespielt haben, das ist schon unglaublich", sagte ein überglücklicher Vereinschef Uli Hoeneß und ergänzte dann: "Wir arbeiten hart. Wir haben unseren Weg gefunden, der führt steil nach oben." Trainer Louis van Gaal zeigte sich cool: "Bayern kann jede Mannschaft schlagen, deswegen sind wir hierher gekommen. Es ist großartig, dass wir im Finale stehen."
Im ausverkauften Stade Gerland wahrten die Bayern vor 39.414 Zuschauern mit einer abgezockten und entschlossenen Leistung ihren Traum von drei Titeln, die Personalsorgen und den Ausfall von Franck Ribery steckten die Münchner problemlos weg. Die 2800 mitgereisten Bayern-Fans feierten ihr Team mit "Finale, oho, Finale"-Rufen. Beim vorletzten Akt einer kuriosen Champions-League-Saison war keine Solisten-Gala von Arjen Robben notwendig. Die ganze Mannschaft überzeugte und Dauerläufer Olic sorgte lediglich für die "Sahnehäubchen".
System van Gaal greift
Im Spiel der Münchner war die ordnende Handschrift von Trainer Louis van Gaal gegen die erneut enttäuschenden Franzosen klar zu erkennen. Im zehnten Europapokal-Finale der Club-Geschichte dürfte es für die Bayern im Estadio Santiago Bernabeu aber deutlich schwerer werden. Während bei den Münchnern nur Torwart Hans-Jörg Butt und Kapitän Mark van Bommel schon Champions-League-Final-Erfahrung haben, kann der erfahrene niederländische Coach als dritter Trainer überhaupt nach Ernst Happel und Ottmar Hitzfeld mit einem zweiten Verein den begehrten Pokal gewinnen. Diese Chance hat allerdings auch Jose Mourinho, sollte er sich mit Inter gegen Barcelona durchsetzen.
Mit Spannung erwarten die Münchner das für diesen Mittwoch angekündigte UEFA-Urteil gegen den nach seinem Hinspiel-Platzverweis in Lyon gesperrten Ribéry. Bleibt es bei einer Sperre für ein Spiel, wäre der Franzose in Madrid wieder dabei. Beim Weg ins Finale half Hamit Altintop auf der Ribéry-Position aus. Van Gaals Taktik-Kniff funktionierte, der Türke fügte sich auf der für ihn ungewohnten Position in das kontrollierte und reife Spiel der Münchner als linkes Pendant zu Robben hervorragend ein. Lyon wurde überhaupt keine Möglichkeit zur Entfaltung gegeben. Die durch eine von den Bayern nicht goutierte Spielverlegung in Frankreichs Liga ermöglichte Wochenendruhe half Olympique herzlich wenig.
Job-Sharing in der Abwehr
"Das Wichtigste ist, dass wir die Ordnung behalten und den Ball laufen lassen", lautete die Ansage von van Gaal. Zur erwünschten Stabilität in der Defensive setzte der Trainer nach den Abwehrsorgen der Vorbereitungstage auf Job-Sharing. Daniel van Buyten und Martin Demichelis spielten jeweils eine Halbzeit. Zwei zuletzt angeschlagene Innenverteidiger wollte van Gaal nicht gleichzeitig aufbieten. Deshalb spielte Youngster Holger Badstuber in der Zentrale und machte seine Sache über 90 Minuten sehr ordentlich.

Nach 26 Minuten brachte Olic die Bayern mit dem ersten seiner drei Treffer endgültig auf Finalkurs.
(Foto: REUTERS)
Ein anderer 21-Jährige hätte früh für großen Bayern-Jubel sorgen können. Thomas Müller schoss aber nach typischem Schlitzohr-Einsatz á la Olic nach exakt 120 Sekunden frei stehend aus elf Metern am Tor vorbei. Doch statt sich über die verpasste Chance zu ärgern, rafften sich die Münchner erst so richtig auf. Und Müller machte seine Sache als Vorbereiter nach Robben-Pass besser. Mit energischem Einsatz spielte er Olic frei, der nach einer geschickten Körperdrehung in Gerd-Müller-Manier zur umjubelten Führung abschloss.
Das ersehnte Auswärtstor war da, Grund zur Sorglosigkeit gab es aber nicht. Die bisher daher schüchtern wirkenden Franzosen kamen plötzlich zu einer Riesenchance. Michel Bastos (31.) zielte aber aus sechs Metern am Tor vorbei. Es war der einzige Münchner Moment der Unkonzentriertheit.
Zweite Halbzeit, gleiches Bild
Nach dem Seitenwechsel wollte Lyon mit mehr Offensive das Blatt wenden. Doch Cris brachte sein Team mit einer Unbeherrschtheit endgültig aus dem Tritt. Seine Verwarnung kommentierte er mit hämischem Applaus. Schiedsrichter Massimo Busacca zückte Gelb-Rot. Kurz darauf zwang Sidney Govou (61.) Bayern-Torwart Butt zur ersten Parade des Abends.
Dann machten die Bayern alles klar. Olic markierte nach Vorarbeit von Altintop das 100. Auswärtstor der Bayern in der Champions League. Mit seinem dritten Treffer nach Flanke von Philipp Lahm sorgte er mit dem ersten Champions-League-Dreierpack für ein Bayern-Novum. Der Weg ins Endspiel war frei und van Gaal konnte in der Schlussphase sogar Robben und Schweinsteiger für den Bundesliga-Titelendspurt schonen.
Olympique Lyon - FC Bayern 0:3 (0:1)
Lyon: Lloris - Reveillere, Cris, Boumsong, Cissokho (46. Gomis) - Gonalons, Makoun - Gouvou, Delgado (67. Pjanic), Bastos - Lisandro (79. Ederson)
München: Butt - Lahm, van Buyten (46. Demichelis), Badstuber, Contento - Schweinsteiger (78. Alaba), van Bommel - Robben (76. Klose), Altintop - Müller, Olic
Tore: 0:1 Olic (26.), 0:2 Olic (67.), 0:3 Olic (78.)
Schiedsrichter: Massimo Busacca (Schweiz)
Zuschauer: 39.414 (ausverkauft)
Quelle: ntv.de, dpa/sid